Beim symphonischen Krimihörspiel von Showbühnen-Gründer Sebastian W. Wagner griffen Musik, Sprache, Geräusche und Licht ineinander und sorgten für das passende Kopfkino.
Von Fred Balz
Beim symphonischen Live-Krimi-Hörspiel von Sebastian W. Wagner greifen Musik, Sprache, Geräusche, Licht und Verkleidungen schlüssig ineinander.
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
MAINZ - Mainz wird neue Krimi-Hauptstadt, eignen sich doch die Gässchen der Altstadt bestens für skurrile Mordfälle wie den des Immobilienmoguls Roland Speiss.
Der ehemalige Showbühnenbetreiber Sebastian W. Wagner hat diesen Selfmade-Kapitalisten aus bäuerlichen Verhältnissen als Mordopfer für sein symphonisches Live-Hörspiel „MordsStimmung“ ausgewählt: Mit dem Erbteil des elterlichen Weinbaubetriebes hat Speiss Immobilien in der Altstadt gekauft und zum Verdruss der Mieter mit steigenden Mieten trotz Renovierungsbedarfs ein Spekulantenreich erschaffen, das Neider und Feinde hervorruft. Nun liegt Speiss tot vorm Erbacher Hof, den er selbst vermietet hat. Die Kommissare Maywald (mit überzeugender Körperfülle Patrick Twinem) und Peters (Maywalds hübsche kompetente Kollegin Tanja Götemann) machen sich auf, den Fall, der sie bis ins rheinhessische Ober-Flörsheim führt, zu lösen. Klug recherchierte Charaktere, wilde Verfolgungsszenen, atemlose Spannung und emotionale Gefühlsszenen wechseln einander ab und fesseln das Publikum.
Musik, Geräusche und Worte sorgen für Kopfkino
Nach kurzem Eingangsszenario ertönt im Frankfurter Hof die Ouvertüre mit 66-köpfigem Blasorchester und 12-köpfigem gemischtem Chor. Das mit Musikschülern von 12 bis 68 Jahren besetzte Orchester ist mit Flöten, Oboen, Klarinetten, Saxofonen, Trompeten, Euphonium, Hörnern, Posaunen und Tuben besetzt. Dazu gibt es Solisten für Geige, Akkordeon, Keyboard und Klavier sowie vier Schlagwerker.
Das komplexe Werk wurde von acht Instrumentaldozenten unter Leitung von Gerd Greis, dem stellvertretenden Leiter der Kreismusikschule Alzey, in einer Probenwoche auf Schloss Noer bei Kiel von 9 Uhr bis in die Nacht einstudiert. Dafür hat Wagner 4 500 Seiten an Noten komponiert. Seine spannende und trotz witziger Zitate eigene Musik bedient sich sämtlicher Genres bis hin zu Rock und Funk. Filmmusikelemente aus Hitchcock (Dramatik) oder Miss-Marple-Filmen (heitere Gelöstheit) sind dabei ebenso zu hören wie „Alien“-Grusel oder „Star Wars“-Pathos. Der heiteren Eingangsmelodie folgt ein rätselhafter Schicksalswalzer, dem sich funky Marschmusik anschließt. Derweil singt der Chor „Kyrie eleison“, und zu Spieluhrmusik wird Gift durch den Kork der Weinflasche gespritzt. Nach Requiem und Totentanz gibt es vorm Finale noch eine entspannte Orchesterpassage zum Luftholen.
Zwar gibt es kein Theater, aber die Sprecher Clenda Lahr, Garrit Lange, Jannis Rösner und als Gast Peter Breitmann agieren so echt, dass man ihnen die Rollen abnimmt. Wie real Schauplätze sind, zeigt eine Szene in Breitmannns Klavierlädchen in Ober-Flörsheim: Zur Klangkulisse trägt Bernd Fachinger als Geräuschemacher bei. Im Vorfeld hat Wagner Geräusche von Pistolenschüssen, fahrenden Autos und Traktoren bis zu Sirenen und Polizeifunk gesampelt. So ist er mit Ablaufplan und Einspielen der Geräusche ausgefüllt, übernimmt aber gegen Ende doch eine Schlüsselrolle.
Wie Zahnräder greifen die Szenen des Stückes ineinander. Musik, Sprecher, Lichteffekte und Verkleidung – die Suche der Kommissare Maywald und Peters nach dem Mörder von Roland Speiss ist ein Spektakel, zu dem die eigene Fantasie den Film liefert.