Zwei Mitglieder der Foto-Gruppe „Die Spiegellosen“ verblüffen in der Galerie im Weihergarten mit ganz neuen Stadtansichten. Rost wird als Farbe sichtbar, Motive rollen sich auf.
Von Marianne Hoffmann
Michael Kanitz (Mitte) und Peter Sikora erläutern ihre Foto-Kunst.
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
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MAINZ - Sie sind Mitglieder der Gruppe „Die Spiegellosen“: vier Fotografen, die sich der Fotografie mit spiegellosen Kameras verschrieben haben. Die Wahlmainzer Peter Sikora und Michael Kanitz sind zwei davon. Unter dem Titel: „Rostige Ansichten“ & „Minimalistisch Experimentell“ zeigen die Fotografen noch bis 24. August in der Mainzer Kunst Galerie im Weihergarten Stadtansichten, die man so noch nicht gesehen hat.
Peter Sikora hat mit seinen Rostansichten eine Reihe geschaffen, die das genaue Hinsehen erzwingt. Seine bevorzugten Motive haben mit Architektur zu tun, mit Linien, Flächen und geometrischen Formen. Dabei reizt ihn oft nur ein Detail, dass er in den Fokus stellt und den Betrachter herausfordert, wo man dieses „Ding“ in der Heimatstadt schon mal gesehen hat. In dem Fall: der Cortenstahl. Cortenstahl ist wetterfester Stahl, der gerne im Bau eingesetzt wird. Durch seine Legierungszusätze wie Kupfer, Phosphor, Silizium, Nickel und Chrom rostet dieser Stahl zwar, aber das gekonnt, quasi kontrolliert. Die Farbflächen, die Rost ausbilden, variieren von Hellgelb über Gold bis Blau oder Dunkellila. „Die Blüten, Flammen, Kometen und Blasen, die der Rost treibt“, so Kunsthistorikerin Petra Steck, „macht Peter Sikora mit seinen Fotos sichtbar und somit einmalig.“
Völlig gegensätzlich arbeitet Michael Kanitz – mit dem scheinbaren Nichts, mit reduzierten Motiven, minimalistisch, pur, eingefroren in einem unendlichen Moment. „Ich sehe den Zufall und dann schlage ich zu“, sagt Michael Kanitz. Das scheint auch bei seinen höchst individuellen Mainzansichten der Fall zu sein. Er nennt sie liebevoll meine „verrückten Bilder“. Dabei spielt er mit der Kamera, indem er ihre Möglichkeiten auslotet und auf die Spitze treibt. Blende, Verschluss und Zeit, Mehrfachbelichtungen und das Versetzen der Kamera erzeugen Mainz-Ansichten, die sich vor dem Auge des Betrachters quasi aufrollen. Das scheinbare Chaos. Normalerweise benutzen die beiden Fotografen die für jeden Smartphone-User schon selbstverständlichen Bildbearbeitungsprogramme nie. Doch es muss auch Ausnahmen geben, wenn das Motiv es verlangt. Und bei der in der Mombacher Straße aufgenommen „Fassade im Nachthimmel“ wollte der Fotograf den Effekt, dass die Fensterfront des Hauses, die vorgesetzt ist, in den Himmel aufsteigt.