Chronist der Nachkriegszeit – Schau im Mainzer Rathaus
Rudi Klos war „rasender Reporter“, der langjährige AZ-Fotograf hinterließ Tausende von Fotos, in denen er Feste, Fußballspiele und vor allem die Menschen seiner Heimat festhielt.
Von Armin Thomas
Zwischen US-Panzern, Brachflächen, Schafherden und Schutthalden: Die rund 80 großformatigen Schwarz-Weiß-Fotos sind Zeitdokumente der 50er- und 60er-Jahre aus Mainz und Rheinhessen.
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
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MAINZ - Er war ein „rasender Reporter“ im wörtlichen Sinn, ständig unterwegs in Mainz und Rheinhessen. Der langjährige AZ-Fotograf Rudi Klos wurde dabei zum Chronisten der Nachkriegszeit und der Zeit des Wiederaufbaus. Aber vor allem eines hat er immer im Blick gehabt: die Menschen und ihre Besonderheiten. Im Rathausfoyer sind jetzt 80 großformatige Schwarz-Weiß-Bilder zu sehen, die in den 50er- und 60er-Jahren entstanden sind.
Das Interesse war riesig bei der Eröffnung, denn Rudi Klos (1927-1995) war in Mainz genau so bekannt wie seine Fotos. Wenn er bei einem Fußballspiel des FSV Mainz 05 von einem Tor zum anderen rannte, riefen die Zuschauer: „Rudi, Rudi.“ Der gebürtige Nieder-Olmer war ein „Bub aus der Heimat, der die Sprache der Leute gesprochen hat“, berichtet sein gleichnamiger Sohn. Gemeinsam mit seinen beiden Schwestern Ursula Fischer und Gertrud Hellak hat er in gut zweijähriger Arbeit die in mehreren Kisten aufbewahrten Film-Negative des Vaters gesichtet, sie ausgewählt und digitalisiert.
Da sie teilweise spärlich bis gar nicht beschriftet waren, haben sie drei stadthistorische Experten zurate gezogen: Rainer Schindler vom Stadthistorischen Museum, Harald Neise von den Straßenbahnfreunden und Bernd Mühl vom Mainzer Carneval-Club. Sie haben geholfen, viele Motive zu verorten. Hier und da gibt es aber noch immer Fragezeichen. Daher bittet der Sohn die Besucher um Mitwirkung, wenn sie eine Idee haben, was auf dem einen oder anderen Bild zu sehen ist. Visitenkarten der drei Geschwister sind bei der Aufsicht hinterlegt.
Zwischen US-Panzern, Brachflächen, Schafherden und Schutthalden: Die rund 80 großformatigen Schwarz-Weiß-Fotos sind Zeitdokumente der 50er- und 60er-Jahre aus Mainz und Rheinhessen. Foto: hbz/Judith Wallerius
Rudi Klos, Pressefotograf (1927-1995). Foto: Klos
Grasbüschel statt Bürgersteig, weißer Opel vor dem Häuschen: stadthistorisch bedeutsames Bilddokument aus jener Zeit, als Ebersheim noch nicht eingemeindet war. Foto: Stadt Mainz
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Die alte HNO-Klinik, das erste Mainzer Hochhaus
Ein für Rudi Klos typisches Motiv zeigt einen Schäfer mit einer Herde am Fuße des Rodelbergs, vom „Schaftriebweg“ kommend, aufgenommen 1956. Rechts hinten im Bild ist die HNO-Klinik zu sehen, das damals erste „Hochhaus“ von Mainz. Links erkennt man den Kamin des Klinikheizwerks. Im Hintergrund ist das Schlesische Viertel zu sehen. Die Zuschauer sind fasziniert, wie sich Stadthistorie vermischt mit persönlicher Geschichte „Es ist eine echte Mainz-Ausstellung“, schwärmt Oberbürgermeister Michael Ebling, der die Ausstellung selbst angeregt hatte, bei der Eröffnung. Beim Betrachten der Fotos stelle man fest, dass man die Stadt noch nie so gesehen habe oder lange nicht.
Ausstellungszeiten
Die Ausstellung kann werktäglich von 10 bis 18 Uhr besucht werden und ist noch bis zum Samstag, 19. Oktober, zu sehen.
Das erste Foto für die AZ „schoss“ der gelernte Schreiner 1948: Es zeigt ein durchgegangenes Pferd, das in eine Baugrube gestürzt war und den Fotografen anblickt. Die Lokalredaktion war davon sehr angetan und schickte ihn künftig immer öfter zu Einsätzen. Später war er sieben Tage die Woche im Dienst, berichtet sein Sohn, „und hatte 24 Stunden Rufbereitschaft“. Oft genug musste er auch mitten in der Nacht raus, „denn Deichbrüche am Rhein, Unfälle oder Großbrände halten sich nicht an eine geregelte Arbeitszeit“, erläutert sein Sohn. Seine erste Kleinbildkamera, eine Finette II, die Vorläuferin der später bekannteren Finetta, erstand Rudi Klos 1946. „Damit legte er los.“ Die Sammlung seiner Kameras ist in einer Vitrine ebenfalls zu sehen, darunter eine Leica M3 mit Teleobjektiv aus der Zeit um 1959. Eine zusätzliche Begleit-Vitrine unter dem Titel „Der Haushalt wird elektrisch“ mit Exponaten aus den Jahren 1948 bis 1962 haben Rudi Klos (junior) und seine beiden Schwestern in Kooperation mit dem Stadthistorischen Museum gestaltet. „Rudi Klos kannte Mainz und Rheinhessen wie seine Westentasche“, schwärmt sein Sohn. „Er hat seine Heimat geliebt.“