Vorschläge zur neuen Campus-Mitte: Wald statt Beton
Eine Professorin stellt der geplanten Campus-Mitte in Mainz ein vernichtendes Zeugnis aus. Studierende suchen nun nach Alternativen.
Von Annika Sinner
Redakteurin Rheinhessen Süd
Unter dem Leitgedanken "Freiraum Campus" sollen ökologische Alternativen zu Bauvorhaben entwickelt werden. Studierende beschäftigen sich mit der Frage, wie Grünflächen und Plätze auf dem Uni-Campus verbessert werden können. Foto: hbz/Stefan Sämmer
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
MAINZ - "Wenig Aufenthalts- und Nutzungsqualität" - dieses vernichtende Zeugnis stellt Prof. Dr. Constanze Petrow, Leiterin des Instituts für Freiraumentwicklung an der Hochschule Geisenheim, den Bauplänen für die neue Campus-Mitte der Johannes Gutenberg-Universität aus. Gemeinsam mit ihren Studenten entwickelte sie Modelle von drei verschiedenen Bebauungsplänen deren Wirkung auf Temperatur und Vegetation auf dem Campus anschließend durch Klimasimulationen der AG Geoinformatik des Geographischen Instituts der Mainzer Uni untersucht wurde.
Das Fazit: Gerade der geplante Betonplatz zwischen Philosophicum und Muschel würde den Campus extrem aufheizen und hätte negative Auswirkungen auf das Klima. Ein Grund dafür könne das Alter des Bauplans sein: Der sogenannte "Masterplan" zur neuen Mitte sei mittlerweile rund zehn Jahre alt. "Der Klimawandel und seine Folgen waren damals einfach noch nicht so präsent wie heute", so Petrow.
Umfragen, Modelle und Computer-Simulationen
Um Alternativen aufzuzeigen, riefen Hochschule Geisenheim und das Geographische Institut an der Uni Mainz das Projekt "Freiraum Campus" ins Leben. Dieses wurde jetzt im Beisein von Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) auf dem Uni-Campus vorgestellt. Während die Geografie-Studenten unter anderem für die Umfragen unter Studenten und Mitarbeitern zuständig waren, bauten die Landschaftsarchitektur-Studenten aus Geisenheim anschließend die Entwürfe als Modell, deren Auswirkungen dann anhand von Computersimulation analysiert wurden.
Konkret verglichen wurden hierbei drei Vorschläge: der vom Auftraggeber Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) vorgelegte "Masterplan", der sogenannte "Rasterplan", eine Mischung aus Wald- und Grünfläche mit Bebauung, sowie der "Forest for Future" - ein dichter Wald mit Solarzellen, Außenarbeitsplätzen im Schatten und Wegen aus temperaturdämpfendem Holz. Der "Forest for Future"-Entwurf entstand aus den Umfragen unter Studenten und Mitarbeitern, nach denen der Botanische Garten mit Abstand zum Lieblingsort auf dem Campus gewählt wurde.
Neben den hohen Kosten sei dieser Entwurf allerdings auch am pflegeintensivsten, sagt Francesca Sohni, Mitarbeiterin am Institut für Geoinformatik der Uni Mainz. "Durch die Bäume geht zudem auch viel Nutzfläche verloren - und eigentlich soll es ja ein Universitätscampus und keine Naherholungsfläche sein." Im „Rasterplan“ sehe sie daher einen guten Kompromiss. In der Tat gibt es bereits mit einigen anderen Grünflächen auf dem Campus Probleme: Während Studenten das Wäldchen vor der Zentralbibliothek prinzipiell gefiel, kritisierten sie den verwahrlosten Zustand, das viele Gestrüpp und die kaputten Bänke. "Heute gibt es ja eigentlich kein größeres Bauprojekt ohne Bürgerbeteiligung", sagt Dr. Eva Riempp vom Geographischen Institut. "Leider werden die meisten Bürger erst beteiligt, wenn bereits konkrete Vorwürfe vorliegen - und dann gibt es meistens Protest." Durch eine vorherige Befragung derer, die die Campus-Mitte später auch tatsächlich nutzen werden, hofft sie, dieser Dynamik vorbeugen zu können.
Dem Landesbetrieb für Liegenschaft und Baubetreuung (LBB) liegen derzeit noch nicht die Ergebnisse des Projektes vor. Auf Anfrage dieser Zeitung teilt Sprecherin Claudia Renner aber mit: "Der LBB ist gerne bereit, sich mit den Ergebnissen aus dem Projekt der Studierenden zu beschäftigen und darüber zu diskutieren."