Kitas und Politik: Mainz will Familien stärker fördern
Mit dem Kita-Zukunftsgesetz soll die Chancengleichheit verbessert werden, so die Position des Bildungsministeriums. Mainz stellt dafür ein besonderes Budget zur Verfügung.
Von Alexander Schlögel
Das neue rheinland-pfälzische Kita-Zukunftsgesetz will die Chancen für bedürftige Familien verbessen, je nach Bedarf auch unterschiedlich in den einzelnen Stadtteilen. Dazu werden in einem ersten Schritt sogenannte Sozialraum-Daten erhoben.
(Archivfoto: dpa)
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MAINZ - Was in Deutschland aus einem Kind wird, bestimmt oft der soziale Status der Eltern. Zu oft, findet die rheinland-pfälzische Landesregierung und setzt nun bei den Jüngsten an. Seit August 2019 gibt es das Kita-Zukunftsgesetz. Das will dafür sorgen, die Chancengleichheit zu verbessern – so ein Positionspapier des Bildungsministeriums.
Ein Instrument dafür ist das Sozialraumbudget: Etwa fünf Millionen Euro jährlich stehen dem Amt für Jugend und Familie zur Verfügung. Die damit verbundene Zielsetzzung lautet: „...um über die Regelpersonalausstattung hinausgehende personelle Bedarfe abzudecken, die aufgrund der sozialräumlichen Situation der Kindertagesstätte oder anderer personeller Bedarfe hinausgehen“, wie Heinz Müller vom Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz (ism) erläutert. Sein Rahmenkonzept zur Umsetzung des Sozialraumbudgets hat er jetzt der Arbeitsgruppe Kindertagesbetreuung des Jugendhilfeausschusses vorgestellt.
Die einzelnen Stadtteile im Vergleich
Von einer „paradigmatischen Veränderung“ spricht Müller, die Kitas in Richtung Kinder- und Jugendhilfe zu lenken und damit auch Familien stärker einzubinden. Das Konzept sieht vor, zunächst die Sozialräume und die darin ansässigen Kitas zu identifizieren, die in der Förderung berücksichtigt werden müssen. So sollen die einzelnen Stadtteile hinsichtlich verschiedener Daten verglichen werden – etwa wie viele „unter Siebenjährige ohne deutsche Staatsangehörigkeit“ in einem Stadtteil leben, wie hoch der Anteil der Kinder im SGBII-Bezug oder der Anteil der Familien und jungen Menschen mit „Hilfe zur Erziehung“ ist.
DEFINITION
Unter dem Begriff „Sozialraum“ versteht man nach Landesdefinition „die sozialstrukturellen und -kulturellen Gegebenheiten in einem entsprechend zu beschreibenden Raum. Dazu gehören auch Lebensbedingungen und ihre Unterschiede auf Stadtteilebene.
Dazu soll auch der Anteil Alleinerziehender in den Kitas, das Schulartwahlverhalten oder der Anteil von Kindern mit Beeinträchtigung analysiert werden. Zu berücksichtigen ist auch die Infrastruktur vor Ort – sowohl technisch als auch sozial. Dabei geht es darum, ob Familien neben Kitas auch andere Anlaufstellen in ihrer Umgebung haben.
Im nächsten Schritt soll die Hilfe dann bei denen ankommen, die es nötig haben. Etwa in Form von Kita-Sozialarbeit. Durch Elterncafés oder gemeinsame Unternehmungen sollen die Familien miteinander vernetzt werden. Familien in Krisen erhalten dann Unterstützung, es soll auch Hilfe im Umgang mit Ämtern und Behörden geleistet sowie in Zusammenarbeit mit den Kita-Leitungen der Zugang zu weiteren Angeboten des Amtes für Jugend und Familie eröffnet werden. Geplant ist zudem ein Ausbau der Familienzentren und die Berücksichtigung von Fachkräften für interkulturelle Arbeit.
Erziehungskräfte für französische Spracharbeit
Auch „Erziehungskräfte für französische Spracharbeit“ sind eingeplant. So richtig los geht das Programm im Juli. Bis dahin muss noch an den Details gefeilt werden. Diese werden „zu einem späteren Zeitpunkt im Jugendhilfeausschuss zur Beschlussfassung vorgelegt“, sagt Müller.
Für Manuela Speth, Leiterin Kindertagesstätten beim Studierendenwerk, ist noch offen, welcher Stadtteil denn für sie zugrunde gelegt wird, kämen doch die Eltern als Studierende aus einem weiten Einzugsbereich. „Inwieweit sozialraum-übergreifend Einrichtungen oder Träger einbezogen werden können, muss man im Rahmen der Konzeptionierung diskutieren“, antwortet Jugendhilfeplaner Klaus Cartus.
Das grundsätzliche Einverständnis mit den Plänen ist in der Arbeitsgruppe jedoch gegeben – wie das Nicken aller Teilnehmer in der Videokonferenz am Ende zeigt.