Eine internationale Studie unter Leitung der Kardiologie der Unimedizin Mainz stellt fest: Verkehrslärm ist nachts gefährlicher für die Gefäße als tagsüber.
Von Michael Bermeitinger
Lokalredakteur Mainz
Lärm, gerade durch Verkehr, schadet besonders nachts.
(Foto: Kopp)
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MAINZ - Straße, Schiene, Flugverkehr – die Rhein-Main-Region ist von Verkehrslärm geplagt und seine Bewohner einem hohen Krankheitsrisiko ausgesetzt. Insbesondere die Mainzer Lärmwirkungsstudien haben auf die langfristige Wirkung hingewiesen. Nun zeigt eine neue internationale Übersichtsstudie, dass insbesondere eine gestörte Nachtruhe das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vergrößert.
Der Nachtlärm, so heißt es in der Studie, die in der US-Fachzeitschrift „Annual Review of Public Health“ veröffentlicht wird, führe zu einer Störung der inneren Uhr. Diese steuert je nach Tageszeit den Körper, seine Funktionen, die biologischen wie auch die Stoffwechsel-Prozesse. Körpertemperatur, Blutdruck, Gedächtnisleistung, Appetit, Energiehaushalt wie auch Hormone und Immunsystem – für all dies gibt es einen Tag- oder Nachtmodus.
Wissenschaftler des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, des Krebsinstituts Dänemark sowie des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts haben nun detaillierter untersucht, welche Folgen Nachtlärm auf das Herz-Kreislauf-System sowie Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes hat. Zu diesem Zweck analysierten sie zahlreiche Forschungsergebnisse inklusive der Mainzer Lärmwirkungsstudien und trugen die Ergebnisse in einem Übersichtsartikel zusammen.
„Zu kurzer oder häufig unterbrochener Schlaf erhöht das Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln“, fasst Professor Thomas Münzel, Leiter der Studie und Direktor der Kardiologie I an der Mainzer Unimedizin, das Ergebnis zusammen. Insbesondere der Nachtlärm erhöhe den Blutdruck, steigere die Ausschüttung von Stresshormonen und lasse die Gefäße steifer werden: „Allesamt wichtige Einflussfaktoren auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“
Leiden Menschen bereits unter einer entsprechenden Krankheit, seien die Gefäßschäden noch ausgeprägter, heißt es in der Studie. Ebenfalls relevant seien psychische Erkrankungen wie Depression und Angststörungen, gerade wenn die emotionale Belastung, der Ärger sehr ausgeprägt ist. Menschen, die schon länger dem Lärm ausgesetzt sind, zeigten vermehrt größere Gefäßschäden, heißt es. Denn der Körper, und hier insbesondere die Gefäße, gewöhnten sich nicht an den Lärm.
Für Professor Münzel und Professor Daiber, Leiter der Forschungsgruppe Molekulare Kardiologie an der Unimedizin, ist klar: „Die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation muss in die EU-Lärmgesetze aufgenommen werden. Perspektivisch muss die Politik, auch hier vor Ort, darauf hinwirken, dass die Nacht von 22 bis 6 Uhr lärmfrei bleibt.“ Derzeit gilt am Frankfurter Flughafen das Nachtflugverbot lediglich von 23 bis 5 Uhr.