Sie haben vor allem die „Fakebook“-Fetischisten im Visier: Das Musical „Nix für Dich“ ist ein gelungenes Comeback der Mainzer Showbühne im KuZ
WEITERE VORSTELLUNGEN
Sonntag, 7. April, um 19 Uhr, Samstag, 18. Mai, um 19.30 Uhr, Sonntag, 19. Mai, um 19 Uhr, Samstag, 8. Juni, um 19.30 Uhr, Sonntag, 9. Juni, um 19 Uhr.
Karten gibt es an allen Vorverkaufsstellen oder unter www.showbuehne-musicals.de.
MAINZ - Sie kommen aus der Dunkelheit: vier merkwürdige Gestalten mit Aluhüten. Argwöhnisch beäugen sie die Menschen im KUZ-Theaterraum, beschnuppern sie, starren sie an, untersuchen sie mithilfe ihrer Detektoren. Es sind die vier praktizierenden Verschwörungstheoretiker, auf der Suche nach neuen, abstrusen Spekulationen, um Licht ins Dunkel zu bringen und die Menschheit aufzuklären.
Glühbirnen mit Röntgenstrahlen, Ampeln als Versuchsanordnungen, Cola ist gleich Fanta – je paranoider und unsinniger, desto besser. So heißt es denn auch im Glaubensbekenntnis der praktizierenden Verschwörungstheoretiker: „Internet unser, unsere tägliche Manipulation gib uns heute...“
Persiflage auf grenzenlose Selbstoptimierung
Nach diesem eindrucksvollen Intro zur neuen „satirischen Show mit Musik“ der wiederbelebten „Showbühne Musicals“ klärt Regisseur Sebastian Wagner das neugierige Publikum im Saal auf: An diesem Abend dreht sich in „Nix für Dich“ alles um besorgte Bürger, Digital Natives und grenzenlose Selbstoptimierung. Natürlich immer mit einem ironischen Augenzwinkern und ganz viel Musik, eben ein satirisches Musical.
Grandios gespielt und wunderbar gesungen von Wagner höchstpersönlich und seinen Mitstreitern Kathrin Maier, Patrick Twinem und Bernd Fachinger.
Herausragend sind neben dem Schauspiel und dem Gesang vor allem die sehr kreativen Wortschöpfungen. So leiden die Hipster mit ihren Rauschebärten und Wollmützen in den angesagten Öko-Bio-Veganer-Cafés immer mehr an „Optionsblockade“ und verstopfen den Zugang zu „real things“ wie schwarzem Kaffee. Der bestinformierte Patient mit Diplom der Google-Universität, der dem Arzt eine präzise Online-Diagnose seiner eingebildeten Krankheit vorlegt, leidet laut Fachmann an einer ausgeprägten „pseudointellektuellen Verbalflatulenz“.
Vor allem die Selfie-Narzissten und „Fakebook“-Fetischisten bekommen bei „Nix für dich“ ordentlich ihr Fett weg. „Es dreht sich alles nur um mich, ich bin das Zentrum der Welt“, singt die langbeinige Kathrin Maier in glockenhellem Sopran, während sie debil-selbstverliebt grinsend mit dicken Kopfhörern die Menschen um sie herum mit freundlicher Ignoranz beschenkt. Sehr lustig, weil leider sehr realistisch auch die von Maier und Wagner gespielte Begegnung zweier alter Freunde im Park, die ihr zufälliges Treffen zwar sehr detailliert und übertrieben euphorisch mit unzähligen Hashtags bei Instagram posten, sich aber eigentlich gar nichts zu sagen haben.
„Nix für dich“ ist ein gelungenes Comeback für die Showbühne, eine wunderbar ironische Persiflage auf den Digi-Kult und ein kurzweiliges Vergnügen für Freunde des satirischen Schauspiels sowie der gehobenen Sangeskunst.