MAINZ - Im Rahmen des Gesundheitskonzepts „Mainz KERNGESUND“ der Stadt, das unter anderem eine Plattform zum Austausch zwischen Unternehmen, Verbänden und Institutionen aus dem Gesundheitsbereich bietet, luden die zwei international bekannten Mainzer Biotech-Unternehmen „BioNTech AG“ und „PharmGenomics GmbH“ in die Räume von BioNTech an der Goldgrube ein. Dabei stellte Dr. Sierk Poetting von BioNTech mit der individualisierten Krebsimmuntherapie eine neue und möglicherweise bahnbrechende Therapie zur Bekämpfung vieler Krebsarten vor.
Nicht jede Erkrankung verläuft gleich
Weil Chemo- und Radiotherapien neben den Krebszellen auch gesunde Zellen vernichteten und der Patient dadurch mit schweren Nebenwirkungen zu kämpfen habe, andere Therapiemöglichkeiten aber lediglich an einer kleinen Gruppe von Erkrankten Anwendung fänden, geringe Heilungschancen in Aussicht stellten und mit hohen Kosten sowie einem großen Aufwand verbunden seien, solle im Behandlungskonzept von BioNTech das Immunsystem selbst zur Bekämpfung der erkrankten Zellen angeleitet werden.
Anhand von diagnostischen Biomarkern könnten Krankheitsprofile von Patienten und dadurch individualisierte Behandlungspläne erstellt werden. Denn Brustkrebs sei nicht gleich Brustkrebs und Darmkrebs nicht gleich Darmkrebs. Trotz derselben Lokalisierung unterschieden sich die Krebszellen des einen Patienten von den Zellen des anderen in ihrem Aussehen. Dadurch ist es Poetting und seinem Team nach eigenem Bekunden möglich, durch eine Analyse des Blutes die Mutationen der unterschiedlichen Zellen auszumachen, Steckbriefe zu erstellen und ein Medikament zu entwickeln, das auf die jeweilige Krebszelle ausgerichtet ist.
Bei Impfung des Medikaments beginne der Körper, die Zellen anhand des Steckbriefes zu filtern und die erkrankten Zellen zu bekämpfen, ohne jedoch dabei gesunde zu beschädigen. „Ich spritze Informationen in den Körper und der Körper weiß, was er tun soll“, so Poetting. Durch die Anpassung des Medikaments an die Krebszelle sei dieser Behandlungsansatz darüber hinaus zur Behandlung vieler Krebsarten geeignet. In einer Studie mit 13 austherapierten, an schwarzem Hautkrebs erkrankten Patienten seien acht nach drei Jahren noch metastasenfrei gewesen, bei fünf seien neue Metastasen gebildet worden. Drei Patienten seien stabilisiert, einer verstorben und der Letzte aus der Studie ausgestiegen. Dass dies zwar kein klarer Beweis für die Wirkung sei, räumt Poetting ein, doch das Resultat besitze eine hohe Aussagekraft.
Zwar haben die bisherigen Studien nur in stationärer Behandlung stattgefunden, doch aufgrund der bisher beobachteten geringen Nebenwirkungen wäre es für Poetting auch vorstellbar, dass die Patienten während des Behandlungszeitraums zukünftig zuhause bleiben. Das sei jedoch noch Zukunftsmusik. Das Medikament, für dessen Herstellung bisher vier Wochen benötigt, doch für die kommerzielle Produktion zwei Wochen angestrebt werden, benötige zunächst noch weitere Tests.
Fortschritt in der Darmkrebs-Diagnose
Einen beachtlichen Fortschritt in der Diagnose von Darmkrebs stellte unterdessen Dr. Dr. Jochen Felbel der PharmGenomics GmbH mit dem ColoAlert-Verfahren vor, eine Kombination aus Okkultblut- und Gentest. Während herkömmliche Verfahren lediglich Blut im Stuhl feststellten und dieses untersuchten, werde im ColoAlert-Verfahren die Darmschleimhaut abgeschilfert und diese durch eine Gendiagnostik auf Tumorzellen untersucht. Laut Felbel ist so eine Detektion bereits vor einer mikroskopisch nachweisbaren Gewebeveränderung möglich und ein sicherer Hinweis auf Krebs, ohne die Gefahr eines verfälschten Ergebnisses durch beispielsweise eisenreiches Essen. Da jedoch die Lokalisierung des Krebs’ fehle, stelle diese Methode keinen Ersatz für herkömmliche Verfahren dar.