Freude über Aufträge, Anfragen und Begegnungen nach langer Ungewissheit: Susanna Storch in ihrem Atelier im Kirschgarten, im Hintergrund ihre „Fassadenbilder“.
(Foto: Susanna Storch)
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MAINZ - Seit Anfang 2019 hat die Malerin Susanna Storch Räume in Mainz gesucht, die sie als Atelier nutzen kann. Sie gehörte zur zehnköpfigen Künstlergruppe, die ihr Atelier in der von der Stadt gesponserten Waggonfabrik dem Nachwuchs überlassen musste. Erst im Februar 2020 kam sie an Räumlichkeiten.
Ein Glück für die angesehene Malerin war, dass die „Schnittstelle“, eine Initiative von Studenten, die Leerstände zur vorübergehenden Nutzung vermittelte, das Ladenlokal im Kirschgarten aufgab. Nun arbeitet Susanna Storch quasi im gläsernen Atelier, wo jeder Passant die Möglichkeit hat, der Malerin über die Schulter zu schauen.
Ende März hatte sie ein großes Fest zur Einweihung ihrer Räumlichkeiten als Vernissage geplant, als am 13. März, einem unvergesslichen Schwarzen Freitag, der Lockdown über die Welt kam. Die Straßen menschenleer, jeder zurückgeworfen auf seine eigenen vier Wände. Susanna Storch war gezwungen, zu Hause zu bleiben und ihr Atelier erst einmal zu vergessen. Würde sie das Atelier unter den gegebenen Umständen halten können? Der Vermieter ließ mit sich reden, und das Kultusministerium Rheinland-Pfalz gewährte einen zeitlich begrenzten Mietzuschuss. In dieser Zeit der Isolation wurde ihr auf einmal klar, dass sie mit ihrer Serie der „Fassadenbilder“, ohne es zu ahnen, ein Corona-Szenario entworfen hat, das aktueller nicht sein kann. Schwerpunktmäßig arbeitet Susanna Storch in Serien zu bestimmten Themen – wie Porträt, Menschenbild, Akt, Antikriegsbilder und seit geraumer Zeit eben die Fassaden. Ihre Motive findet sie in ganz Europa und Südamerika. „Ich zeige mit meinen Werken einen flüchtigen Blick auf Fenster und Menschen, ein Zwischenspiel zwischen privatem und öffentlichen Raum“, sagt Susanna Storch. „In der Zeit des Lockdowns finde ich das Thema unerwartet aktuell“, stellt sie erstaunt fest. Und arbeitet zu Hause weiter an ihren Projekten. Das Atelier blieb bis auf einige „Kontrollgänge“ geschlossen.
Auch wenn Familie Zusammenhalt gewährt und Stütze bleibt: Die Existenzängste nehmen in Krisenzeiten zu. Und dem Großteil aller Kunstschaffenden in Deutschland erging es wie Susanna Storch. Initiativen gründeten sich, Internet-Auftritte wurden Tag für Tag ausgefeilter präsentiert, und im Internet war der Kunstbetrieb aktiver denn je. So konnte man sich beim Kultur-TV 3sat für die über deutsche Grenzen hinaus bekannte „kulturzeit“ bewerben, einen kleinen Film einschicken, der am Ende der Sendung unter der Überschrift „Kultur trotz(t) Corona“ gesendet wurde. Susanna Storch war dabei, Corona begann sich zurückzuziehen, und die Lockerungen, die nach und nach erfolgten, machten der Künstlerin wieder Lust auf die Atelier-Arbeit. Ein Berliner Arzt-Ehepaar, in Mainz zu Besuch, kam beim Altstadt-Streifzug am Atelier von Susanna Storch vorbei, rief die Künstlerin prompt an, von ihrer Malerei begeistert. So sind mittlerweile zwei Werke nach Berlin gewandert, darunter ein Antikriegsbild, das zwei afghanische Kinder zeigt. Einen Teil des Verkaufspreises spendet die Künstlerin an die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“. Auch aus ihrer aktuellen Fassaden-Reihe ging ein weiteres Bild nach Berlin. Aus Siegen kam nach dem „kulturzeit“-Beitrag ein Ehepaar extra nach Mainz, um die Künstlerin zu treffen und ihr einige Aufträge zu geben. Weitere Anfragen gibt es bereits.
Susanna Storchs Kommentar am Ende des 3Sat-Beitrages lautet denn auch: „Es gibt also noch Hoffnung für die Kunst.“ Und Künstlerexistenzen. Trotz Corona. Ein Beweis dafür, dass die Kulturszene zusammenhält und es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt – besonders in Mainz.