Johannes Gutenbeat: Der Mainzer Lasse Fliedner über seinen Rap-Song zum Bibelturm
Von Paul Lassay
Lokalredakteur Mainz
Lasse Fliedner alias „Johannes G“ ist mit seinen 21 Jahren und seiner Art des Beitrags eine ungewohnte Stimme in der Diskussion um den Bibelturm. Foto: Fliedner
( Foto: Fliedner)
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MAINZ - Und plötzlich sitzt der Pro-Bibelturm-Rapper inmitten der Turm-Gegner. Zufällig hat sich die BI exakt den gleichen Treffpunkt ausgesucht und sich auf dem Liebfrauenplatz um ihn gruppiert. Mit Plakaten und allem, was dazugehört, ein Kamerateam ist auch dabei. Lasse Fliedner kennen sie nicht, aber der eine oder andere wird den 21-Jährigen mit den Dreadlocks vielleicht bald nochmal im Internet sehen. Wie es schon über 1700 Leute auf YouTube getan haben. Fliedner hat kürzlich auch ein Video auf dem Liebfrauenplatz gedreht als „Johannes G“. „Ich bin selfmade, Mann des Jahrtausends, bau diesen Turm und du kannst ihn bestaunen“, heißt es da. „Ich war der erste Influencer, in meiner Zeit starb man an Influenza.“
Mit seinen 21 Jahren ist Fliedner alias „L-Busy“ eine eher ungewöhnliche Stimme in der Auseinandersetzung um den Turmbau, die sonst vor allem unter älteren Semestern ausgetragen wird. Erst vor Kurzem hat sich der Bretzenheimer sein eigenes Studio zu Hause zusammengebastelt. Dort produziert er Songs von Freunden, schraubt an eigenen Beats. Als eigener Rap-Song war der „Turmbau zur Bibel“ eine Premiere für den Musikstudenten.
Die Idee, einen Song zum Bibelturm aufzunehmen, kam seinem Vater Stephan Fliedner, bei der Stadt verantwortlich für die Bibliotheken. „Er hat mir auch ein bisschen mittelalterliche Musik aus der Zeit Gutenbergs geschickt – daraus hab ich dann den Beat gemacht.“ Das Thema Bibelturm habe er zu der Zeit eher am Rande verfolgt. „Ich habe parallel an dem Song gebastelt und mir eine Meinung zu dem Thema gebildet“, erzählt Fliedner. Im Internet las er sich Informationen über Johannes Gutenberg an, um den Text zu schreiben. „Ich lieh mir zweimal 800 Gulden, bin ein Ehrenmann, ich bezahl die Schulden, und wofür nahm ich diesen Kredit auf, damit ihr meinen Bibelturm eh nicht baut?“ Am Erfinder des Buchdrucks beeindrucke ihn am meisten der Einfluss, den er auf das Weltgeschehen hatte. „Und dass er wirklich aus Mainz kam, durch dieselben Straßen gelaufen ist, denselben Dom gesehen hat – auch wenn der damals noch anders aussah.“ Auch der wirtschaftliche Mut, Schulden für seine Erfindung aufzunehmen, sei eindrucksvoll. „Das erinnert schon an die heutige Geschäftswelt. Kann man schon ehren, cooler Typ.“
DAS VIDEO
Zu finden ist der Song im Internet auf YouTube unter dem Titel „Turmbau zur Bibel“. Link: https://bit.ly/2GCHz1N.
Das Video zum Song drehte der ehemalige Frauenlob-Schüler mit einem Freund innerhalb eines Tages. „Der hat da echt Gold draus gemacht“, sagt Fliedner und lacht. Das Endprodukt könne sich sehen lassen. Gedreht wurde nicht nur auf dem Liebfrauenplatz, sondern unter anderem auch im Gutenberg-Museum – ohne dessen Wissen. „Mal schauen, wie die reagieren.“
Der Bibelturm könne etwas zum Stadtbild beitragen, sagt Fliedner. „Das könnte an dem Platz ganz cool aussehen.“ In seinem Song lautet die Prognose: „Also bau diesen Bibelturm, und die Touris fegen über Mainz wie ein Wirbelsturm.“ Bei anderen Projekten wie der neuen Synagoge mit ihrer ungewohnten Architektur oder der Mainzelbahn sei er auch anfangs skeptisch gewesen – am Ende hätten sie aber überzeugt. In seinem Freundeskreis sei das Thema nicht sehr präsent, erzählt Fliedner. Es gebe Befürworter und Gegner, aber „viele juckt das nicht“. Und während der Song natürlich auch „ein bisschen Comedy und Spaß“ sei, könne er eventuell auch ein bisschen auf das Thema aufmerksam machen. „Vielleicht machen sich dann ein paar Leute ihre Gedanken dazu.“ Auf die im Rap sonst weit verbreiteten Schimpfworte habe er bewusst verzichtet.
Ob Fliedner selbst den Turmbau aus nächster Nähe erlebt, ist derweil fraglich. Langfristig soll die Musikproduktion zum Beruf werden. Musikdesign, Popmusikdesign oder Komposition lauten daher die angepeilten weiteren Studiengänge – die es aber nicht in Mainz gibt. Aber erst mal gilt: „Gutenberg, Gutenberg, Gutenberg – du willst es mit mir aufnehmen? Guter Scherz.“