Sturzgefahr: Gaustraße in Mainz ist für Radler teilweise gesperrt - viele ignorieren Verbot
Diese Straße hat alle für Radfahrer gefährlichen Eigenschaften: Sie ist steil, eng, an einer Stelle kurvig und mit Gleisen versehen. Deshalb ist die Gaustraße ab Stefansberg abwärts für Radfahrer gesperrt. Viele Radfahrer halten sich nicht an das Verbot - und stürzen.
Von Michael Bermeitinger
Lokalredakteur Mainz
"Wegen Sturzgefahr" ist die Gaustraße an der Einmündung Stefansberg für Radfahrer gesperrt, wie dieses Schild anzeigt. Viele Radfahrer halten sich nicht daran. Foto: Sascha Kopp
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MAINZ - Die Straße ist abschüssig, sie ist eng, hat eine unübersichtliche Linkskurve, in der Fahrbahn liegen zwei Gleispaare – und sie ist abwärts für den Individualverkehr gesperrt: Zeichen 254, Durchfahrt verboten. Gleich an der Einmündung Stefansberg sperrt dieses Schild die Gaustraße Richtung Schillerplatz mit dem Zusatzhinweis „wegen Sturzgefahr“ und in Höhe der Breidenbacher Straße noch einmal. Aber viele Radfahrer interessiert das nicht. Sie ignorieren das Verbot, fahren statt über den Stefansberg die Gaustraße nach unten – und immer wieder geraten sie in die Schienen und stürzen.
Siegfried Kirsch wird immer wieder Zeuge solcher Stürze. „Dreimal stand ich direkt daneben“, sagt der Anwohner, und sonst höre er die Rettungswagen: „Dann gehe ich ans Fenster, und dann liegt wieder ein Radfahrer dort.“ Heiko Arnd, Leiter der Polizeiinspektion I in der Weißliliengasse, bestätigt, dass in der Gaustraße immer wieder Radler auf dem für sie verbotenen Abschnitt stürzen: „2015 wurden wir zu fünf Fällen gerufen, in diesem Jahr schon dreimal.“ Aber das sind eben nur die Stürze, bei denen die Polizei geholt wird. Nach Studien liegt die Dunkelziffer sehr viel höher: Dort wird davon ausgegangen, dass auf einen aktenkundigen Radunfall acht bis zehn kommen, bei denen die Radler wieder aufstehen und davonfahren.
"Viele sind sehr, sehr schnell unterwegs"
Das beobachtet auch Siegfried Kirsch: „Die stürzen, haben sich vielleicht weh getan, aber fahren weiter.“ Doch Stürze auf dieser steilen Strecke können, je nach Geschwindigkeit und je nachdem, ob der Fahrer einen Helm trägt oder nicht, schwerste Folgen haben: „Und viele sind sehr, sehr schnell unterwegs“, beobachtet der Anwohner immer wieder, „und viele auch ohne Helm.“
Zeichen 254
Zeichen 254: rundes Schild mit roter Umrandung und einem Fahrrad-Symbol auf weißem Feld in der Mitte;
Verwarnung: Ein reiner Verstoß gegen die Durchfahrt der Gaustraße trotz Zeichen 254 kostet 15 Euro. Kommt es zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, werden 25 Euro fällig, bei einem Unfall dann 30 Euro.
Dass bis jetzt noch niemand lebensgefährlich verletzt wurde oder gar ums Leben gekommen ist, ist mit Sicherheit auch ein bisschen Glück. Als Radfahrer müsste man schon sehr genau in der Spur bleiben, um jegliche Gefahr zu vermeiden. Der Abstand zwischen Bordstein und Schiene beträgt nur knapp einen Meter, von dem die Hälfte Kopfstein ist, und das Gleis ist ebenfalls nur einen Meter breit. Man muss also unglaublich präzise fahren, um nicht in die Schienen zu geraten, die zudem bei Regen auch noch äußerst glatt sein können.
Die Polizei kontrolliert immer wieder den Radverkehr in dieser Gegend. So wurden vom 3. Januar bis zum 30. Juni dieses Jahres von der Polizeiinspektion 1 mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei im Bereich der Gaustraße und des Schillerplatzes 18 Schwerpunktkontrollen durchgeführt, bei denen 491 Radfahrer in Augenschein genommen wurden.
61 Radler haben gegen das Durchfahrtsverbot verstoßen
186 Radfahrer wurden kostenpflichtig verwarnt, gegen 19 wurde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, und insgesamt hatten 61 Radler gegen das Durchfahrtsverbot in der unteren Gaustraße verstoßen. Die Reaktionen? „Sehr gemischt“, so Polizeioberrat Arnd, „von einfachen Ausreden bis zu totalem Unverständnis.“ Obwohl die Verbotsschilder an zwei Stellen aufgestellt wurden, behaupten viele Radler, sie übersehen zu haben.
Aber dann gibt es auch viele, die die Kontrollen generell und besonders an dieser Stelle für unsinnig halten. „Die Beamten erklären dann, warum sie genau dort stehen, und dass wir auch an anderen Brennpunkten kontrollieren und eben nicht nur Radfahrer“, sagt Heiko Arnd. Der von der Stadt im Radwegeplan vorgeschlagene Weg über Stefansberg, Maria-Ward-Straße und Ballplatz ist übrigens kaum länger als der verbotene Weg über die Gaustraße. Und viel sicherer.