MAINZ - Wegen gewerbsmäßigen Betrugs saß ein Wiesbadener vor dem Amtsgericht. Folgt man der Anklage, hat der 28-Jährige, der das blinde Vertrauen einer Mainzer Rentnerin genießt, die 77-Jährige 2016 finanziell regelrecht ausgenommen. Fünf hochwertige Smartphones samt Allnet-Flat-Vertrag soll er sich mit ihrer Unterschrift erschlichen und außerdem 1250 Euro von ihrem Konto abgehoben haben. Insgesamt schulde er der Mainzerin weit mehr als 50 000 Euro, so die Zeugin, die sich als „Ersatz-Oma“ sieht.
Der Angeklagte schwieg zu den Vorwürfen, weshalb das Gericht direkt die Seniorin in den Zeugenstand rief. Diese erzählte, sie habe dem jetzt Angeklagten und dessen damaliger Freundin „immer mal ausgeholfen“. Die Freundin sei ein Mädchen aus der Nachbarschaft, und so habe sie auch den Wiesbadener kennengelernt. „2016 war ein Katastrophenjahr für ihn“, berichtete die Zeugin, was der heute 28-Jährige ihr erzählt hatte. „Weihnachten 2015 starb seine Oma, einen Tag später sein Vater. Und nach deren Beerdigung habe die Mutter Selbstmord begangen.“
Ihr junger Bekannter habe ihr Fotos vom Friedhof gezeigt und versichert, ihr alles zurückzuzahlen. Sie habe ihm nach und nach 50 000 Euro gegeben, später weitere 8000 Euro. „Das war mein ganzes Erspartes.“ Sie vertraute ihm. Im September 2016 habe er erzählt, Onkel und Tante in Frankreich seien nun auch gestorben, er habe einen Bauernhof geerbt, den wolle er verkaufen und so die Schulden begleichen, so die 77-Jährige.
Doch dann kam die Sache mit den diversen Handyverträgen, die die Rentnerin auf Drängen ihrer Familie und einer Anwältin letztlich zur Anzeige brachte. Die Verträge sind gesperrt, allerdings müsse sie noch bis Herbst 2018 die Grundgebühren zahlen. Auch die Abhebungen von ihrem Konto gehen laut Staatsanwaltschaft auf die Kappe des 28-Jährigen. Es gibt Fotos, die ihn am Automaten zeigen. „Das ist mir neu“, so die Rentnerin. Sie ist zuversichtlich. Am Sonntag sei der Wiesbadener zum Kaffee da gewesen. Er habe versichert, er habe 75 000 Euro aus dem Frankreich-Erbe überwiesen. „Das Geld ist aber noch nicht eingegangen.“
Der Verteidiger forderte weitere Ermittlungen hinsichtlich einer E-Mail-Adresse auf jenen Handyverträgen. Auch müsse geprüft werden, ob der Angeklagte wirklich Geld von der Seniorin abgehoben hat. Er will Geld vom eigenen Konto geholt haben. Weil dies auf die Schnelle nicht zu klären ist, soll der Prozess zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal starten.