Erzieher und Kinder in Mainz haben Tiefkühlkost satt - Bildungsgewerkschaft schlägt Alarm
Zu viel Fett und Zucker, zu viel Müll, zu lange Transportwege – in Mainz wird wieder über die Kita-Verpflegung diskutiert. Bildungsgewerkschaft und Elternvertreter schlagen Alarm.
Von Alexandra Eisen
Das Mittagessen in der Kita kommt nicht selten aus in Folie verpackten Aluschalen.
(Archivfoto: dpa)
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MAINZ - Auf dem Papier des Caterers und in der städtischen Ausschreibung ist alles in bester Ordnung. Aber in der Realität sieht die Verpflegung in den städtischen Kitas laut Bildungsgewerkschaft GEW oft schlecht aus. „Zu fettig, zu viel Zucker und zu wenig Nährstoffe, überwürzt, vermatscht, knorpeliges Fleisch“, so die drastische Beschreibung der für die Erzieher zuständigen GEW. Deren Mainzer Betriebsgruppe schlägt jetzt öffentlich Alarm und fordert von der Stadt eine Abkehr von der Tiefkühlkost, die seit Jahren von großen Gastro-Unternehmen in die Ganztagseinrichtungen geliefert wird.
Den Gewerkschaftern geht es aber nicht nur um die Qualität des Essens. Denn egal unter welchem Aspekt man diese Art der Kita-Verpflegung betrachtet, schneidet sie laut GEW nicht gut ab. „Das Essen ist nicht regional und saisonal, Transport, Lieferung und Lagerung in großen Tiefkühltruhen sind energieintensiv“, sagen Alessandro Novellino und Kathrin Gröning, Koordinatoren der GEW-Betriebsgruppe Mainz. Außerdem verursachten die in Aluschalen und Folie verpackten Portionen, die in großen Kartons immer für eine ganze Woche geliefert werden, enormen Müll in den Einrichtungen.
Einkaufen bei örtlichen Erzeugern nicht mehr möglich
Für zusätzlichen Ärger sorgt nun eine Neuregelung des Belieferungssystems, die ab Sommer/Herbst dieses Jahres greifen soll sowie eine neue Ausschreibung für Obst und Gemüse. Beides wird am Donnerstag in einer Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses vorgestellt, weswegen die Stadt noch keine Details nennt.
Sowohl GEW als auch Stadtelternausschuss (Stea) kennen die Vorlage und sehen darin eine weitere Verschlechterung. „Künftig sollen alle Lebensmittel in die Einrichtung geliefert werden. Die Erzieher können dann nicht mehr gemeinsam mit den Kindern bei örtlichen Erzeugern einkaufen gehen, es entfällt ein wichtiger Aspekt der Ernährungsbildung, das ganzheitliche Erleben von Lebensmitteln“, sagt Novellino. Frische Beilagen wie Salat dürften in den Einrichtungen nun nicht mehr zugekocht werden. Das Beilagen-Angebot des Caterers sei jedoch „qualitativ nicht tragbar“. Zudem sieht die GEW eine Schwächung des Einzelhandels vor Ort. Denn die neue Ausschreibung für Obst- und Gemüselieferanten sei so gestaltet, dass örtliche Händler wohl nicht zum Zuge kämen.
Auch Stea-Sprecher Andreas Winheller berichtet von zunehmender Kritik am Kita-Essen durch Erzieher, Eltern und Kinder. Er sagt: „Diese neue Ausschreibung der Stadt ist so gestaltet, dass sie die Qualitätsprobleme eher verstärken wird. Die Verwaltung hat zur Sitzung eine Vorlage verschickt, in der Qualitätsprobleme nicht gesehen werden und ein ,Weiter so wie bisher‘ empfohlen wird.“
Eben dieses „Weiter so wie bisher“ wollen GEW und Stea verhindern und hoffen auf eine entsprechende Entscheidung der Ausschussmitglieder. Sie fordern eine Abkehr von der Tiefkühlkost, die mittels Konvektomat erwärmt wird, und wollen die schrittweise Umstellung auf Frischekost. Vor allem bei der Planung neu entstehender Kitas sollen die Küchen auf die Zubereitung von Frischekost ausgelegt werden. Die Zeit für eine Entscheidung drängt. Wenn in den nächsten fünf Jahren, wie im neuen Kita-Bedarfsplan verankert, 24 neue Kitas gebaut werden, würde sich ein Bekenntnis zur Frischküche auf die Baupläne auswirken.
Im pfälzischen Speyer hat der Stadtrat genau dies im vergangenen Jahr beschlossen. Dort will man künftig auf Frischküche setzen. Über die Auswirkungen dieser Umstellung in Speyer werden die Mitglieder des Ausschusses am Donnerstag ebenfalls informiert.