Polizisten in Mainz rassistisch beleidigt: Strafantrag angekündigt
Der Mainzer Polizeipräsident Reiner Hamm hat nach rassistischen Beleidigungen gegen zwei Beamte an die Gesellschaft appelliert und einen Strafantrag angekündigt.
Von Paul Lassay
Lokalredakteur Mainz
Der Bahnhofplatz in Mainz.
(Archivfoto: Harald Kaster)
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MAINZ - „Scheiß Ausländer“. „Ich will mit Deutschen sprechen.“ Es sind schwere Beleidigungen, die ein 25-Jähriger Mitte Juli auf dem Bahnhofsvorplatz ausspuckt. Und sie richten sich nicht gegen irgendwen, sondern ausgerechnet gegen zwei Polizisten: Vanessa B. und Murat A. sind an diesem Tag auf Streife unterwegs. Am Hauptbahnhof fällt ihnen der Mann auf, der sich in einem heftigen Streit mit seiner Partnerin befindet. Sie beschließen, ihn zu kontrollieren – und damit beginnen die Beleidigungen. Von den beiden uniformierten Polizisten will sich der 25-Jährige nichts sagen lassen. „Ihr Opfer! Ich will mit der deutschen Polizei sprechen, nicht mit euch“, habe der Mann gerufen, erzählen die beiden. Und das am helllichten Tage vor großem Publikum mitten in Mainz.
Sie seien ruhig geblieben, hätten versucht, den Mann in der hitzigen Situation auf Distanz zu halten. Ihn zu fesseln und aufs Revier zu bringen, sei nicht angemessen gewesen. Doch erst als die wegen des aggressiven Verhaltens hinzu gerufene Verstärkung hinzukommt, lässt der Mann, der interessanterweise auch einen griechischen Pass hat, mit sich reden und akzeptiert den Platzverweis, den die Kollegen aussprechen, die zufällig keinen sichtlichen Migrationshintergrund haben.
„Man darf so etwas nicht an sich herankommen lassen“, sagt Vanessa B. heute. Und doch, sagt Murat A., gingen einem solche Beleidigungen näher als die Sachen, die man sonst höre, die sich gegen die Polizei generell richteten. „Hier geht’s ja um die eigene Persönlichkeit“, erklärt der 29-Jährige. Glücklicherweise geschehe so etwas sehr selten, ergänzt seine Kollegin. Doch man wisse nun noch genauer als zuvor, dass es einen jeder Zeit treffen könne. „Man muss immer damit rechnen“, sagt die 27-Jährige.
Dass die beiden ihre Geschichte erzählen, war insbesondere Reiner Hamm ein Anliegen. Dass alle Beamten sich zuweilen das ein oder andere anhören müssten, sei Teil des Berufs, sagt der Polizeipräsident. Was ihn aber besonders ärgere seien Beleidigungen aufgrund des Geschlechts und rassistische Anfeindungen. „Dass die Kollegen das inmitten einer Menschenmenge erleben mussten, geht an die Nieren“, sagt Hamm.
Auch wenn diese Vorfälle zum Glück recht selten seien, gehe ihm darum, klar zu machen, „dass Rassismus in dieser Gesellschaft nichts verloren hat“. Deshalb habe er auch Strafanzeige wegen Beleidigung gegen den 25-Jährigen gestellt. Die Polizisten mit Migrationshintergrund hätten aufgrund ihrer familiären Herkunft oft besondere Kompetenzen und sprachliche Fähigkeiten, auf die die Polizei dringend angewiesen sei – auch wenn sie meist nur ungern mit dem entsprechenden Label versehen werden wollten. Dass sie Polizisten seien, sei entscheidend, nicht die Migrationsgeschichte ihrer Familien.
Unter den Neueinstellungen machten Leute mit Migrationshintergrund mittlerweile schätzungsweise rund 15 Prozent aus, erklärt der Polizeipräsident. Statistisch erfasst werde die Eigenschaft bei den persönlichen Daten aber nicht. Besondere Aktionen, um Vorfälle wie den auf dem Bahnhofsvorplatz zu verhindern, seien seiner Meinung nach nicht notwendig, sagt Hamm. Aber man müsse rüberbringen, dass die Kollegen wie alle anderen ihre Arbeit machten und für Sicherheit sorgten.
Polizistin mit schwerem Stand
Und dabei müssen sie mit Anfeindungen von mehreren Seiten zurecht kommen, berichtet Murat A. So gebe es auch ab und zu Probleme, wenn er mit türkischstämmigen Menschen zu tun habe. „Die Leute versuchen dann oft, erstmal eine Verbindung aufzubauen und Sympathie herzustellen“, erzählt er. Wenn sie dann merkten, dass das keinen Erfolg bei dem Polizisten mit ähnlichem Hintergrund bringe, schlage die Stimmung teilweise um. „Dann werde ich manchmal von Migranten als Verräter bezeichnet, weil ich in der Situation nicht auf ihrer Seite bin.“
Auf besondere Probleme treffe auch sie als Frau teilweise, wenn es um Menschen mit Migrationshintergrund gehe, sagt Vanessa B. Insbesondere bei Muslimen könne es vorkommen, dass sie gar nicht beachtet werde, sondern nur der männliche Kollege akzeptiert werde, berichtet sie. In solchen Fällen sei man aber rigoros, sagt Polizeipräsident Hamm. „Wenn sich Leute beschweren, dass sie mit einer Streife nicht reden wollten, schicken wir nochmal genau die gleichen Beamten vorbei“, erklärt er.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 12.08.2019 um 17:00 Uhr publiziert.