1000 Bäume, frische Luft und mehr Wohnraum für Mainz. Mit diesen Themen und mehr startet Nino Haase in den OB-Wahlkampf. Kritik gab es auch an den Kosten der Rathaussanierung.
Von Paul Lassay
Lokalredakteur Mainz
Nino Haase im Gespräch mit Bürgern.
(Foto: Sascha Kopp)
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MAINZ - Und plötzlich steht man im Wald, direkt vor dem Staatstheater. Eine grüne Insel aus Trompetenbäumen und unterschiedlichen Ahorn-Arten hebt sich deutlich ab vom Beton-Umfeld. Wer dahinter steckt, ist schwer zu übersehen. Auf großen Fahnen steht der Name des Verantwortlichen neben seinem Slogan, „Mainz. Machen.“ Nino Haases Wahlkampfauftakt zieht die Blicke der Passanten auf sich.
Kurze Zeit später sitzt der unabhängige OB-Kandidat neben den Chefs der Parteien, die ihn unterstützen (CDU, ÖDP, Freie Wähler), im Haus des Deutschen Weines und stellt sein Programm vor. Für die Bäume auf dem Gutenbergplatz wolle er für 150 Euro pro Stück Baumpaten gewinnen und sie anschließend an das Grünamt übergeben, das sie an geeigneter Stelle einpflanzen solle. Der Anfang eines ersten Projekts für die anvisierte Amtszeit an der Spitze der Mainzer Verwaltung. Als OB wolle er den Baumbestand in der Stadt jährlich um 1.000 Stück erhöhen, erklärt der 36-Jährige. Diesen Zuwachs brauche Mainz angesichts der Zunahme von Verkehr und Bevölkerung für sein Mikroklima und die Lebensqualität. In den vergangenen Jahren habe die Stadt dagegen netto Bäume verloren, ein grauer Ort nach dem anderen entstehe. „Wer einmal an der neu eingeweihten Südmole des Zollhafens war, der weiß, was grau wirklich bedeutet“, sagt Haase.
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Ökologie und Lebensqualität sind zwei Themen, auf die er im Wahlkampf setzen wolle. Andere Schwerpunkte seien wirtschaftliches Verantwortungsbewusstsein, Zukunftsfähigkeit und Ehrlichkeit. Vor allem gehe es aber darum, „die parteipolitischen Scheuklappen abzusetzen“, fordert Haase. Diese hätten in der Vergangenheit zu oft sinnvolle Ideen verhindert. Dafür brauche es einen unabhängigen Kandidaten, der zudem keine politischen Ambitionen in der Landespolitik habe und deshalb entschlossen gegenüber dem Land auftreten könne – etwa um ein 365-Euro-Ticket für den ÖPNV zu erreichen oder die finanzielle Ausstattung der Kommunen in Rheinland-Pfalz generell zu verbessern.
Ins Zentrum seines Wahlkampfs stellt Haase zudem einen Begriff, der sich wegen seiner Sperrigkeit kaum als Slogan eignet und der trotzdem immer wieder betont wird: das integrierte Stadtentwicklungskonzept. Ein solches brauche die Stadt dringend, ist der OB-Kandidat überzeugt, da nur damit eine „Politik aus einem Guss“ möglich sei. „Es kann nicht sein, dass man bei der Suche nach dem Begriff im Internet immer auf der Homepage der Stadt Wiesbaden landet.“
Mainz steht vor weiter wachsender Einwohnerzahl
Zur Lebensqualität gehöre natürlich auch das Wohnen, betont Haase. Mainz müsse in den kommenden Jahren mit einem weiteren Anstieg der Einwohnerzahl um 15.000 bis 20.000 Menschen rechnen. „Da muss man sich drauf einstellen.“ Den Bau von neuen Stadtteilen in Frischluftschneisen lehne er aber ab. Genauso dürften keine weiteren großen Flächen versiegelt werden. Viel interessanter als Gebiet für einen neuen Stadtteil sei da der Layenhof, bei dem man gemeinsam mit Ingelheim eine Verkehrslösung erarbeiten müsse. Zudem wolle er eine Abkehr vom Höchstbieterprinzip, wie sie nun auch plötzlich Ebling fordere, sowie von großen Projektierungen durchsetzen. „Wir müssen wieder hin zu kleineren Parzellen, auf denen sich Baugenossenschaften und Familien verwirklichen können“, sagt Haase.
Beim Verkehr sei es das Ziel, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, betont der OB-Kandidat. Dies müsse aber dadurch geschehen, dass die Alternativen attraktiver gemacht würden. So müsse die Deckelung der ÖPNV-Zuschüsse abgeschafft und auf Landesebene um Unterstützung für ein 365-Euro-Ticket gekämpft werden. Zudem müsse ein Azubi-Ticket geschaffen und das Liniensystem überarbeitet werden, da Mainz wegkommen müsse vom Sternverkehr Richtung Hauptbahnhof und mehr Ringlinien oder gar Ring-Expresslinien brauche. „Der ÖPNV muss schnell und verlässlich sein, dann wird er auch genutzt“, erklärt Haase. Auf der Rheinhessenstraße müsse die im Flächennutzungsplan vorgesehene Bustrasse umgesetzt werden.
„Wir brauchen keinen Flughafen BER in Mainz“
Neben dem ÖPNV gelte es auch die Radinfrastruktur zu verbessern, sonst seien die 35 Prozent Anteil am Verkehr nicht zu erreichen, die das Ziel sein müssten. Hinsichtlich der Radroute nennt Haase zuerst nicht mehr die bei vorherigen Auftritten genannte Kaiserstraße, sondern das Bleichenviertel, durch das eine Fahrradstraße geführt werden könne, die eine Achse vom Rheinufer über den Hauptbahnhof bis zur Uni ermöglichen könne. Davon ausgehend lasse sich dann ein komplettes Netz entwickeln.
Und auch was sein angestrebtes Domizil angeht, hat der OB-Kandidat klare Forderungen: Seinen Informationen nach sei der vom Stadtrat beschlossene Kostenrahmen von 75 Millionen Euro bei der Rathaussanierung schon längst unrealistisch. „Was ich da von Beteiligten höre, sind 90 bis 100 Millionen Euro.“ In diesem Fall müsse der Ratsbeschluss zurückgenommen werden, fordert Haase. „Wir brauchen keinen Flughafen BER in Mainz.“ Er wolle gerne wissen, ob Michael Ebling bereits Stand jetzt wisse, dass die 75 Millionen Euro nicht zu halten seien. Ein alternatives Modell zur Finanzierung der Sanierung könne eine Bürgerstiftung sein, die die Stadt aus dem finanziellen Risiko nehme. Vorschläge hierzu habe es gegeben, sie seien aber „aus persönlicher Eitelkeit“abgelehnt worden.