Nach Radlader-Einbruch bei Mainzer Juwelier ist Komplizin weiter auf der Flucht
Dreieinhalb Wochen nach dem spektakulären Einbruch mit einem Radlader ins Juweliergeschäft Wagner-Madler am Mainzer Brand sucht die Polizei weiter nach einer mutmaßlichen Komplizin des gefassten Tatverdächtigen.
Von Nicholas Matthias Steinberg
Lokalredakteur Mainz
So sah es am Morgen nach dem Einbruch am Tatort aus. Archivfoto: Polizeipräsidium Mainz / dpa
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MAINZ - Auch dreieinhalb Wochen nach dem spektakulären Einbruch mit einem gestohlenen Radlader in das Juweliergeschäft Wagner-Madler in der Altstadt sucht die Polizei weiter nach einem der Täter. Die Identität des Komplizen eines 25 Jahre alten Alzeyers, der von der Polizei bereits kurz nach der Tat gefasst wurde, ist weiter unklar. Nach derzeitigem Stand gehen die Ermittler davon aus, dass es sich um eine Frau handelt. „Es gibt inzwischen – vergleichsweise vage – Hinweise zu der zweiten Person, wobei noch unklar ist, inwieweit diese an der Tat beteiligt ist“, erklärt Oberstaatsanwältin Andrea Keller. Der Verdacht gegen eine andere Frau hatte sich zuvor nicht erhärtet.
Während Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln, ist der Alltag im betroffenen Juweliergeschäft noch immer nicht vollständig wieder eingekehrt. „Das wird auch noch einige Zeit dauern“, sagt Goldschmied Richard Wagner junior. Aktuell holt er Kostenvoranschläge von Handwerkern ein, die die provisorische Verglasung möglichst bald durch eine neue Panzerglasscheibe ersetzen sollen. Mindestens 12.000 Euro koste diese samt Einbau, so Wagner.
Bis es soweit ist, wird das Juweliergeschäft von privaten Sicherheitsleuten überwacht – eine Auflage der Versicherung.
Doch der Überfall kostet Wagner nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch Geld. Die beschädigten und zerstörten Uhren-Auslage wieder aufzubereiten, werde deutlich teurer als die zunächst geschätzten 25.000 Euro. „Alleine die Breitling-Uhren schlagen da mit 20.000 Euro zu Buche“, so Wagner. Wie hoch die Schäden an den Uhren der anderen beiden Marken sind, sei noch unklar. Zudem liegt wohl auch der Schaden am Gebäude über den zuletzt veranschlagten 50.000 Euro. Ein Teil der Kosten, vor allem für Ware und Vitrinen, übernehmen seine Versicherungen, ein anderer Teil, insbesondere Schäden am Gebäude, nicht.
Auf rund 25.000 Euro, schätzt Wagner, bleibt er sitzen. Zwar könnte er sie über eine zivilrechtliche Klage vom Täter einfordern, ob der das Geld hat, ist allerdings die andere Frage, so der Juwelier.
Die Gefahr ist jedem in der Branche bewusst, sagt Wagner. Spurlos gehen Übergriffe an den Juwelieren dennoch nicht vorbei. Dabei sind die Händler durchaus vorbereitet: Knapp 60.000 Euro gibt Wagner pro Jahr für Versicherungen und die Wartung von Sicherheitssystemen aus. Etwa alle drei Monate wird die Alarmanlage kontrolliert.
Die Situation sei „einfach wahnsinnig ärgerlich“, sagt er. Zumal unklar ist, ob und wie die Täter bestraft werden.
Der Blick in die Vergangenheit ist ernüchternd: In den vergangenen Jahren gerieten einige der insgesamt 23 Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte in Mainz ins Visier von Einbrechern. Im Jahr 2016 zählte die Polizei vier Einbruchsdiebstähle bei Juwelieren im Mainzer Stadtgebiet. 2017 gab es drei Einbrüche. Der überwiegende Teil der Verfahren wurde eingestellt.
So versuchten Unbekannte Ende Oktober 2017, die Eingangstür zum Juweliergeschäft Rheingold in der Rheinstraße aufzuhebeln und schlugen eine Schaufensterscheibe ein. Die Täter stahlen mehrere Goldringe, wurden aber nie ermittelt. Das Verfahren wurde eingestellt.
Mitte März 2017 versuchten zwei Täter, eine Schaufensterscheibe des Juweliergeschäfts „Leo Link“ in der Ludwigsstraße zu zertrümmern. Kurz darauf wurden zwei Tatverdächtige gefasst. Auch dieses Verfahren wurde eingestellt, weil laut Oberstaatsanwältin Keller „ein Tatnachweis nicht zu führen war“.
Mitte November 2016 versuchten Unbekannte, mit einem Gullydeckel eine Schaufensterscheibe des Juweliergeschäftes „Trauringe Wagner“ in der Betzelsstraße zu zertrümmern. Der Einbruch misslang. Auch hier konnte kein Täter ermittelt werden.
Im Fall eines Einbruchs in ein Antiquitätengeschäft an der Ecke Leichhof/Ecke Grebenstraße im Juli 2015 konnte zwar einer von drei Tatverdächtigen identifiziert werden. Das Verfahren wurde jedoch wegen unbekannten Aufenthalts des Angeklagten eingestellt.
Für Ermittler und Opfer ist das eine frustrierende Bilanz, aber die Regel, sagt Sicherheitsberater Martin Winckel. Sein Unternehmen „Internationaler Juwelier-Warndienst“ berät europaweit Schmuckhändler. Häufig würden Verfahren eingestellt oder Täter zu Bewährungsstrafen verurteilt. Auch zivilrechtliche Klagen gegen Täter seien schwierig und kostspielig, so Winckel.
Dass Täter auf Fahrzeuge als Tatwerkzeug zurückgriffen, sei nicht ungewöhnlich. In der Regel würden dafür jedoch Autos verwendet, in der jüngeren Vergangenheit auch sogenannte Tieflader, Lastwagen mit Ladefläche. Einbrüche mit Radladern würden immer dann auftreten, wenn in der Innenstadt gebaut werde. Baustellenfahrzeuge seien leichte Beute – sie hätten keine Wegfahrsperre.