Mainzer Landesmuseum: Die neue Direktorin Birgit Heide über die beiden Standbeine Archäologie und Kunst / Dauerausstellung wird umstrukturiert
Birgit Heide ist mit dem Landesmuseum bestens vertraut. Als neue Chefin möchte sie vor allem die Ärchäologie und die gesamte Dauerausstellung neu positionieren. Foto: Sascha Kopp
( Foto: Sascha Kopp)
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MAINZ - Seit 1. August leitet Dr. Birgit Heide das Mainzer Landesmuseum als neue Direktorin. Wir sprachen mit der studierten Archäologin und Expertin für Vor- und Frühgeschichte über künftige Aufgaben, Ziele und die Neuausrichtung der Dauerausstellung.
Frau Dr. Heide, Sie arbeiten seit 18 Jahren im Landesmuseum, kennen alle Winkel, alle Mitarbeiter. Ist das ein Vorteil als neue Chefin oder besteht die Gefahr der Betriebsblindheit?
Ich empfinde dies eher als Vorteil, weil ich sowohl die Vorzüge als auch die Nachteile kenne. Ich bin ganz gut mit der ganzen – nicht nur der archäologischen – Sammlung vertraut, und weiß daher, welches Potential wir haben. Dadurch, dass wir viel mit Kollegen aus anderen Direktionen der Generaldirektion Kulturelles Erbe zusammenarbeiten, hat man immer auch den Blick von außen, spricht über das eigene Haus, die Sammlungen oder Projekte.
Sie haben lange die archäologische Abteilung geleitet, die künftig mehr Präsenz und Relevanz bekommt. Als Teil der Neuausrichtung soll die Dauerausstellung umstrukturiert werden...
Wir können nicht einfach nur einen Raum freimachen und dort die Archäologie hineinsetzen. Das würde dem Haus und den Sammlungen nicht gerecht werden. Wir haben uns im Team mit den Kollegen vorgenommen, für die nächsten Monate und Jahre die gesamte Dauerausstellung auf den Prüfstand zu stellen. Entweder stockwerkweise oder wir gehen die Dauerausstellung komplett neu an. Wir wollen dabei aber bei einem chronologischen Rundgang bleiben, wobei die Archäologie wieder in die Räumlichkeiten integriert wird. Also zuerst Vorgeschichte, dann Römerzeit, Mittelalter und die ganze kunstgeschichtliche Abteilung bis zur Gegenwart.
Wie umfangreich ist die archäologische Sammlung?
Wir haben zirka 30 000 Inventarnummern- und komplexe, Objekte sind es aber wesentlich mehr, wobei die ältesten Fundstücke aus der Altsteinzeit vor 250 000 Jahren stammen.
Ein Zeichen für eine stärkere archäologische Ausrichtung ist die aktuelle „Vorzeiten“-Ausstellung. Wie ist die Publikumsresonanz?
Sehr positiv. Vor allem an den Wochenenden kommen viele Gäste. Großen Zuspruch findet das Begleitprogramm, die Vorträge sind sehr gut besucht. Gut laufen auch die Familienfeste zu Rittern oder Römern an den Wochenenden, bei denen wir jeweils bis zu 3500 Gäste hatten. Allein in diesem Jahr hatten wir jetzt schon zirka 50 000 Besucher bei uns im Museum.
Welchen Etat haben Sie zur Verfügung?
Es gibt innerhalb der Generaldirektion Kulturelles Erbe einen Gesamtetat in Höhe von 35,8 Millionen Euro. Jede Direktion erhält dabei ein Grundbudget, das die laufenden Kosten für Personal und Betrieb absichert. Zusätzlich gibt es ein Budget, das jedes Jahr je nach den Aktivitäten der einzelnen Häuser schwankt. Letztes Jahr bekam Trier mit seiner Nero-Ausstellung einen großen Teil, in diesem Jahr flossen dafür mehr Gelder direktionsübergreifend in die Archäologie und unsere „Vorzeiten“-Schau, die wir zusammen mit der Landesarchäologie gemacht haben. Dadurch, dass viele Sachen projektbezogen sind, werden die Mittel immer wieder neu justiert. Die Grundfinanzierung des laufenden Betriebs ist aber gleich geblieben
Wie soll die Steinhalle genutzt werden, wenn der Landtag wieder ausgezogen ist?
Im Momemt sind wir ganz glücklich mit der Zweiteilung, weil wir dadurch die Möglichkeit haben, die römischen Steindenkmäler zu zeigen und trotzdem einen Raum haben, der für Veranstaltungen oder Konzerte genutzt werden kann.
Welche Akzente wollen Sie bei den kunsthistorischen Abteilungen setzen?
Unser Haus ist ja aus zwei Museen erwachsen: dem Altertumsmuseum und der Gemäldegalerie. Es ist mir persönlich sehr wichtig, beide Standbeine zu zeigen – sowohl Archäologie als auch die Kunstgeschichte, die keinesfalls zu kurz kommen soll. Beispielsweise wird jetzt im Landesmuseum ein Forschungszentrum für das Werk von Max Slevogt installiert.
Haben Sie schon Ideen für künftige Ausstellungen?
Kommendes Jahr wird es noch einmal eine thematische Slevogt Ausstellung zu seinem 150. Geburtstag geben. Daneben sind weitere Projekte, unter anderem mit Mainzplus Citymaketing, in Planung. Die Ausstellungen sollten aber immer mit den Sammlungen zu tun haben. Am Herzen liegt mir ein Mittelalter-Thema, bei dem die verschiedenen Disziplinen zusammenarbeiten – Archäologen, Historiker, bis in die frühe Kunstgeschichte hinein. Beispielsweise hatte Mainz unter Erzbischof Willigis einen sehr hohen Stellenwert im gesamtdeutschen Reich. Wir haben dazu sehr bedeutende Fundstücke, allen voran die große Adlerfibel aus dem sogenannten Kaiserinnenschmuck...
Was bietet das Museum Kindern und Jugendlichen?
Ich denke, museumsdidaktisch sind wir sehr gut aufgestellt, versuchen aber unser Angebot und die Kooperationen mit Schulen weiter auszubauen. Dieses Jahr haben wir einen Kinderclub gegründet und mit dem Projekt „Kultur macht stark“ des Deutschen Museumsbundes viele junge Besucher, teilweise auch mit Migrationshintergrund, erreichen können. Jugendliche führen dabei als Scouts Kinder durchs Museum. Es ist total spannend zu sehen, wie Kinder mit unseren Museumsobjekten gedanklich umgehen.
Gibt es Pläne, den Innenhof des Museums stärker zu nutzen?
Zuletzt waren hier Skulpturen des Künstlers Erwin Wortelkamp zu sehen. Im Oktober werden anlässlich der Eberhard Linke-Retrospektive „Landschaft und Skulptur“ auch einige seiner Arbeiten im Hof ausgestellt. Die Freifläche soll aber nicht dauerhaft bespielt, sondern eher für künstlerische „Interventionen“ zur Verfügung stehen. Aber auch für für sporadische Veranstaltungen wie das sommerliche Open Air-Kino, das ich gerne fortführen würde, unsere Familienfeste oder das Sommerfest von Villa Musica.
Gesetzt den Fall, die Generaldirektion würde ein Füllhorn an Geld über dem Haus ausschütten – was wäre Ihre Traum-Ausstellung?
Einer meiner absoluten Täume wäre eine Schau zu Picasso im Umfeld der klassischen Moderne. Viele Besucher wissen gar nicht, dass wir zwei Picassos im Landesmuseum haben.