Gekrümmt, halbiert, zerbrochen: Rätselraten um Skelettfund aus der Römerzeit – Vortrag im Mainzer Landesmuseum
Von Marianne Hoffmann
In bizarrer Krümmung: Archäologen säubern das Skelett aus der Römerzeit an seinem Fundort im nordpfälzischen Eisenberg. Der etwa 165 Zentimeter große Mann soll brutaler Gewalt ausgesetzt gewesen sein. Archivfoto: dpa/GDLE/Landesarchäologie Speyer
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MAINZ - Die Medien stürzten sich im September 2016 auf diese Meldung, als sei es das größte Verbrechen, seit es Menschen gibt. Was war geschehen? Bei Grabungen in Eisenberg, einer ehemaligen römischen Siedlung bei Grünstadt in der Pfalz, finden Archäologen das 1500 bis 2000 Jahre alte Skelett eines jungen Mannes, der auf grausame Art und Weise ums Leben gekommen ist und wie ein Hund verscharrt wurde.
Im Rahmen der aktuellen „Vorzeiten“-Ausstellung im Landesmuseum hat die Generaldirektion Kulturelles Erbe zu einem Vortrag geladen. Dr. Ulrich Himmelmann, Leiter der Außenstelle der Landesarchäologie Speyer, und Ulrich Mayer, Grabungstechniker aus Heidelberg, gehen dem rätselhaften Kriminalfall auf den Grund und beleuchten die Fundstelle, den „Vicus Eisenberg“.
Angelegt im ersten frühen Jahrhundert nach Christus
Die Siedlung in Eisenberg wurde im frühen ersten Jahrhundert nach Christus in Form eines römischen Vicus angelegt. Nach Schätzungen der Archäologen lebten hier 800 bis 1000 Menschen. Auch wenn die Einwohnerzahl der eines heutigen Dorfes ähnelt, ist der Vicus Eisenberg eine eher städtische Siedlung. So verdienten die Menschen im Vicus nicht mit Landwirtschaft ihren Lebensunterhalt – sie gingen der Metallverarbeitung nach. Ulrich Himmelmann spricht von einem regelrechten Industriestandort. Bei Grabungen hätten er und seine Kollegen Tonnen von Metallschlacke gefunden, die dem Ort wohl ihren heutigen Namen gaben.
GROBER GEWALT AUSGESETZT
Ulrich Himmelmann zufolge war die Siedlungsbestattung vor allem aus hygienischen Gründen per Gesetz verboten. Zudem sei der Mann grober Gewalt ausgesetzt gewesen: Beide Schienbeine kurz unterhalb der Knie gebrochen, der Oberkörper oberhalb des Beckens abgetrennt. „Es könnte sich um ein Mordopfer handeln, das man hier versteckt hat“, sagte Himmelmann. Weitere Untersuchungen der Skelettreste sollen helfen, das Rätsel zu lösen
Grober Gewalt ausgesetzt
Ulrich Himmelmann zufolge war die Siedlungsbestattung vor allem aus hygienischen Gründen per Gesetz verboten. Zudem sei der Mann grober Gewalt ausgesetzt gewesen: Beide Schienbeine kurz unterhalb der Knie gebrochen, der Oberkörper oberhalb des Beckens abgetrennt. „Es könnte sich um ein Mordopfer handeln, das man hier versteckt hat“, sagte Himmelmann. Weitere Untersuchungen der Skelettreste sollen helfen, das Rätsel zu lösen
Wandmalerei und Fußbodenheizung
Laut Himmelmann, der an den Grabungen vor Ort beteiligt ist, hat sich das Leben im Vicus erstaunlich modern gestaltet. An den Häuserfronten der Geschäftshäuser habe es überdachte Arkaden gegeben, in denen wohl Händler und Köche ihre Waren anboten. Der Standard der Häuser sei hoch gewesen, es gebe Hinweise auf Wandmalereien und Fußbodenheizungen. Anhand von ausgegrabenen Tonscherben und deren Ornamenten konnten sie die Bauten zeitlich ziemlich genau einordnen, ergänzt Ulrich Mayer.
In der ehemaligen Wehranlage in Eisenberg stießen die Archäologen auf die Überreste eines etwa 165 cm großen Mannes, der in einer merkwürdigen Haltung in den Boden gebracht wurde, bedeckt von großen Steinen. Der Mann war ungefähr 20 bis 25 Jahre alt und hatte Merkmale, die auf große körperliche Belastung hinweisen, vor allem im Schulterbereich.
Zu Tode kam er durch einen Stich mit dem Kurzschwert von vorne bis zur Wirbelsäule. Durch eine Drehung des Schwertes waren die Verletzungen so schwer, dass der junge Mann auf den Bauch fiel, versuchte sich umzudrehen und durch zwei gezielte Schwerthiebe der Oberkörper abgetrennt wurde. Mit gebrochenen Beinen und in einem 90 Grad Winkel wurde das Skelett gefunden. Anthropologen untersuchen die Knochen, um weitere Hinweise auf die Herkunft des Mannes zu finden.