Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer erinnert in ihrer Reihe „Zu Gast bei....“ an Nazi-Opfer – 60 überlebensgroße Porträts säumen bis 10. Juni das Rheinufer.
Von Bernd Funke
Weiße Rosen für die Verfolgten: Der Fotograf Luigi Toscano (3.v.li.) bei der Eröffnung seiner Freiluft-Ausstellung „Gegen das Vergessen“ am Rheinufer; bei der Eröffnung anwesend sind auch Ministerpräsidentin und Schirmherrin Malu Dreyer sowie OB Michael Ebling.
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
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MAINZ - „Millionen von Menschen wurde das Menschsein abgesprochen.“ Ministerpräsidentin Malu Dreyer erinnert an das Schicksal der Überlebenden der Verfolgung durch das Nazi-Regime, hat ihre Veranstaltungsreihe „Zu Gast bei Malu Dreyer“ an das Rheinufer verlegt, um dem deutsch-italienischen Fotografen Luigi Toscano Raum zu geben.
Raum für 60 überlebensgroße, eindrucksstarke Porträts, die den Weg vom Fischtor bis zum Rathaus bis zum 10. Juni säumen. „Das sind Gesichter, die Leid erkennen lassen, die Geschichten erzählen“, sagt Dreyer und bezeichnet die Porträts als „Brücke zwischen Bücherwissen und eigenem Erleben“, als ein Stück generationsübergreifender Erinnerungskultur.
Schloss-Gymnasiasten bieten Führungen an
Und in der Tat haben sich Schüler der Klasse 9 b des Schlossgymnasiums mit ihrer Lehrerin Annkathrin Zehender schon vor der Ausstellung intensiv mit der auch sie betreffenden und betroffen machenden Thematik befasst, wie die Schülerinnen Lilly Holtrop und Vivika Beiler erzählen. Die Schlossgymnasiasten engagieren sich, bieten vor allem Schülern eine Führung durch die Freilichtausstellung an.
Die Ministerpräsidentin beschreibt die Zielsetzung: Eine humanere Zukunft. Sie betont: „Wir stellen uns gegen die Stimmen, die auffordern, Geschichte zu vergessen.“ Auch Oberbürgermeister Michael Ebling erinnert an Opfer und Überlebende des NS-Terrors, denen er Hochachtung und Respekt zolle. Und er zitiert den amerikanischen Philosophen und Schriftsteller George Santayana: „Wenn wir die Vergangenheit vergessen, sind wir verdammt sie zu wiederholen.“
Der in Mombach geborene Luigi Toscano feiert an diesem Tag seinen Geburtstag. Für ihn sei es eine besondere Motivation gewesen, in seiner Heimatstadt die Ausstellung seiner Bilder zu zeigen, die zeitgleich auch in Wien und San Francisco zu sehen ist. Vier Jahre, so berichtet Toscano, habe er in den USA, in Deutschland, der Ukraine, Russland, Israel, Holland und Weißrussland rund 400 Überlebende der Verfolgung besucht und mit großer Dankbarkeit porträtieren dürfen. Darunter die ehemaligen Mainzer Oliver Gebhardt in den Niederlanden und Herbert-Zvi Cahn in Israel, vor deren Porträts später weiße Rosen niedergelegt werden. Toscano setzt mit seinen Porträts Zeichen gegen das Vergessen, holt die Verfolgten zurück in das Heute. Und beschämt nachgerade, als er von beiden ehemaligen Mainzern Grüße ausrichtet an ihre Heimatstadt, die sie trotz aller erlittener Erniedrigung nach wie vor im Herzen tragen.