Sechs Prozent derjenigen, die unter Schlafstörungen leiden, müssten eigentlich medizinisch behandelt werden, doch Plätze in einem Schlaflabor sind rar. Archivfoto: TK/dpa/gms
( Foto: )
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
MAINZ - Menschen befinden sich irgendwo zwischen Schweinen und asiatischen Elefanten – zumindest wenn es ums Schlafen geht. Das berichtete der Psychologe Dr. Hans-Günter Weeß rund 50 Zuhörern im Rathaus. Während sich das Borstenvieh durchschnittlich 8,4 Stunden auf die Ohren legt, schlummert der Dickhäuter nur 5,3 Stunden. Deutsche liegen in der Mitte und genehmigen sich dem Leiter des Schlafzentrums im Pfalzklinikum Klingenmünster knapp sieben Stunden Nachtruhe.
Doch nicht jeder kann sich über einen erholsamen Schlaf freuen, wie die Referenten der Fachveranstaltung „Gesunder Schlaf – neue Wege ...“ betonten. So erzählte der Trierer Hausarzt Carl-Heinz Müller, dass 25 Prozent der Bevölkerung an Schlafstörungen leiden. Etwa sechs Prozent müssten eigentlich medizinisch behandelt werden. „Das ist kein Zipperlein“, betonte der Arzt mit Blick auf chronische Störungen. Doch viel zu oft gebe es weder eine richtige Diagnose noch eine Therapie. Die Folgen: Ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, verminderte Leistungsfähigkeit, Gemütsverfinsterungen, sogar Krebserkrankungen sollen sich bei Menschen ohne ausreichend Schlaf häufen. Aber auch Sekundenschlaf am Steuer und 21 Prozent aller „kritischen Ereignisse“ in der Luftfahrt seien, ergänzte Weeß, durch Übermüdung verursacht. Müller will diesen Missständen mit dem Aufbau von „Versorgungsnetzen“ begegnen. Dass Patienten teilweise mehrere Monate warten müssten, um einen Platz in einem Schlaflabor zu erhalten, sei inakzeptabel. Schlafstörungen sind aber auch ein Ergebnis der modernen Leistungsgesellschaft, lautet eine These von Weeß. Schichtarbeit und beruflicher Dauerstress nagten an der Nachtruhe. „Der Schlaf wird immer weiter zurückgedrängt“, glaubt der Psychotherapeut. Zudem herrschten in der Gesellschaft falsche Ideale vor. Schlafen sei schlicht nicht „hip“, als stark gelte, wer ohne auskomme.
Auch bei den Schulen liege manches im Argen. Gerade pubertierende Jugendliche sollten länger schlafen dürfen und nicht schon um acht Uhr die Schulbank drücken müssen. „Ich sage, Deutschland steht zu früh auf“, so Weeß. Forschungsergebnisse deuteten darauf hin, dass Schüler, deren Unterricht später beginne, bessere Noten erreichen.
Schlaftabletten sind für Weeß nur eine kurzfristige Lösung bei Störungen. Die Gefahr, abhängig zu werden, sei riesengroß. Er empfiehlt daher verhaltenstherapeutische Ansätze. Klinikaufenthalte würden aber leider von vielen Krankenkassen nicht bezahlt. Auch das sei ein Missstand.
Hintergründe aus der HNO-ärztlichen Praxis erläuterte Professor Wolf Mann, Leiter der Römerwallklinik, während Lungenfachärztin Dr. Dagmar Gillmann-Blum über „Obstruktive Atemwegserkrankungen in der pneumologischen Facharztpraxis“ sprach.