Rettungsarbeiten am Mainzer Drususstein können beginnen
2014 und 2018 bestätigten Untersuchungen des Denkmals aus römischer Zeit den Handlungsbedarf. Witterung, Umwelteinflüsse und fehlerhaftes Restaurieren fordern ihren Tribut.
Von Bernd Funke
Eingerüstet: Experten skizzieren die nächsten Etappen der Drususstein-Rettung.
(Foto: hbz/Jörg Henkel)
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MAINZ - Seit vielen Jahren bereits wird über die Sanierung des Drusussteins diskutiert. 2014 und 2018 machten Untersuchungen des Denkmals aus römischer Zeit den Weg frei für die am 18. Mai beginnenden Rettungsarbeiten. Witterung, Umwelteinflüsse, Wurzeln und eine aus heutiger Sicht unfachmännische Restaurierung in den 1980er Jahren haben Schäden am über 2000 Jahre alten Drususstein hinterlassen. Über die vergangenen Monate zeigte er sich, eingehüllt in ein grünes Sicherungsnetz, fast wie ein Christo-Kunstwerk. Teilweise wurde der Drususstein freigelegt.
Jetzt, nachdem auch die Stabilität gesichert ist, signalisiert ein rundum gestelltes Gerüst, dass der zweite Bauabschnitt starten kann. Wegen der besonderen Schwierigkeit der Aufstellung, so erklärt Bau- und Kulturdezernentin Marianne Grosse, mussten Stabilisierungstürme ins Gerüst eingebaut werden, das zudem mit einem Aufzug versehen ist. Allein die Anmietung des Gerüstes koste, so Gilbert Korte, Chef der Gebäudewirtschaft Mainz (GWM), 60 000 Euro bis zum Oktober. Denn dann, so Korte, wolle man die Arbeiten abgeschlossen haben, für die 85 000 Euro eingeplant sind. Ob aber der Wünsch der Mainzer Chefarchäologin Dr. Marion Witteyer umgesetzt wird, rund 4,50 Meter tiefer zu graben, um das Fundament des Drusussteins erfassen zu können, ist ungewiss. Diese Forschungsgrabung würde den knapp 1,4-Millionen-Euro-Ansatz für die Sanierung der Reste des Ehrenmals sprengen, das bekanntlich den im Jahre 9 verstorbenen römischen Feldherrn und Mainzer Stadtgründer Drusus würdigt.
Erhalten wird aber, so Grosse, auf jeden Fall ein „Schaufenster ins Mittelalter“ in Form eines etwa 1,60 Meter tiefen Ausbruchs im Gemäuer. Resultat des gescheiterten Versuchs des Albrecht II. Alcibiades von Brandenburg im 16. Jahrhundert, den damals „Eichelstein“ genannten Drususstein aus kriegstaktischen Gründen abzubrechen. Architekt Franz Kurz sorgte für eine denkmalgerechte Sanierung: Aus bauphysikalischen Gründen war es nötig, sich des nachempfundenen Baumaterials der Römer zu bedienen. In enger Zusammenarbeit mit dem Mainzer Institut für Steinkonservierung (IFS) und seinem Darmstädter Partner wurde eine Rezeptur für eine Neuschöpfung des „opus caementitium“, dem römischen Beton, entwickelt und einem langwierigen Prüfverfahren unterzogen. Rund 30 Kubikmeter waren nötig für das Verfüllen des Ausbruchs, das wegen der langen Trocknungszeit des mit Steinbrocken versetzten Kalkbetons in vier Etappen durchgeführt wurde. Opus caementitium aus gebranntem Kalk und Ziegelbruch wird auch bei der Restaurierung des Gussmauerwerks von Sockel, Mauerwerksgürtel und Oberbau des „Steins“ verwendet, an dem durchfeuchtete Zonen den römischen Mörtel instabil werden ließen.
„Der Mauerwerksgürtel ist in einem verhältnismäßig guten Zustand“, weiß Marianne Grosse, verweist aber auf den Oberbau, der Anfang der 1980er Jahre überformt und mit handelsüblichem Zement falsch behandelt worden sei. Nicht zum ersten Mal übrigens. So weiß Marion Witteyer, dass es schon mehrfach Konservierungsversuche am antiken Relikt gab, dass Austrocknung auf der sonnenbeschienenen und Durchnässung auf der anderen Seite das Bauwerk porös werden ließen. „Einige dieser Versuche haben sogar zusätzliche Schäden verursacht“, beklagt die Archäologin. Jetzt aber sei man „auf einem guten Weg“. Dessen Länge und Dauer sind noch ungewiss. Aber Marianne Grosse beteuert, dass „allergrößte Sorgfalt, die der Bedeutung des Denkmals zukommt“, auch bei den jetzt anstehenden Arbeiten an den Tag gelegt werde. Die Finanzierung sei gesichert: „Wir haben den Luxus, Zeit zu haben. Bei der Konservierung geht Qualität vor Schnelligkeit.“