MAINZ - Was haben Klimawandel und Nachforschungen im Mittelalter gemeinsam? Das ist das Thema der 36. Runde von „Universität im Rathaus“. Dr. Jan Esper, Professor am Geografischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), wird hierbei seinen Vortrag „Das Klima der letzten 1000 Jahre: Befunde und Mythen” halten.
Esper ist gewissermaßen „Klimahistoriker” – sein Spezialgebiet und die Grundlage seiner Forschungsergebnisse ist die sogenannte Dendrochronologie: Die Datierungsmethode, bei der die Jahresringe von Bäumen anhand verschiedener Faktoren einer bestimmten Wachstumszeit zugeordnet werden, ist für viele eine Faustregel, für ihn aber eine ausgefeilte und ausgereifte Wissenschaft.
„Baumringe sind ein einmaliges Archiv”, erklärt er. Der Klimatologe lernte und unterrichtete Geografie und Klimatologie in Bonn, New York und der Schweiz, ehe er den Lehrstuhl an der JGU übernahm.
Esper stellt in seinem einstündigen Vortrag im gut besuchten Ratsaal des Rathauses ganz Grundlegendes klar: „Wir überschätzen unser Verständnis der Klimavariationen.” 1000 Jahre, also bis ins Mittelalter, gehen Esper und seine Forschungskollegen der Klimatologie zurück. Aber um einen Überblick und Verständnis für das globale Verhalten des Klimas zu erlangen, muss man mehr als 1000 Jahre zurückgehen.
Mangel an Jahreszeiten auf der Südhalbkugel
Hier aber wird die Aussagekraft der Dendrochronologie konkret: „Uns fehlt fast gänzlich der Süden”, sagt Esper, dessen Bohrkerne quasi ausschließlich von Bäumen aus der nördlichen Hemisphäre stammen (er versichert besorgten Gäste seines Vortrags, dass kein Baum dadurch Schaden nehme). Der Mangel an tatsächlichen Jahreszeiten im Süden schwächt die Aussagekraft der Jahresringe. Was Esper in seinem Vortrag fordert, ist deswegen klar: „Wir brauchen mehr Klimarekonstruktion. Mehr Standorte, mehr Proben. Wir müssen Daten generieren, mit denen man arbeiten kann.”
Der Vortrag stellt auch die Frage, wie sich das Klima seit der Industrialisierung, also seit etwa 1850, verändert hat. Mit der Einführung und Verbreitung von Verbrennungsmotoren wird das Klima schwer beeinflusst. Die Sorgen eines Zuhörers diesbezüglich kommentiert Esper besorgt: „Eins ist klar”, sagt der Klimatologe, „wenn wir weiter CO2 in diesem Maße ausstoßen, spielen wir ein Spiel mit einem hohen Einsatz.”