Protest gegen Eder-Vorschlag zum Straßenbahnausbau in Mainz
Verkehrsdezernentin Katrin Eder nennt eine Tram-Strecke durch eine Mainzer Grünanlage als Option, um den Straßenverkehr zu entlasten. Dabei stößt sie auf breiten Widerstand.
Von Ida Schelenz und Michael Erfurth
Der Landwehrweg (hier von der Hechtsheimer Straße aus gesehen) ist ein beliebter Rad- und Fußweg mit viel Grün.
(Foto: Harald Kaster)
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OBERSTADT - Nachdem Verkehrsdezernentin Katrin Eder im AZ-Gespräch[plus-Inhalt] Ideen für eine mögliche Erweiterung des Mainzer Straßenbahnnetzes vorgestellt hatte, wird in der Oberstadt scharfe Kritik an einer von der Grünen-Politikerin genannten Linienführung zur Anbindung des Neubaugebietes Heiligkreuz-Viertel laut: Als eine von vier oder fünf Alternativen hatte sie eine Trasse entlang des Landwehrwegs, also den von Bäumen und viel Grün gesäumten Fuß- und Radweg, der vom Pariser Tor aus vorbei an Schrebergärten und durch das Wohnviertel Ebertsiedlung zur Hechtsheimer Straße und damit zum Heiligkreuz-Viertel führt, genannt.
Doch diese Idee stößt auf Widerstand nicht nur bei Anwohnern und Eltern der Schüler, deren Schulweg durch den Grünstreifen führt, sondern auch bei Eders Parteifreunden.
„Wir Grüne in der Oberstadt sind gegen die Trasse am Landwehrweg und für den Erhalt des Grünstreifens und des Fahrradweges“, sagte Ortsbeiratsmitglied Gangolf Neubach bei einem Bürgerdialog, zu dem seine Fraktion geladen hatte. Rund 50 Menschen waren gekommen, darunter auch viele Kinder mit Fahrrädern und selbst gebastelten Schildern, die klarmachten: Hier will niemand eine Straßenbahn. „Wir sind total verunsichert“, klagte eine Frau. „Wir wollen gewarnt werden, bevor so etwas entschieden wird!“
ÖPNV-Ausbau mit Sinn und Verstand
Von einer Entscheidung kann allerdings noch lange nicht die Rede sein. Bei Eders Äußerungen handele es sich um Überlegungen, nicht um Pläne, erklärte Tabea Rößner, Oberbürgermeisterkandidatin der Grünen, die ebenfalls in der Oberstadt wohnt. Sie spiegelten nicht die geschlossene Meinung der Mainzer Grünen wider. „Heute haben wir die Chance, diese Überlegungen im Keim zu ersticken“, sagte Neubach. Im Ortsbeirat wolle seine Partei bis zum Herbst einen Beschluss durchsetzen, der den Landwehrweg ausschließt.
Daniel Köbler (Grüne), der am Sonntag gegen SPD-Kandidatin Myriam Lauzi für das Amt des Oberstadt- Ortsvorstehers in die Stichwahl geht, erklärte: „Straßenbahnen sind ein ökologisches Verkehrsmittel und daher wichtig für die Anbindung des neuen Viertels. Allerdings nicht, wenn dafür Fahrradwege und Bäume geopfert werden.“ Er setze sich dafür ein, vorrangig eine Streckenführung über die Emy-Roeder-Straße zu prüfen. Eine weitere Option wäre, die Schienen an der Goldgrube, über die Göttelmannstraße und vorbei am Volkspark zu führen. Beide Varianten waren auch von Katrin Eder genannt worden.
Auch Myriam Lauzi lehnt eine Trasse am Landwehrweg ab: „Dieser Vorschlag hat auch mich überrascht. Ja, auch ich halte einen Ausbau des ÖPNV für richtig und zukunftsweisend – wenn er mit Sinn und Verstand erfolgt“, heißt es in einer Erklärung der SPD-Ortsvorsteher-Kandidatin. „Aber ohne Ortskenntnis und ohne jede Information einen solchen Vorschlag in die Welt zu setzen ist eine Zumutung.“ Ein Gleisbett durch den Landwehrweg mit seinen Grünanlagen und den dicht stehenden Wohnhäusern zu legen, sei „nicht vorstellbar.“
Viele Trassen sind theoretisch denkbar
Ähnlich sieht es auch die FDP Oberstadt. Vorsitzender Werner Rehn meint: Die Trassenvariante über die Emy-Roeder-Straße sei „vielleicht die bessere Lösung“. Er fordert für die ÖPNV-Entwicklung eine „professionelle Einbindung der Öffentlichkeit, des Ortsbeirats und des Stadtrates.“
Erwin Stufler, Stadtratsmitglied der Freien Wähler, verweist auf den heftigen Protest der Anwohner, der bei der Grünen-Veranstaltung laut wurde: Deren Fragen seien mehr als verständlich.
Eder betont nun: „Bislang gibt es lediglich erste Überlegungen, aber noch keineswegs konkrete Planungen zu einem Straßenbahnausbau in der Oberstadt mit Anbindung des Heiligkreuz-Areals.“ Ziel sei es, den ÖPNV leistungsfähiger und attraktiver zu gestalten. „Es handelt sich jedoch um ein mittelfristiges Projekt, dass nach der Citybahn und einem weiteren Ausbau der Straßenbahn in der Innenstadt erst an dritter Stelle in der Prioritätenliste steht.“
Dabei seien viele Trassen theoretisch denkbar. „Für mich als Umwelt- und Verkehrsdezernentin stehen dabei nicht nur verkehrliche Belange, sondern auch der Schutz des Grünbestandes im Fokus.“ Durch welche Straßen oder Wege eine neue Straßenbahnlinie zum Heiligkreuz-Areal führen könnte, werde wie auch bei den Projekten Mainzelbahn und City-Bahn Inhalt einer „breiten Bürgerbeteiligung“ sein. Dabei könnten die Oberstädter direkt mitbestimmen, welchen Verlauf sie sich wünschen.