Ja oder nein zum Bibelturm? Bei dieser Frage geht ein Riss durch die Mainzer CDU
Die Meinung der CDU zum Bibelturm scheint klar. Zumindest die der Stadtratsfraktion. Sie will, dass er gebaut wird. Doch außerhalb der Rathaus-CDU wackelt die Front: Der Stadtbezirk Altstadt erklärte, dass er den Bau ablehnt, und ebenso sagt die Junge Union „Nein“ zum Turm.
Von Carina Schmidt, Paul Lassay und Michael Bermeitinger
Auf Plakaten der Bibelturmgegner zeigt auch der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Gerster Gesicht. Foto: Sascha Kopp
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MAINZ - Die Meinung der CDU zum Bibelturm scheint klar. Zumindest die der Stadtratsfraktion. Sie will, dass er gebaut wird. Doch außerhalb der Rathaus-CDU wackelt die Front: Der Stadtbezirk Altstadt erklärte, dass er den Bau ablehnt, und ebenso sagt die Junge Union „Nein“ zum Turm. Auch eine vom Kreisverband mit den Ampel-Parteien vereinbarte Flyer-Aktion soll an der Basis auf wenig Gegenliebe gestoßen sein, heißt es aus Insider-Kreisen. Auf eine Anfrage an die Stadtbezirke, wer wie viele Pro-Bibelturm-Zettel in die Briefkästen stecken will, habe nur Hartenberg-Münchfeld eine positive Rückmeldung gegeben.
Skeptische Kommentare und Beifall für die Turm-Gegner
Das Bild vom Riss durch die Partei wird dadurch abgerundet, dass CDU-Leute in den sozialen Netzwerken skeptische Kommentare abgeben oder den Gegnern mehr oder minder offen applaudieren. Und es sind nicht die Unwichtigsten.
„Chapeau!“ schrieb etwa Kreisvorsitzende Sabine Flegel auf der Facebook-Seite der Bibelturm-Gegner unter einen Film, in dem viele Mainzer Position gegen den Turm ergreifen. „Chapeau!“, also so viel wie „Hut ab!“ – aber damit will sie nicht die BI-Position gemeint haben, sondern nur die Machart des Films. „Er ist beeindruckend gut gemacht, obwohl Laien am Werk waren“, so die CDU-Chefin, die im Stadtrat dem Turm ihr „Ja“ gegeben hat. Zweifel am Beschluss? Keinesfalls.
Dazu, dass nur Hartenberg-Münchfeld bereit gewesen sein soll, Pro-Flyer zu verteilen, sagt sie: „Das stimmt so nicht“ – ohne zu sagen, wer mitmachen will. Dass es wegen der Flyer-Aktion Unmut gebe, bestätigt sie aber. Zur Altstadt-CDU meint Flegel: „Die Stadtteile sind autonom zu betrachten.“ Im Gegensatz zur SPD hätten die Christdemokraten keinen Parteitagsbeschuss über den Bibelturm gefasst. Die Altstadt sei in besonderem Maße betroffen. Insofern könne sie mit der Ablehnung leben.
Stadtratsfraktionschef Hannsgeorg Schönig hebt ebenfalls die Autonomie der Stadtteile hervor, zeigt sich er aber auch zerknirscht: „Ich hätte mir eine breiter angelegte Diskussion gewünscht. Die Zukunft des Gutenberg-Museums beschäftigt ja nicht nur die Altstadt.“ Dass es in seinen Reihen nicht nur Bibelturm-Befürworter gebe, sei keine Neuigkeit. „Der Beschluss in der Fraktion wurde mehrheitlich gefasst, nicht einstimmig.“ Insofern habe es von Anfang an Gegner gegeben, die offen Flagge gezeigt hätten.
Vorsitzender der Altstadt-CDU von Beginn an gegen Turm
Einer ist Stadtratsmitglied Thomas Gerster, Vorsitzender der Altstadt-CDU, die bei nur einer Gegenstimme „Nein“ gesagt hat; ebenso sein Vater Johannes, kämpferisches CDU-Urgestein mit bestem Zugang zur Basis. Die Fraktion sei „in etwas hineingerissen worden, das nicht überschaubar war“, vermutet der langjährige Bundestagsabgeordnete und lautstarke Bibelturm-Gegner. Nun wolle die Fraktion öffentlich nicht mehr davon abrücken. Seiner Meinung nach hielten sich unter den CDU-Mitgliedern Befürworter und Gegner in etwa die Waage.
Auch Felix Leidecker, stellvertretender CDU-Chef und langjähriger Vorsitzender der Jungen Union, hält nicht hinter dem Berg. Er quittiert bei Facebook auf der Seite der Bibelturmgegner den Film-Post mit Zustimmung. Genauso sein Nachfolger an der JU-Spitze, Torsten Rohe. Kein Wunder also, dass sich die Jungunionisten nun klar positioniert haben. Sie fordern die Stadt auf, „eine vernünftige Finanzierung aufzustellen“, denn „wir sehen es kommen, dass die Stadt am Ende für die anderen Bauabschnitte Geld aufbringen muss, das sie nicht hat.“ Am besten wäre es, wenn das Gutenberg-Museum Landesmuseum würde.
Auch Landtagsabgeordneter Gerd Schreiner, der bei Twitter die Stadt-Broschüre zur Bürgerbefragung (12 Seiten, davon eineinhalb für die Gegner, wenige Zeilen zur Finanzierung) ironisch als „total neutral“ bezeichnet hatte, sieht die Geld-Frage kritisch. Und da hat die Stimme des haushaltspolitischen Sprechers der Landtags-CDU Gewicht: „Wenn es mein Haus und mein Geld wäre, hätte ich ein Gesamtkonzept ohne Fragezeichen hinter der Gesamtfinanzierung, bevor ich anfange_...“, twittert er. Die Ratsfraktion kritisiert er nicht. „Sie musste sich positionieren und hat sich positioniert.“
Ausschussmitglieder nicht im Regen stehen lassen
Nichtsdestotrotz sind sich Beobachter sicher, dass zumindest Teile der Stadtrats-CDU ins „Ja“ zum Turm mehr hineingeschlittert sind, denn aus echter Hingabe zugestimmt haben. Auf die Frage, warum man mit Ja votiert habe, sagte ein Insider einmal: „Man wollte die Leute, die in den Ausschüssen daran mitgearbeitet haben, nicht im Regen stehen lassen.“ Außerdem fühle sich die CDU der Stadträson, dem Wohl der Stadt verpflichtet. Allerdings heißt es auch, man habe das Thema schlicht unterschätzt.