Sie tüfteln und spielen: Beim Coding da Vinci-Hackathon treffen Programmierer, App-Designer und kulturell Interessierte auf Kulturinstitutionen. Ende Oktober findet der Hackathon erstmals in Mainz statt.
Von Paul Lassay
Lokalredakteur Mainz
Das Virtual-Reality-Programm Skelex wurde im Zuge des Hackathon in Berlin entwickelt und erlaubt das digitale Untersuchen von Skeletten.
(Foto: Screenshot: VRM/Skelex)
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MAINZ - Plötzlich schwebt das Schlangen-Skelett im Raum, man kann es auseinandernehmen, unendlich vergrößern, verkleinern, vermessen und die einzelnen Teile im Raum verteilen. Und wenn man die Virtual-Reality-Brille abnimmt, liegt es wieder einfach nur da, unter dem Glas einer Vitrine, an dem man sich höchstens die Nase plattdrücken kann. Das Programm Skelex, das das virtuelle Knochen-Jonglieren ermöglicht, ist eines der Ergebnisse der sogenannten „Coding da Vinci-Hackathons“. Die ersten fünf Hackathons gingen in Berlin, Hamburg und Leipzig über die Bühne. Am letzten Oktober-Wochenende startet nun der erste Hackathon in der Rhein-Main-Region in Mainz.
Treffen in der Alten Mensa der Gutenberg-Universität
Bei der Veranstaltung treffen Programmierer, Webdesigner und andere Interessierte auf Kulturinstitutionen, die verschiedene Datensätze zur Verfügung stellen, aus denen die vor Ort spontan gebildeten Teams etwas kreieren können, erklären Elisabeth Klein und Dr. Anne Klemmt. Die beiden Frauen organisieren das Mainzer Event – und ihr Enthusiasmus ist absolut ansteckend.
Der Begriff „Hackathon“ komme aus der Programmierer-Szene und bedeute eben dies: Herumprobieren, Codes schreiben – nicht aber, in irgendwelche Systeme einzudringen, wie es häufig in der Öffentlichkeit verwendet werde, erklärt Klein, die an der Universitätsbibliothek vor allem im Forschungsdaten-Management tätig ist. An dem Wochenende treffen sich die Teilnehmer in der Alten Mensa der JGU. Dort stellen Vertreter der Kulturinstitutionen, die sich beteiligen, ihre Datensätze zunächst kurz und anschließend für näher Interessierte ausführlicher vor. Diese können jede erdenkliche Form haben, von Bildern und Fotos über Tabellen bis zu Videos oder Karten und Geodaten. Anschließend beginnen die Teams Ideen zu entwickeln, was für Anwendungen sich aus den Daten basteln ließen. „Das Programmieren beginnt dann am Samstagnachmittag und geht am Sonntag weiter“, erklärt Klein. Nach dem Ende dieses Startwochenendes beginnt dann die sogenannte „Sprint-Phase“. Innerhalb von fünf Wochen vollenden die Teams ihre Anwendungen und stellen sie am Dezember im Landesmuseum vor, wo die besten in fünf Kategorien mit Preisen ausgezeichnet werden.
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Ins Leben gerufen wurde der Da Vinci-Hackathon 2014 von der Deutschen Digitalen Bibliothek, der Open Knowledge Foundation und Wikimedia Deutschland
Der Hackathon Rhein-Main in Mainz findet am 27. und 28. Oktober statt.
Die Teilnahme ist kostenlos.
Mehr Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es unter www.codingdavinci.de/events/rheinmain/
In Mainz beteiligen sich unter anderem das Mainzer Institut für Geschichtliche Landeskunde, der Verein Jüdisches Leben in Unterfranken, das Stadtarchiv Mainz, die Kunstgeschichtliche Sammlung der JGU und die Universitätsbibliothek Darmstadt mit Datensammlungen an dem Hackathon.
Für das eingangs beschriebene Beispiel hatte das Berliner Museum für Naturkunde 3D-Scans von Schlangen-Skeletten zur Verfügung gestellt – und heraus kam das Virtual Reality-Programm. „Die Dynamik der Hackathons ist nicht vorherzusehen“, sagt Anne Klemmt. „Man kann nie wissen, für welche Datensätze sich die Leute interessieren und für welche nicht.“ Vorgaben, was am Ende herauskommen soll, gibt es keine. Das Ziel der Hackathons sei es, die Kultur ins Digitale zu holen, erklärt die promovierte Archäologin, die für das Mainzer Zentrum für Digitalität in den Geistes- und Kulturwissenschaften, kurz „mainzed“, arbeitet.
Oft entsteht etwas Spielerisches
Es gehe darum, den Kulturinstitutionen zu zeigen, was entstehen könne, wenn sie sich öffnen. „Oft entsteht dabei etwas Spielerisches.“ Etwa ein Programm, mit dem man ganz einfach Beats aus einer wissenschaftlichen Vogelstimmen-Sammlung basteln kann, oder ein Memory-Spiel aus einer Sammlung historischer Straßenbahnfahrkarten oder, oder, oder. Insgesamt nehmen erfahrungsgemäß etwa 100 Leute an den Hackathons Teil, die sich in Teams zusammenfinden, erklären Klein und Klemmt. Dabei sei die Mischung wichtig. „Die Veranstaltung richtet sich sowohl an Leute, die einfach kulturinteressiert sind, als auch an Leute, die mal wieder etwas programmieren wollen, an Web- und Appdesigner, Coder aber auch passionierte Texter und andere Kreative“, sagt Klemmt. Beim letzten Hackathon in Berlin hätten sich 17 Teams gebildet, von denen neun ihre Anwendung zuende entwickelten. In fünf Fällen würden die Projekte sogar über das Programm hinaus fortgeführt, etwa im Fall von Skelex. So kämen Kulturinstitutionen wie Museen plötzlich mit der Start-Up-Szene in Verbindung, sagt Klemmt. Eine bisher eher seltene Mischung.
Und auch bei Stadtführungen kommen Ergebnisse der Hackathons teilweise schon zum Einsatz. In einem weiteren fortgesetzten Projekt können die Benutzer beim Gang durch Berlin auf dem Handy die Mauer im Kamerabild auferstehen lassen. Mit der „Augmented Reality“-Anwendung sieht man am jeweiligen Ort im Bildschirm immer das entsprechende Mauerstück, das dort einst stand.