Auch in Mainz bilden sich Baugemeinschaften, um neuen Wohnraum gemeinsam zu planen. Sieben Gruppen stellten sich nun beim ersten Wohnprojektetag in Mainz vor.
Von Alexander Schlögel
Dorothee Isselstein (links) stellt Interessentin Lydia Beck das Mehrgenerationen-Projekt „stattVilla“ vor.
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
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MAINZ - Für einige ist es der Wunsch, mit Freunden zusammenzuziehen, andere wünschen sich eine lebendige und verlässliche Gemeinschaft, und dann gibt es wiederum Menschen, die gerne an der Planung ihres neuen Wohnraums beteiligt sein wollen, ohne die Kosten völlig aus dem Blick zu verlieren: Für all diejenigen Personen hat das Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz zum ersten Mainzer Wohnprojektetag in den Brückenturm eingeladen. Und das Interesse der Bevölkerung ist groß.
Am Ende bewegen sich an diesem Tag über 200 Leute durch die Räumlichkeiten und nutzen die Gelegenheiten zum Netzwerken. Da gibt es die Möglichkeit für Menschen, die sich bereits zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen haben, mit potenziell Interessierten in Kontakt zu kommen, andere tauschen sich ganz unverbindlich an den Thementischen zu Fragen wie der optimalen Größe für eine Baugemeinschaft, Entscheidungsfindung und Organisation in Baugemeinschaften, Rahmenbedingungen, die ein solches Projekt beispielsweise für die Architekten bereithält, oder aber auch, wie viel Gemeinschaft wünschenswert ist, aus.
Es sind sieben Gruppen, die sich mit ihren Grundstücksoptionen und Kooperationsvereinbarungen bereits auf dem Weg in die konkrete Umsetzung präsentieren können: Eines der Projekte ist das Wiesen-4tel-Ebersheim. Der damit betraute Architekt Edwin Heinz aus Leutkirch wohnt selber innerhalb eines solchen Projekts. Neben den vielfältigen Wohnformen preist er auch die Möglichkeiten zum Zusammentreffen mit den Nachbarn als besonderen Reiz am Modell an. Mitgesellschafter Jörg Heidermann betont „die Möglichkeiten von Aktivitäten in den Gemeinschaftsräumen“ – die individuelle Wohnung könne auch ein paar Quadratmeter kleiner sein, da Fitness, Musik, Tanzen, Backen und Kochen auch in zusammen genutzten Räumen möglich sein werde.
Queer im Quartier hat sich im Sommer 2017 gegründet. Der Verein möchte ab 2020 etwa 20 Wohnungen in der Wallaustraße anmieten, um dort „selbstbestimmtes Leben in jedem Lebensalter und die Gemeinschaft in einer queer geprägten, aber für alle offenen Gruppen“ zu ermöglichen. „Wir wollen als Bindeglied in die Neustadt hineinwirken, indem wir ehrenamtlich soziale Projekte wie Hausaufgabenbetreuung oder Seniorenhilfe vorantreiben wollen“, hebt Gabriele Wacker vom Verein hervor. Sehr weit fortgeschritten sind schon die Architekten Marc Flick und Henning Grahn, die für zwei befreundete Familien auf einem Grundstück in Gonsenheim zwei Wohnhäuser bauen und nun um weitere Projekte werben.
Auch politische Vertreter sind bei der Veranstaltung dabei. Doris Ahnen (SPD), Finanz- und Bauministerin des Landes Rheinland-Pfalz, spricht über die Förderprogramme des Landes für Baugemeinschaften. Und Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) stellt das Engagement der Stadt sowie die Bedeutung von gemeinschaftlichen Bau- und Wohnprojekten für die Entwicklung lebendiger und lebenswerter Quartiere heraus.
Als Ergebnis der Veranstaltung tun sich für Norbert Post, der mit Birgit Pohlmann und Rolf Lückmann vom Beraterteam für Baugemeinschaften in Mainz das Netzwerktreffen organisiert hat, zwei Fragestellungen auf. Zum einen fehle es noch an fachkundigen Ansprechpartnern innerhalb Mainz, was das Thema Wohnprojekte angehe – so seien bisher vor allem Architekten aus anderen Regionen damit befasst. „Allerdings waren zahlreiche junge Architekten hier, denen Wohnen wirklich am Herzen liegt und die etwas anderes bauen wollen“, freute Post sich. Zweite Kernfrage sei „der Mangel an Grundstücksangebot in Mainz“, um solche Projekte angehen zu können.