Weg mit der Wut: Beim „Pädagogischen Boxen“ im Mainzer Lionhof finden die Jugendlichen einen Ausgleich
Von Lisa Maucher
Marc, 14 Jahre alt, hatte es nicht immer leicht im Leben. Beim „Raufen nach Regeln“ findet er Ausgleich und Anschluss. Foto: hbz/Stefan Sämmer
( Foto: hbz/Stefan Sämmer)
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MAINZ - Einfach mal alles rauslassen, diese Wut im Bauch, die Verzweiflung, diese ganze Ohnmacht, die das Leben mit sich bringen kann. In jeder Biografie gibt es diese Gefühle, die Ursachen sind oft ähnlich, aber nie gleich. Das, was die Jugendlichen erlebt haben, wiegt schwer. Es sind zerrüttete Familienverhältnisse, daraus resultierende Drogenprobleme, Aggressionen, alles, was dem Menschen nicht guttut. Und dann gibt es Orte wie den Lionhof, seit 2011 eine Insel des Vertrauens und der Vertraulichkeiten. Hier können Jugendliche Ausgleich auf dem Layenhof-Gelände finden, zu starken Löwen werden. Daher der deutsch-englische Name „Lionhof“.
Gewalt ist ein Ausdruck von Ohnmacht. Kampfsport sieht von außen wie Gewalt aus, aber er ist kontrolliert, koordiniert, eine Art Selbstausdruck, Sport eben. Der Lionhof bietet „Pädagogisches Boxen“ für Jugendliche an. Hier sollen sie sich austoben. Nicht auf der Straße. Dafür brauchen sie Material, Handschuhe zum Beispiel, gerne auch einen Boxsack. Sie, lieber Leser, liebe Leserin, können helfen.
Liegestütze! Trainer Marcel Preuß ruft zum Warmmachen auf. Auf dem Boden stemmen ein Dutzend Jugendliche ihr Körpergewicht, darunter Marc. Seit drei Jahren kommt er zum Lionhof, wird zusätzlich von einem Sozialpädagogen betreut. Marc ist erst 14 Jahre und hat sich schon die Frage gestellt: Wozu das alles, warum soll ich leben? Sein Vater Alkoholiker, die Mutter alleinerziehend, die Großeltern desinteressiert. Marc hatte Depressionen. „Alles war düster“, sagt er. Emotional sei er zusammengebrochen, Schizophrenie wurde diagnostiziert. Das Jugendamt wurde aufmerksam. Der Lionhof wurde aufmerksam. Dann kam er her. Sein Sozialpädagoge Andreas Müller hat ihn in die Gesellschaft eingegliedert, war und ist ihm eine Stütze. Müller hat den Lionhof mit Oliver Haara gegründet.
Marc, 14 Jahre alt, hatte es nicht immer leicht im Leben. Beim „Raufen nach Regeln“ findet er Ausgleich und Anschluss. Foto: hbz/Stefan Sämmer Foto: hbz/Stefan Sämmer
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Seitdem Marc Anschluss gefunden hat, Sport machen kann, hier, in Finthen, auf dem Layenhof, geht es ihm besser. In der Grundschule hat er sich ab und zu geschlagen. Manchmal hat Marc eine Wut im Bauch, aber die will er nicht auf der Straße rauslassen. Beim „Pädagogischen Boxen“ ist das aber erlaubt. Der zweite Trainer Baris Kayar, der selbst mehrfacher Titelgewinner im Taekwondo und Kickboxen ist, sagt: „Es geht um Disziplin und Respekt.“ Marcel Preuß fügt hinzu: „Aggressionen gibt es bei allen Menschen.“ Kampfsport eigne sich, um zu lernen, damit umzugehen; überlegt zu handeln, nicht überzureagieren.
Jeden Mittwoch können die Jugendlichen zum „Pädagogischen Boxen“ vorbeikommen. Kostenlos. Und es kommen nicht nur Mainzer und Mainzerinnen, manche nehmen den Weg von Worms oder Alzey auf sich. „Im Lionhof treffen sich fremde Jugendliche, die feststellen, dass sie sich doch nicht so fremd sind“, sagt Gründer Andreas Müller.
SPENDEN
Die Allgemeine Zeitung Mainz sammelt in diesem Jahr im Rahmen ihrer „Leser helfen“-Aktion Spenden für fünf Mainzer Vereine, die benachteiligte Kindern und Jugendliche unterstützen.
Ihre Spende erbitten wir an:
Empfänger: Leser helfen
IBAN: DE07 5504 0022 0 210 4057 00
BIC: COBADEFFXXX
Kreditinstitut: Commerzbank Mainz
Verwendungszweck: Projekt 02 (bitte unbedingt angeben)
Spendenquittungen erfolgen bei einem Betrag über 200 Euro automatisch, wenn die Adresse angegeben ist.
Der Lionhof finanziert sich größtenteils durch Spenden. Geld, das direkt in Hilfe umgewandelt wird. Für Jugendliche wie Marc, die nichts dafür können, dass sie es im Leben nicht leicht hatten.