Eineinhalb Wochen nach Radlader-Angriff auf Mainzer Juweliergeschäft ist ein Täter weiter flüchtig
Dreimal haben die Täter mit dem Radlader Anlauf genommen, um das Schaufenster zu durchbrechen. Über zwei Minuten hat das gedauert. Zu diesem Zeitpunkt war die Polizei bereits unterwegs. Goldschmied Richard Wagner junior beschäftigt der Vorfall bis heute.
Von Nicholas Matthias Steinberg
Lokalredakteur Mainz
So sah es am Morgen nach dem Einbruch am Tatort aus. Archivfoto: Polizeipräsidium Mainz / dpa
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MAINZ - Knapp eineinhalb Wochen ist es nun her, dass zwei Männer, ein 25-jähriger Alzeyer und sein Komplize, mit einem von einer Baustelle in der Großen Langgasse gestohlenen Radlader in das Juweliergeschäft Wagner-Madler am Brand gefahren sind. Goldschmied Richard Wagner junior beschäftigt der Vorfall bis heute: „Dieser Einbruch war absolut sinnlos und zeigt, dass da Amateure am Werk waren.“ Der Vorfall bedeute letztlich für beide Seiten unnötigen Stress: „Wären das Profis gewesen, hätten sie sich das Panzerglas angeschaut und direkt Abstand von dem Plan genommen.“
Dreimal mit Radlader gegen Schaufenster gefahren
Die Schäden müssen nun mit der Versicherung abgewickelt und neues Panzerglas bestellt werden. Dreimal hätten die Täter mit dem Radlader Anlauf genommen, um das Schaufenster zu durchbrechen. Über zwei Minuten habe dies gedauert. Zu diesem Zeitpunkt war die Polizei bereits unterwegs. „Immerhin konnten wir den Betrieb am nächsten Tag wieder aufnehmen. Das war für uns alle wichtig“, sagt Wagner. Noch am Tag des Einbruchs wurde die Notverglasung montiert. Seither wird das Geschäft von einem Sicherheitsdienst überwacht. Wagner überlegt nun, weiter aufzurüsten, auch den Überfallschutz zu verbessern. Durch langsam schließende Türen oder eine Schleuse etwa.
„Jedem in der Branche ist bewusst, dass wir im Fokus von Kriminellen stehen“, sagt Jan Sebastian, Inhaber des Juweliergeschäfts Willenberg und Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes Mittelrhein-Rheinhessen-Pfalz. „Wir arbeiten hier mit hohen mobilen Werten – wie kaum eine andere Branche.“
Auch Elke Riemenschnitter, stellvertretende Filialleiterin des Juweliergeschäfts „Leo Link“ in der Ludwigsstraße, bleibt gelassen: „Uns verunsichert der Vorfall nicht. Wir haben dreifach gepanzertes Glas und die Polizei um die Ecke.“ Dabei hatten die beiden Täter, von denen einer weiter auf der Flucht ist, im aktuellen Fall den Radlader nur unweit ihres Geschäfts, von einer Baustelle in der Großen Langgasse, gestohlen. Erst im vergangenen Jahr hatten Kriminelle versucht, auch in ihr Geschäft einzubrechen – und waren gescheitert: „Die Polizei war nach 20 Sekunden vor Ort und hat die Täter geschnappt“, berichtet Riemenschnitter.
Täter gehen immer brutaler vor
Die Anzahl der Übergriffe gehe zwar leicht zurück, dafür gingen die Täter immer skrupelloser und brutaler vor, sowohl gegenüber Mobiliar als auch Menschen, berichtet Sicherheitsberater Martin Winckel vom „Internationalen Juwelier-Warndienst“. Sein Unternehmen berät Juweliere und stellt europaweite Statistiken zu Übergriffen auf Juwelier- und Schmuckgeschäfte zusammen. So gab es 2017 bundesweit 555 versuchte und vollendete Übegriffe auf Juweliere, Schmuck- und Uhrengeschäfte, rund fünf Prozent weniger als 2016. Bei 59 Prozent der Vorfälle handelte es sich um Einbrüche, in 26 Prozent der Fälle um Diebstähle und bei 15 Prozent um Raubüberfälle. Die meisten Fälle gingen auf das Konto organisierter Banden, insbesondere aus Osteuropa. Wachsende Mobilität und offene EU-Grenzen spielen ihnen in die Karten. Fälle wie nun in Mainz, wo mutmaßlich regional verwurzelte Amateure zur Tat schritten, seien seltener.
In den vergangenen Jahren gerieten einige der 23 Juweliere und Schmuckgeschäfte in Mainz ins Visier von Einbrechern. 2016 gab es laut Polizei vier Einbrüche bei Juwelieren im Stadtgebiet, davon zwei Versuche. 2017 waren es drei, darunter ein Versuch.
Juweliere können sich vielfältig schützen. Die technischen und baulichen Möglichkeiten nehmen zu, Versicherungen machen ihrerseits Vorgaben. Zu den Möglichkeiten gehören neben speziellem Glas, Gittern und Videoüberwachung auch Notruftechnik und die direkte Alarmschaltung zur Polizei, zählt Joachim Dünkelmann, Geschäftsführer des Bundesverbands der Juweliere, Schmuck- und Uhrenfachgeschäfte (BVJ) auf. „Man muss immer schauen, dass man den Spagat schafft, zu sichern, ohne Barrieren zu schaffen, die Kunden abschrecken“, sagt Dünkelmann.