Hong Van Dao betreibt seit 15 Jahren den Kiosk am Kaisertor in der Mainzer Neustadt
Seit 15 Jahren spielt sich das berufliche Leben von Hong Van Dao in einem 20 Quadratmeter großen Kiosk am Kaisertor in der Neustadt ab. Nachdem sie zunächst als Angestellte tätig war, übernahm die gebürtige Vietnamesin den kleinen Laden 2007 selbst und hat dort nun stets ein Herz und ein Ohr für ihre Kunden.
Von Carina Schmidt
Lokalredakteurin Mainz
Hong van Dao in ihrem Kiosk am Kaisertor in der Mainzer Neustadt. Foto: Torsten Boor
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MAINZ - Manche Kunden nennen sie „Frau Sommer“. Andere „Frau Meining“. Der geläufigste Name ist aber „Vani“. Und der kommt ihrem echten auch am nächsten: Hong Van Dao heißt die Besitzerin des Kiosks am Kaisertor. Warum sie so viele verschiedene Namen hat, kann sich die 53-Jährige selbst nicht erklären. „Ich passe mich an die Bedürfnisse meiner Kunden an“, lacht sie. Notfalls auch mit dem Namen.
Seit 15 Jahren arbeitet die gebürtige Vietnamesin in dem knapp 20 Quadratmeter großen Flachbau, der sich in der Rheinallee an der Ecke Kaiserstraße befindet. „Anfangs war ich Mieterin“, blickt Hong Van Dao zurück. „Doch seit 2007 gehört mir der Kiosk selbst. Ich bezahle nur eine Pachtgebühr für das Grundstück an die Stadt.“ Vor der Arbeit im Kiosk war sie elf Jahre in einer Bäckerei beschäftigt. Seit 26 Jahren lebt sie sie in Deutschland und von Anfang an in Mainz.
"Ein Supermarkt in klein"
Im Inneren des schlichten Häuschens gibt es das klassische Inventar eines Kiosks mit Kühltheken und Waren. Darunter Getränke, Süßwaren, Kaffee, Zeitschriften und Zeitungen. „Mein Kiosk ist Supermarkt in klein“, sagt die Besitzerin. Hong Van Dao bietet immer wieder Sonderaktionen an. Beispielsweise verkauft sie manchmal Bockwürste. Beim letzten Flohmarkttermin im Jahr gibt es immer Glühwein – in diesem Jahr am 17. November. Die Einnahmen vom Verkauf spendet sie an die Uniklinik für krebskranke Kinder.
Hong Van Dao hat überhaupt ein großes Herz. „Ich komme aus einem armen Land“, sagt sie. „Da ist es für mich selbstverständlich, zu helfen.“ Beispielsweise gibt sie Anwohnern Rabatte und steckt Nachbarn, die nicht mehr gut zu Fuß sind, die Zeitung in den Briefkasten, die nur einmal in der Woche zum Bezahlen vorbeikommen müssen. „Wenn ein Kind mit Durst zu mir kommt, aber kein Geld dabei hat, dann gebe ich ihm trotzdem etwas und es kann ein anderes Mal bezahlen“, sagt sie. Ob es das dann wirklich tue, dafür habe sie natürlich keine Garantie. „Aber zumindest kann das Kind lernen, ehrlich zu sein. Und das ist wichtig für das ganze Leben.“
Ärger über Anwohner, die Kiosk als Schandfleck sehen
Was Hong Van Dao neben Ehrlichkeit noch besonders wichtig ist, das ist ihre Ehre. Und genau in dieser fühlte sich die 53-Jährige jüngst verletzt, nachdem Anwohner ihren Kiosk als Schandfleck, der dringend renoviert werden müsste, bezeichnet hatten (die AZ berichtete). Hong Van Dao verstand die Welt nicht mehr. „Mein Kiosk ist nicht schmuddelig“, sagt sie. Sie habe so viel investiert, lasse zweimal im Jahr das Dach reinigen und Graffiti an den Wänden überstreichen. So auch kürzlich. „Es dauert aber meistens nicht lange, dann tauchen wieder neue auf“, sagt sie. Auch die Stadt hatte bestätigt, dass bei den Kontrollen keinerlei Mängel oder Verstöße festgestellt worden waren.
Als Reaktion auf die Vorwürfe hat Hong Van Dao eine Unterschriften-Liste gegen die Allgemeine Zeitung ausgelegt. Binnen weniger Tage hatten 209 Kunden unterschrieben, um ihr Rückendeckung zu geben. Das vertraute Miteinander mit ihren (überwiegend Stamm-)Kunden sei es auch, das sie an ihrer Arbeit liebe. „Ich habe immer ein offenes Ohr für ihre Sorgen. Und mir wird viel erzählt“, sagt die Kioskbesitzerin. Ob Studierende, Schüler, Busfahrer, Professoren, Hotelgäste von gegenüber – Hong Van Dao hat für alle einen flotten Spruch parat. „Wenn mich jemand beschimpft, dann schimpfe ich auch zurück“, sagt sie. In erster Linie habe sie aber ein offenes Ohr – so wie das Dr. Sommer-Team der Jugendzeitschrift „Bravo“, was zumindest die Herkunft einer ihrer Namen erklären dürfte.