Im Hartenbergpark schlummern in der Tiefe unterirdische Gänge aus dem 19. Jahrhundert
Von Bernd Funke
Am freigelegten Mauerwerk im Hang unterhalb der ehemaligen Peter-Jordan-Schule in Hartenberg-Münchfeld ist die Unterkellerung eines Forts aus dem 19. Jahrhundert deutlich zu sehen. Es handelt sich dabei aber nicht, wie eine AZ-Leserin vermutete, um Reste eines Römerkastells. Foto: Markus Grendel
( Foto: Markus Grendel)
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MAINZ - AZ-Leserin Nicole Woider-Lee denkt an „unvergessliche Kindheitserlebnisse“, denkt zurück an das „unterirdische Tunnelsystem“ auf dem Hartenberg, das sie in „Schatzsucher-Manier“ erkundet hat. Jetzt ist Nicole Woider-Lee aufmerksam geworden auf freigelegtes Mauerwerk im Hang unterhalb der ehemaligen Peter-Jordan-Schule und sie zieht ihre Schlüsse: „Wer sich die geografische Lage und Gegebenheiten des Hartenbergsparks genauer ansieht, kann kaum leugnen dass es sich hier um eine burgähnliche Anlage, oder zumindest um die Reste eines Römerkastells handelt.“ Die freigelegten Mauern seien der Beweis: „Hier verbirgt sich ein vergessenes Geheimnis.“
Für den Archäologen Dr. Jens Dolata von der Außenstelle Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) sind die Mauern allerdings kein „vergessenes Geheimnis“. „Es ist weder eine burgähnliche Anlage noch der Rest eines römischen Kastells, nicht einmal barocker Festungsbau, sondern ein Teil der Mainzer Fortifikation des 19. Jahrhunderts“, klärt der Experte auf.
In der Tat befindet sich unter dem Hartenberg ein weitverzweigtes Gängesystem, das drei Forts, also die drei militärischen Befestigungsanlagen, miteinander verband. Zu ihnen gehörte neben dem Fort Gonsenheim (gebaut ab 1862, an das heute das wiederaufgebaute Tor der Befestigung gegenüber dem SWR erinnert), das Fort Hartenberg, das, von der Wallstraße kommend, am heutigen Aufgang zum Park lag, und das Fort Hartmühl am Parkeingang in der Nähe der ehemaligen Peter-Jordan-Schule. Gebaut wurde das Fort Hartmühl von österreichischen Pionieren, geplant hatte es der Ingenieur und spätere General Franz Scholl, der 1824 mit dem Ausbau der Festung Mainz beauftragt worden war. Unter seiner Leitung entstand übrigens auch die Reduit in Kastel.
Zwischen den beiden Anlagen auf dem Hartenberg verlief eine von einem Graben umgebene „Verbindungsbatterie“. Diese beiden Forts waren zunächst im Deutschen Bund und später im Kaiserreich Verteidigungsposten gegen den „Erbfeind“ Frankreich, aber auch Ausgangspunkt für militärische Aktionen. Denn: Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 war Mainz strategisches Hauptquartier. Und der Hartenberg hatte die Funktion, mit dem Rheingauwall die Neustadt zu schützen.
Der Versailler Friedensvertrag beendete 1918 die rund 300-jährige Geschichte der „Festungsstadt“ Mainz. Die Festungsanlagen wurden allerdings hauptsächlich nur oberirdisch abgetragen. So konnte sich die lediglich zugeschüttete Unterkellerung auf dem Hartenberg erhalten. Seit 1979 gibt es dort, wo sich die beiden Forts befanden, den rund 18 Hektar großen Hartenbergpark. Und in der Tiefe schlummern noch Gänge der militärischen Anlagen …