Es klingt widersinnig: Aber wegen des Coronavirus droht jetzt unter anderem in Krankenhäusern in Mainz und Bingen Kurzarbeit. Marienhaus rechnet mit einem 30-Millionen-Euro-Minus.
Von Michael Bermeitinger
Lokalredakteur Mainz
Auch für das KKM in Mainz wurde Kurzarbeit angekündigt.
(Foto: Harald Kaster)
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MAINZ/WALDBREITBACH - Die Marienhaus Unternehmensgruppe, zu der 20 Kliniken und 22 Senioreneinrichtungen vor allem in Rheinland-Pfalz und im Saarland gehören, hat Donnerstagnachmittag angesichts finanzieller Einbußen durch die Corona-Krise angekündigt, Kurzarbeit anzumelden. In einem Brief an Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU) beklagt die Gruppe, die ihren Sitz in Waldbreitbach im Westerwald hat, dass die Unterstützung nicht ausreiche. Ohne Kurzarbeit würde man um „Teilbetriebsschließungen und betriebsbedingten Kündigungen nicht herumkommen“.
Am Katholischen Klinikum Mainz (KKM) beginnt die Kurzarbeit nächste Woche im Bereich Reinigung und Transport. Das Gesundheitsministerium in Mainz erklärte in einer ersten Stellungnahme von Donnerstagabend, dass die Ankündigung der Marienhaus-Gruppe zum jetzigen Zeitpunkt unverständlich sei.
Umfunktionierung zu Corona-Kliniken
Die Marienhaus-Einrichtungen, zu der auch das Katholische Klinikum Mainz (KKM) und das Heilig-Geist-Hospital Bingen gehören, beschäftigt mehr als 13.000 Menschen. Um die Einrichtungen und die Arbeitsplätze zu schützen, fordert das Unternehmen, den Rettungsschirm für Krankenhäuser nachzubessern. Statt der Pauschale von 560 Euro, die für ein frei gehaltenes Bett pro Tag gezahlt werde, sei eine Aufstockung auf 700 Euro nötig. Hier hoffe man auch auf die Unterstützung der rheinland-pfälzischen und saarländischen Gesundheitsministerinnen Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) und Monika Bachmann (CDU).
Loreley-Kliniken schließen
Parallel zu den Kurzarbeitsplänen wurde am Donnerstag bekannt, dass die Marienhaus-Gruppe nur noch bis zum 30. September den Betrieb in den Loreley-Kliniken in St. Goar und Oberwesel aufrechterhalten will. Dann sollen die Kliniken am Mittelrhein schließen. Das sei das Ergebnis einer Sitzung der Gesellschafter am Donnerstag gewesen, teilte ein Sprecher des Konzerns mit, der Mehrheitsgesellschafter der Kliniken ist.
2019 hatte der Konzern mit seiner überraschenden Ankündigung eines Rückzugs Demonstrationen ausgelöst. Das Deutsche Rote Kreuz, das zunächst für Marienhaus einspringen wollte, machte einen Rückzieher.
Das Gesundheitsministerium in Mainz erklärte zur Freihaltespauschale, dass es erst durch rheinland-pfälzische Initiative eine 30-prozentige Erhöhung auf 560 Euro erreicht worden sei. Gerade bei kleineren Krankenhäusern, von denen die Marienhaus-Gruppe einige betreibe, sollte die Pauschale die Einnahme-Ausfälle angemessen kompensieren. Sollte sich aus der Prüfung der Kostenentwicklung durch den eingesetzten Beirat von Kliniken und Kassen Nachbesserungsbedarf ergeben, werde sich Rheinland-Pfalz auf Bundesebene für eine Erhöhung der Freihaltepauschale für Maximal- und Schwerpunktversorger der Covid-19 Patienten einsetzen.
Die Marienhaus-Gruppe erklärt, dass man der der politischen Anweisung, alle nicht dringend notwendigen Eingriffe abzusagen und sich auf eine große Zahl von Covid-19-Patienten einzustellen, nachgekommen sei. „Daraufhin ist die Belegung in unseren Krankenhäusern eingebrochen und liegt derzeit bei weniger als 40 Prozent“, heißt es in dem Schreiben. Gleichzeitig habe man fünf Krankenhäuser zu Corona-Kliniken umfunktioniert.
Sollte sich nichts ändern und die Krise mehrere Monate anhalten, gehe die Marienhaus-Gruppe für 2020 von einer Erlös- und Liquiditätslücke von über 30 Millionen Euro aus. Deshalb sehe man sich „leider gezwungen, in Teilbereichen, die nicht unmittelbar zur Versorgung aktueller und eventuell zukünftiger Covid-19-Patienten benötigt werden, Kurzarbeit anzumelden“, heißt es in einem Schreiben an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Kurzarbeit betreffe weder Ärzte und Ärztinnen noch Pflege- oder Funktionspersonal, so das Unternehmen auf Anfrage unserer Zeitung.
Am Standort Mainz beginne die Kurzarbeit nächste Woche, so der Sprecher der Unternehmensgruppe, Heribert Freiling. Aufgrund der aktuell deutlich geringeren Belegung würden zunächst die Beschäftigten aus den patientenfernen Bereichen der hgh Service (Reinigungs- und Transportdienst) in Kurzarbeit gehen. Von 120 Mitarbeitern in diesem Bereich betreffe es rund 100.
Trotz des Kurzarbeitergeldes der Agentur für Arbeit, das einen Teil der Verdienstausfälle deckt, werden die betroffenen Arbeitskräfte erheblich Einkommenseinbußen hinnehmen müssen.