St. Stephan in Mainz: Brahms trifft auf mystisches Japan
Konzert in der Stephanskirche mit faszinierender Klang-Mixtur: Landesjugendchor und -orchester stellen „Ein Deutsches Requiem“ neben moderne sphärische Musik aus Fernost.
Von Fred Balz
Sommerkonzert mit Landesjugendorchester und -chor in St. Stephan mit „Ein Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms und modernen japanischen Kompositionen.
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
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MAINZ - Allein die Anzahl der Beteiligten macht „Ein Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms zum monumentalen und zutiefst ergreifenden Musikereignis. Landesjugendorchester und Landesjugendchor Rheinland Pfalz bündeln ihre Kräfte und setzen das siebenteilige Requiem mit über hundert Beteiligten unterm Dirigat von Hermann Bäumer in der voll besetzten Stephanskirche als gewaltiges Klangereignis um.
Der fast 70-köpfige Chor wird von Benjamin Hartmann geleitet, der auch für die Einstudierung verantwortlich ist. Dem Brahms-Requiem sind zwei Stücke des früh verstorbenen japanischen Komponisten Toru Takemitsu aus den 80-er/90-er-Jahren vorangestellt, die eine mystische Aura versprühen. Für das Stück „Night Signal“ aus dem Zyklus „Signals from heaven 2“ haben doppelchörig rechts und links der Bühne jeweils fünf Bläser Platz genommen, die wechselseitig im wogenden Auf und Ab Klangbilder von fragiler Schönheit bis tiefer Trauer im dissonanten Schwebezustand erzeugen. Nahezu losgelöst von rhythmischen und melodischen Elementen ergießt sich im dynamischen Transformationsprozess der Klang als großer tonaler Fluss.
Fast schwerelos und nicht von dieser Welt erscheint Takemitsus „Requiem für Streicher“. Keine Note oder Ton zu viel prägen dieses ätherisch weite Klangkreise ziehende moderne Requiem. So verschafft es unaufgeregt der Trauer Raum ohne mit eingängiger Melodik und lauter Rhythmik zu stören.
Alle warten gespannt auf das Brahms-Requiem, das aufgrund der Opulenz allzu selten aufgeführt wird. Während das siebenssätzige Werk ganz auf Strahlkraft und Wohlklang von Chor und Orchester setzt, entsteht Modernität vor allem aus dem unkonventionellen Umgang mit Lithurgie und biblischem Text. Statt des Lateinischen benutzt Brahms die deutsche Textübersetzung der von ihm persönlich ausgewählten Bibelstellen, was sonst in keiner anderen Messe oder Requiem vorkommt. Handeln die ersten Sätze von Vergänglichkeit und Tod, so richtet Brahms ab dem 4. Satz sein Augenmerk auf den Trost der Hinterbliebenen und die Auferstehung.
Die tragende Rolle des Chores wird schon aus der starken Präsenz, dem tönenden Wohlklang und der Intensität deutlich. Bariton Johannes Kammler und Sopranistin Sheva Tohoval fügen sich als erzählerisches Element klangvoll bis deklamatorisch ein. Das Orchester begleitet im Wechsel wie auch den Chor sanft tragend, ohne jemals in Hektik zu verfallen. Prachtvoll und elegisch entfaltet sich diese Trauermusik in weiten Bögen.
Die himmlischen Chöre und die Strahlkraft des Orchesters sind es, die das Requiem zum Ereignis werden lassen.