Soziale Notlagen führen zum Verlust von Selbstachtung und Perspektiven. Beim Mainzer „Hunde(T)raum“ lernen Menschen wieder Verantwortung – das war der Diakonie einen Preis wert.
Von Julia Hein
Sind ein gutes Team: Jaqueline Kesseler und Vierbeiner Ansgarr beim Gassigehen.
(Foto: Mission Leben)
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MAINZ - „Die Stärke eines Volkes bemisst sich an dem Wohl der Schwachen“ – ein Spruch, den der ehemalige Bundesverfassungsrichter Helmut Simon häufig zitiert hat. Um ein Signal für christliche und demokratische Werte in die Gesellschaft zu senden, überreichte die Diakonie Rheinland-Pfalz zum siebten Mal den unter der Schirmherrschaft der Ministerpräsidentin Malu Dreyer stehenden „Helmut-Simon-Preis gegen Armut und für Inklusion, soziale Gerechtigkeit und Integration“. Die vier im Festsaal der Staatskanzlei Mainz ausgezeichneten Projekte haben gemeinsam, dass sie bedürftigen Menschen die Möglichkeit geben, sich zu verändern. Einen Sonderpreis erhielt dabei der Mainzer Hundesausgehservice „Hunde(T)raum“ der „Mission Leben“, welcher Menschen in sozialen Notlagen zurück ins Leben holt.
Seit Oktober 2016 hilft „Hunde(T)raum“ unter Leitung von Tanja Scherer ehemals Wohnungslosen oder Langzeitarbeitslosen, wieder Verantwortung zu übernehmen. Scherer erklärt, wie der Gassi-Service die Situation der Betroffenen verbessere: „Viele fangen ganz unten an, haben ihr Selbstbewusstsein verloren. Den Hunden ist es egal, ob man Prada- oder Deichmann-Schuhe trägt. Auf der Hundewiese sind alle gleich.“
Zwischen einer und vier Stunden pro Tag kann ein Hund gegen Bezahlung ausgeführt werden. Damit sich die Hundebesitzer einer guten Betreuung sicher sein können, erhalten die Hundesitter im Voraus eine kurze Ausbildung. „Ein Hundeführerschein und ein Erste-Hilfe-Kurs für Hunde sind bei uns verpflichtend“, erklärt Scherer. Der Andrang sei groß. „Ich hoffe, irgendwann eine Hundetagesstätte in Mainz zu finden, um dauerhaft mehr Menschen in sozialen Notlagen die Chance zum Mitmachen erteilen zu können.“
In seiner Laudatio begründete Jens Tabbert von der privaten Krankenversicherung „Pax Bruderhilfe“ die Vergabe des Helmut-Simon-Preises. Zum einen sei das Hundeausführen eine schöne und wertvolle Aufgabe, welche den Projektteilnehmern Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Verantwortungsübernahme und Durchsetzungsstärke abverlange. Zum anderen gebe es in Mainz einen echten Bedarf für die Aufgabe. „Berufstätige Hundebesitzer wissen, wie schwierig es ist, eine zuverlässige Betreuung für den Hund zu finden“, sagt Tabbert. Vor allem sei für ihn der Hund als „bester Freund des Menschen“ ausschlaggebend, denn Hunde verbinden Menschen.
Die Idee entstand, als Tanja Scherer betreute Wohnungslose beauftragte, sich während eines Termins um ihren Hund zu kümmern. „Beide Seiten waren im Nachhinein glücklich. Da dachte ich, dieses Potential muss ich nutzen.“ 1000 Euro betrug das Preisgeld für das Projekt. Eines der „leuchtenden Vorbilder“, wie Kirchenpräsident Christian Schad aus der Jury die Preisträger nennt, „die alle den Geist der Solidarität atmen.“