Sonntag,
11.03.2018 - 10:19
15 min. inkl. Video
Reaktionen zum Tode des früheren Mainzer Bischofs Karl Kardinal Lehmann - Klopp: „Er war ein Guter“
Von Alexandra Eisen, Werner Wenzel, Maike Hessedenz, Petra Jung und Carina Schmidt
MAINZ - Nach dem Tod des früheren Mainzer Bischofs Karl Kardinal Lehmann haben Wegbegleiter aus Kirche, Politik, Sport, Wirtschaft und Gesellschaft ihre Trauer um den beliebten Geistlichen bekundet, der im Alter von 81 Jahren gestorben ist.
"In den Jahrzehnten als Bischof und Vorsitzender der Bischofskonferenz hat Kardinal Lehmann die Herzen vieler Menschen erreicht und sich hohen Respekt erworben", sagte der Mainzer Bischof und Lehmann-Nachfolger Peter Kohlgraf. Liebevoll würden ihn die Gläubigen der Diözese Mainz "unseren Karl" nennen. Mit einem weiten Herzen und einem klaren Blick für die Themen der Menschen habe Lehmann sein Bischofsamt ausgeübt. "Wie kaum ein anderer verband er theologische Bildung und pastoralen Einsatz", so Kohlgraf.
Der frühere Trainer von Mainz 05, Jürgen Klopp, hatte den Gottesmann unter anderem für die Mainzer Vierteljahreshefte ausführlich interviewt und sagt rückblickend: „Ich habe ihn von den wenigen Zusammentreffen nicht wirklich gut gekannt. Und trotzdem habe ich das Gefühl, als würde ich einen Freund verlieren. Und das meine ich ganz im Ernst. Er war ein Guter!“

2005 interviewte der damalige Trainer von Mainz 05, Jürgen Klopp, den Bischof von Mainz, Karl Kardinal Lehmann, für die Mainzer Vierteljahreshefte. Archivfoto: Werner Feldmann
"Er war ein herzensguter Chef und ein Freund der Fastnacht. Als ich Sitzungspräsident der Fernsehsitzung wurde, hat er mich in einem handgeschrieben Brief aufgefordert, den Glauben auf humoristische Weise weiterzutragen", teilte Andreas Schmitt, "Obermessdiener" und Mitarbeiter des Bischöflichen Ordinariats, mit. "Das ist sein Vermächtnis an mich, daran werde ich mich halten."
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat das "segensreiche Wirken" des früheren Mainzer Bischofs gewürdigt. Als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und als Bischof von Mainz habe er "über viele Jahre das Bild der katholischen Kirche in unserem Land maßgeblich mitgeprägt", schrieb das Staatsoberhaupt in einem Kondolenzschreiben an Lehmanns Nachfolger Peter Kohlgraf. Der ökumenische Dialog habe ihm immer am Herzen gelegen. Er sei einer der wichtigen Brückenbauer zwischen den Konfessionen und Religionen gewesen. "Dass er dabei nicht nur den eigenen Kräften vertraut hat, sondern auch mit der Gnade Gottes rechnete, merkten die Menschen, die ihm begegneten", schrieb der Bundespräsident. "Sie spürten es an der Zuversicht und auch an seinem ansteckenden Lachen, das aus der tiefen gläubigen Fröhlichkeit kam, die Karl Kardinal Lehmann ausstrahlte. Jedes Gespräch mit ihm war eine Bereicherung, sein Rat für mich von besonderem Wert. Wir alle sind ihm für sein segensreiches Wirken dankbar und wir werden ihn nicht vergessen."
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat mit Trauer auf den Tod von Kardinal Karl Lehmann reagiert und ihn als wichtigen Vermittler gewürdigt. "Ich bin sehr traurig über den Tod von Karl Kardinal Lehmann", ließ Merkel am Sonntag mitteilen. "Ich denke heute mit tiefer Dankbarkeit an unsere guten Gespräche und Begegnungen über viele Jahre. Er hat mich mit seiner intellektuellen und theologischen Kraft begeistert und war dabei immer auch ein Mensch voll bodenständiger Lebensfreude", sagte sie. Kardinal Lehmann sei ein "begnadeter Vermittler, zwischen den deutschen Katholiken und Rom, im Geist der Ökumene zwischen den christlichen Kirchen, genauso aber zwischen Christen und den Gläubigen anderer Religionen" gewesen, würdigte Merkel. Er habe gemäß seinem Wahlspruch als Bischof "Steht fest im Glauben" gelebt und gewirkt. "Möge er nun die verdiente Ruhe finden. Ich verneige mich vor seinem Lebenswerk und werde ihn in dankbarer Erinnerung behalten."
Der ehemalige Intendant des ZDF, Markus Schächter, sagte: "Mit seiner Dialogfähigkeit ist Karl Lehmann ein Glücksfall für viele Menschen geworden_. Er war ein Glücksfall auch für die Ökumene. Und er war ein Glücksfall für uns Journalisten. Er war ein stets auskunftsfreudiger Interpret der christlichen Botschaft. In den letzten Jahren ist aus unseren dienstlichen Begegnungen eine freundschaftliche Beziehung entstanden, aus der heraus er in einem Gesprächsbuch mit mir eine programmatische Sicht von der Zukunft seiner Kirche formulierte."
Mit großer Betroffenheit und Trauer hat die Deutsche Bischofskonferenz auf die Nachricht vom Tod Kardinal Lehmanns reagiert. "Ein großer Theologe, Bischof und Menschenfreund geht von uns", sagte Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Bischofskonferenz und Erzbischof von München und Freising. Mit Lehmann gehe ein warmherziger und menschlicher Bischof von großer Sprachkraft. "Die Kirche in Deutschland verneigt sich vor einer Persönlichkeit, die die katholische Kirche weltweit wesentlich mit geprägt hat", heißt es in der Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz vom Sonntag.
Auch die führenden evangelischen Geistlichen in Rheinland-Pfalz und Hessen haben am Sonntag große Trauer über den Tod von Kardinal Karl Lehmann geäußert. Lehmann sei über fünf Jahrzehnte hinweg "der entscheidende Brückenbauer zwischen katholischer und evangelischer Kirche in Deutschland und darüber hinaus" gewesen, sagte der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung in Darmstadt. Er würdigte Lehmann als "einen der prägendsten katholischen Theologen der Gegenwart, Impulsgeber der Ökumene und großartigen Menschen". Mit seiner "gründlichen Kenntnis der protestantischen Theologie und seiner Bereitschaft, auch aus der Sicht des Gegenübers zu denken", habe Lehmann wesentlich zur Öffnung der Kirchen beigetragen, sagte Jung. Für die Kirche in Deutschland sei der verstorbene Kardinal ein "Geschenk" gewesen.
"Kardinal Lehmann war Europa und mir ein treuer Freund", schrieb EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf Twitter. "Er hat Brücken der Menschlichkeit und der Solidarität in und für Europa gebaut. Seine klaren und stets versöhnenden Worte bleiben uns Inspiration und Auftrag, für Europa und seine Werte einzutreten."
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer würdigte Lehmann als "einen großartigen Menschen und eine herausragende Persönlichkeit". Dreyer: "33 Jahre hat er als Bischof von Mainz gewirkt und Maßstäbe für einen weltoffenen Katholizismus gesetzt. Weit über die Grenzen seines Bistums hinaus wurde ihm wegen seines festen Glaubens, seines beeindruckenden theologischen Wissens, seiner ökumenischen Offenheit, seines gesellschaftlichen Engagements und seiner menschlichen Warmherzigkeit Respekt, Anerkennung und auch Zuneigung entgegen gebracht." Lehmann habe "Brücken gebaut zwischen verschiedenen Konfessionen, zwischen verschiedenen Religionen und auch zwischen Kirche und Politik", so die rheinland-pfälzische Regierungschefin. "Karl Kardinal Lehmann wusste um die Zeichen der Zeit. Er hat die Konflikte in Kirche und Gesellschaft benannt und die weltweiten Herausforderungen erkannt. In seiner Haltung, Schwangeren im Gewissenskonflikt kirchlich beizustehen, stellte er sich an die Seite der Frauen und riskierte den Konflikt mit Rom. Wichtige Themen hat er immer wieder aufgegriffen und sich in christlicher Verantwortung mit ihnen auseinandergesetzt. Dabei war er der Politik immer ein kritischer und wichtiger Mahner und Ratgeber. Auch in schwierigen Zeiten hat er klare Positionen bezogen und Mut zum Umdenken gemacht."
Lehmann hat die Erneuerung der katholischen Kirche nach Einschätzung von Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) maßgeblich vorangetrieben. "Kardinal Lehmann wird dieser Welt als authentischer Repräsentant und Erneuerer der katholischen Kirche fehlen", ließ Bouffier am Sonntag anlässlich Lehmanns Tod mitteilen. Über die Parteigrenzen hinweg sei der langjährige Mainzer Bischof auch für die Politik "ein geistig und geistlich bereichernder Gesprächspartner" gewesen. "Insbesondere als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz hat er wichtige gesellschaftliche Impulse gegeben."
Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling würdigte den Verstorbenen als „eine hochgebildete Persönlichkeit, die in herausfordernden Zeiten Orientierung geben konnte und stets durch seine Warmherzigkeit und Empathie als Mensch zu überzeugen wusste. Ihn zeichnete vor allem seine Offenheit für die Menschen aus.“ „In einer Zeit, in der so viele nicht mehr offen sind, in der sich viele gar nicht mehr bemühen, einander zu verstehen, in der die Schranken nicht nur an die Grenzen, sondern auch in manche Köpfe zurückkehren, werden wir diese Eigenschaft wohl mit am meisten vermissen“, sagte der OB. Lehmann sei damit Vorbild gewesen, vor allem aber auch immer „Anstoßgeber für Debatten: in der Weltkirche, in Deutschland und in Mainz“. Große Anerkennung gelte seiner Leistung als Brückenbauer zwischen Kirche und Gesellschaft sowie als verlässlicher und konstruktiver Partner im Dialog mit den anderen christlichen und nichtchristlichen Religionsgemeinschaften, meinte Ebling. „Hohe theologische Kompetenz und persönliche Glaubwürdigkeit verbanden sich in seiner Person auf überzeugende Weise und strahlten weit über unsere Stadtgrenzen hinaus. Wir werden ihn sehr vermissen.“
Die CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner würdigte Lehmann als „das bekannte Gesicht und der gute Geist in Mainz, auch für jene, die keinen Bezug zur Katholischen Kirche haben“. Mit Lehmann verliere man eine „bedeutende Persönlichkeit, ein Stück Geschichte, einen wahren Zeugen des Glaubens, einen herausragenden Wissenschaftler und Philosophen“, sagte die studierte Theologin, die auch Mitglied im Zentralkomitee Deutscher Katholiken ist. Kardinal Lehmann sei tiefgläubig, herzlich, wortwitzig und gesellig gewesen – stets lebensnah und verständig im Umgang. Als „warmherziger Zuhörer“ waren ihm die Sorgen und Nöte der Menschen ein Anliegen. Unter anderem war Klöckner gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel bei Lehmann. Sie habe den Kardinal „als differenzierten Theologen und bodenständigen Kirchenmann, als vertrauenswürdigen Gesprächspartner und Zuhörer geschätzt. Kardinal Lehmann war eine Institution – gütig, lebensfroh und beliebt bei den Menschen. Er wird fehlen - nicht nur in der Landeshauptstadt. Unsere Gebete und Gedanken sind bei ihm, dankbar für das Gewesene, hoffnungsvoll für das Kommende.“
Er sei "tief dankbar für jedes einzelne der zahlreichen bereichernden Gespräche, das ich mit Kardinal Lehmann führen durfte", sagte der rheinland-pfälzische SPD-Vorsitzende Roger Lewentz. "Er war stets ein exzellenter Zuhörer und ein kritischer Mahner. Ich verneige mich vor seinem Lebenswerk.“ Mit Lehmann verliere Rheinland-Pfalz einen "Mann mit weltweitem Ansehen, der durch seine Nahbarkeit gerade bei den Menschen im Bistum Mainz äußerst beliebt war. Kardinal Lehmann prägte über viele Jahre hinweg das Gesicht der katholischen Kirche in Deutschland, nicht zuletzt durch sein Wirken als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Dabei baute er Brücken zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche, die bis heute tragen. Seine moderne, liberale Haltung in vielen theologischen Fragen wirkt bis heute nach."
Die Nachricht vom Tode Lehmanns "geht uns sehr nahe", sagte der Vorsitzende von Mainz 05, Stefan Hofmann. "Wir trauern mit allen Katholiken und den Mainzer Bürgern um eine große Persönlichkeit unserer Stadt." Lehmann habe Mainz als Bischof mit seiner Klarheit, Aufrichtigkeit und menschlichen Wärme über viele Jahre mit geprägt. "Dem Sport und Mainz 05 war er sehr eng verbunden", so Hofmann. "Karl Kardinal Lehmann hat auch beim 1. FSV Mainz 05 Spuren hinterlassen, die seine Lebenszeit überdauern werden“, sagte er.
"Bischof im Bistum Mainz zu sein, war für ihn nicht einfach nur eine kirchliche Stellenbeschreibung", sagte Sabine Flegel, CDU-Kreisvorsitzende und Vorsitzende des Dombauvereins. Kardinal Lehmann sei sehr schnell zum echten Mainzer geworden, er sei beeindruckt von der bedeutsamen Geschichte des Mainzer Bistums gewesen, die ja auf das Engste mit der des Doms verknüpft ist. "Er mochte die Mainzer und hat sich mit Freude auch einbinden lassen in tagesaktuelle Ereignisse wie Fußball und Fastnacht", so Flegel.
Rolf Ebeling, früherer Mainzer Polizeidirektor und Sicherheitsbeauftragter des Kardinals, sagte: "Kardinal Lehmann war ein echter Menschenfreund, ein intellektuell hochstehender und weltoffener Mann, der mit beiden Beinen auf dem Boden stand und den Tatsachen des Lebens ins Auge geschaut hat. Wir haben elf Jahre zusammen gearbeitet und eine tolle Zeit miteinander verbracht. Er hat auf meine Schutzfunktion vertraut und ich habe ihm vertraut. Wir haben viel zusammen gelacht."
Als einen der „prägendsten katholischen Theologen der Gegenwart, Impulsgeber der Ökumene und großartigen Menschen“ hat der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, den Verstorbenen gewürdigt. „Durch seine den Menschen zugewandte Art, seinen herausragenden theologischen Horizont und seine im Glauben begründete Herzlichkeit prägte er über Jahrzehnte Amt und Ansehen der katholischen Kirche“, so der Kirchenpräsident. Mit ihm seien auch viele Christinnen und Christen in der evangelischen Kirche „tief betroffen über den Tod des Kardinals mit der großen Gabe, auf Menschen zuzugehen und seine Positionen auch in den kirchlichen und gesellschaftlichen Debatten zu Gehör zu bringen“. Nach Ansicht Jungs war Lehmann „über fünf Jahrzehnte hinweg der entscheidende Brückenbauer zwischen katholischer und evangelischer Kirche in Deutschland und darüber hinaus“. Mit seiner „gründlichen Kenntnis der protestantischen Theologie und seiner Bereitschaft, auch aus der Sicht des Gegenübers zu denken“, hat er nach Worten Jungs wesentlich zur Öffnung der Kirchen beigetragen. Ökumene habe für Lehmann vor allem bedeutet, „das wahrzunehmen, was uns verbindet und gemeinsam zu bezeugen, was angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen aus christlicher Sicht zu sagen ist“. Kardinal Lehmann sei für die Kirche in Deutschland „ein Geschenk“ gewesen.
Auch die Schulgemeinschaft der Maria Ward-Schule trauert um Kardinal Karl Lehmann. Lehmann sei in seiner 33-jährigen Zeit als Bischof von Mainz den Schulen im Bistum sehr verbunden gewesen, so auch der Maria Ward-Schule als Schule in Ordenstradition. Am Beginn seiner Amtszeit habe der Übergang von der Trägerschaft der Congregatio Jesu auf die kirchliche Stiftung Maria Ward-Schule gestanden. Den eigenständigen Weg der Schule im Bistum Mainz habe er stets aktiv begleitet. Die Schulgemeinschaft gedenkt seiner im Gebet und lädt zum Schulgottesdienst am Dienstag, 13. März, 8 Uhr, in der Kapelle ein.
Als einen „zuverlässigen Partner und Förderer“ hat die Caritas im Bistum Mainz den Verstorbenen bezeichnet. Karl Kardinal Lehmann habe sein Wirken stets vor dem Hintergrund der Katholischen Soziallehre gesehen. „Deus caritas est – Gott ist die Liebe“. Im Konflikt um die Schwangerenberatung gründete Karl Kardinal Lehmann 2001 gemeinsam mit dem Caritasverband das „Netzwerk Leben“, „mit dem Auftrag Leben zu schützen, Leben zu unterstützen und Leben zu fördern“. Um die Verbindung von Seelsorge, tätiger Nächstenliebe und zeitgemäßer Sozialpolitik sichtbar zu machen, habe Lehmann im Jahr 2000 gemeinsam mit den Caritasverbänden die Ketteler-Stiftung als caritative Stiftung für das Bistum Mainz errichtet. „Wir sind dankbar für sein herausragendes Engagement und seinen vielfältigen, tatkräftigen und couragierten Einsatz für die Belange der Caritas. Unsere Gedanken und Gebete sind bei ihm.“
„Er hat unsere Stadt für mehr als drei Jahrzehnte geprägt“, sagt Marc Bleicher, Vorsitzender der SPD Mainz. „Er war für die Menschen da. Für die, die der katholischen Kirche angehören, war er Begleiter und Impulsgeber. Seine Antworten auf die Fragen unserer Zeit zeigten den Gläubigen Wege im modernen, oft unübersichtlichen Leben. Für die, die einem anderen Glauben oder keiner Religion angehören, war er ein geschätzter Gesprächspartner, der den Dialog suchte und dessen Stimme Gehör fand. Wir leben in einer gemeinsamen, vielfältigen Gesellschaft, in der wir uns mit Respekt und dem Willen zum Miteinander begegnen sollen. Karl Kardinal Lehmann hat zu diesem Miteinander unschätzbar viel beigetragen. So stehen wir alle in Mainz – und angesichts seiner herausragenden Stellung in der katholischen Kirche weit über die Stadt hinaus – tief in seiner Schuld.“
Josef Winkler, Landesvorsitzender Grünen: „Mit dem Tod von Kardinal Lehmann verlässt ein Mann diese Welt, der die christliche Nächstenliebe immer zur Maxime seines Handelns erklärt hat. Mit seiner weltoffenen Glaubensauffassung versuchte er stets, die Glaubenstraditionen der katholischen Kirche mit den modernen Lebenswelten zu vereinbaren. Ganz besonders deutlich wurde das mit seiner Initiative ,Netzwerk Leben’, die sich für die Beratung von Schwangeren im Bistum Mainz einsetzte, nachdem die katholische Kirche in ganz Deutschland aus der Schwangerenkonfliktberatung ausgestiegen war. Seine den Menschen zugewandte Art und sein Humor wird mir immer in Erinnerung bleiben.“
Angela Römelt ist, als sie vom Tod des früheren Mainzer Bischofs erfahren, sofort in den Mainzer Dom gefahren. „Das war gar keine Frage, dass ich heute Morgen hierher komme“, sagt sie, als sie am Vormittag aus dem Gottesdienst kommt. Dompfarrer Weinert habe eine sehr schöne Predigt mit Bezug zum ewigen Leben gehalten, sagt sie. Es sei Kardinal Lehmanns Wunsch gewesen, sich auf den Weg zu machen, sagt sie. Von daher sei dieser vierte Fastensonntag für sie auch mit Freude darüber verbunden, dass der Kardinal nun dort angekommen sei, wo er hinwollte. „Der heutige Sonntag ist der Laetare-Sonntag, der Freudensonntag“, erklärt die Katholikin. „Kann es für einen Bischof einen schöneren Tag zum Sterben geben als genau diesen Tag?“
Für CDU-Urgestein Johannes Gerster steht unterdessen fest: „Mainz kann stolz auf diesen Mann sein.“ Lehmann stehe für die Einheit der Katholiken in Deutschland, sagt Gerster, der schon am frühen Morgen vom Tode des Kardinals erfahren und dann nachmittags zur Vesper in den Dom gekommen ist.
Carmen und Annika Adler müssen sich derweil erst noch an den Gedanken gewöhnen, dass Lehmann aus ihrem Leben verschwunden ist. Nach der Vesper im Dom, während alle Gottesdienstbesucher auf den Domplatz strömen, wo schon zahlreiche Reporter und Fernsehkameras warten, sagt die Mainzerin Carmen Adler: „Als ich damals in die zweite Klasse kam, wurde Lehmann Bischof. Seither war er immer da.“ Auch ihre Tochter Annika ist traurig: „Ich singe seit acht Jahren im Mädchenchor am Dom und an St. Quintin. Ob es bei der Messe am zweiten Weihnachtsfeiertag oder zu anderen Gelegenheiten war: Er war immer bei uns.“
CDU-Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich ist am Nachmittag ebenfalls im Dom, um Abschied zu nehmen. „Ich wusste, dass es sich nur noch um Wochen gehandelt hat. Er hat sich selbst auf dem Weg zu Gott gefühlt“, sagt die Hechtsheimerin. Das einzige Tröstliche als gläubiger Christ sei, dass es mit dem Tod nicht zu Ende gehe. Groden-Kranich kann sich noch lebhaft daran erinnern, wie sie bei Kardinal Lehmanns Bischofsweihe im Mittelgang des Doms gestanden hatte. Die letzte fröhliche Begegnung mit ihm sei bei der Weihe von Bischof Peter Kohlgraf gewesen. „Wir haben nebeneinander gesessen und viel gelacht“, sagt sie. „Das bleibt mir dankbar in Erinnerung.“
Doris Swietochowski, die im Mainzer Umland wohnt, und Birgitta Nauen aus der Neustadt haben Kardinal Lehmann oft beim Einkaufen getroffen: „Er hat immer freundlich gegrüßt und uns gefragt, wie es uns geht.“ Als authentischen Kirchenmann, der „für seinen Glauben gelebt und neue Impulse der Versöhnung in die Welt gebracht hat“, wird Stefan Wink aus Zornheim den Verstorbenen in Erinnerung behalten.