Markierte Stellflächen, Wasser und Strom – mehr brauchen die Wohnmobiltouristen nicht auf dem Platz hinter dem Bruchwegstadion. Betreiber Werner Bradatsch (links) will jetzt vergrößern. Fotos: Torsten Boor
( Foto: )
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
MAINZ - Alles begann mit einem AZ-Artikel. Im Sommer 2013 liest Werner Bradatsch, dass mehrere Fraktionen des Stadtrats einen Wohnmobilstellplatz für Mainz fordern. In diesem Artikel werden einige mögliche Orte genannt, an denen der Platz entstehen könnte. Doch keiner der Vorschläge kann den Wohnmobil-Liebhaber Bradatsch überzeugen. In Mainz habe man sich genau wie in anderen Städten nicht um Wohnmobiltouristen bemüht, sagt er: „Früher hat man uns sogar neben Kläranlagen gestellt“, erzählt er. Wohnmobilisten hatten den Ruf, nur Müll zu hinterlassen.“
Der AZ-Artikel war für Bradatsch der Auslöser, das zu ändern. Auf seinem Wohnmobilstellplatz am Bruchwegstadion haben vergangenes Jahr fast 13 000 Menschen übernachtet. „Das kann man mit einem kleineren Hotel vergleichen. Wir sind froh, dass es den Platz gibt“, sagt Philipp Meier von Mainzplus Citymarketing.
Sanitäranlagen, Rasen oder Spielgeräte für Kinder wird man auf einem Wohnmobilstellplatz vergeblich suchen. Am Bruchwegstadion gibt es nur eine markierte Schotterfläche zum Parken und einen Stromanschluss pro Wohnmobil. Am Eingang kann Wasser nachgefüllt und der Fäkalien- sowie Brauchwassertank geleert werden.
Markierte Stellflächen, Wasser und Strom – mehr brauchen die Wohnmobiltouristen nicht auf dem Platz hinter dem Bruchwegstadion. Betreiber Werner Bradatsch (links) will jetzt vergrößern. Fotos: Torsten Boor Foto:
Gekennzeichnete Stellflächen, Wasser und Strom – mehr brauchen die Wohnmobiltouristen nicht auf der Fläche hinter dem Bruchwegstadion. Foto: Torsten Boor Foto: Torsten Boor
2
Mehr brauchen Wohnmobiltouristen nicht. Ihre Wohnung haben sie ja dabei: Drei Achsen, acht Meter lang, sechs Tonnen schwer und oft mehr als 100 000 Euro wert.
Im Wohnmobil des Ehepaars Niseratzkys ist hinten eine Art Hundehütte eingebaut, davor sitzen die beiden entspannt auf Klappstühlen im Schatten. Nur vier Wochen pro Jahr verbringen sie in ihrer Wohnung im Odenwald, sonst sind sie ständig mit dem Wohnmobil unterwegs. Immer mal wieder übernachten sie in Mainz auf dem Wohnmobilstellplatz. Weck, Worscht und Woi und das Marktfrühstück ziehen sie hierher.
Wenige Meter weiter steht ein großes Wohnmobil mit zugezogenen Gardinen. „Das ist ein Unternehmer aus Bad Kreuznach, der lebt nur noch im Wohnmobil, und hat da auch sein Büro drin“, sagt Werner Bradatsch. Aus ganz anderen Gründen sind Zita und Dietmar Köhler aus dem nordrhein-westfälischen Gummersbach hier. Zita Köhler ist Patientin der Uniklinik Mainz und ließ sich dort vor ein paar Wochen operieren. Gerade ist sie zur Nachsorge da. „Mein Mann hat in unserem Wohnmobil auf dem Platz übernachtet und konnte mich jeden Tag besuchen. Das war optimal“, sagt sie.
56 Fahrzeuge passen auf die Fläche
56 Wohnmobile passen auf den Platz, 10 Euro kostet die Nacht pro Fahrzeug. Geöffnet ist der Platz das ganze Jahr über. Viele Wohnmobile haben Heizung und Warmwasserboiler, weshalb Touristen durchaus auch mit dem Wohnmobil zum Mainzer Weihnachtsmarkt fahren. Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte sagt: „Wohnmobiltouristen verdienen überdurchschnittlich und geben Geld in der Stadt aus. Deshalb bin ich froh, dass wir nun ein Angebot für sie haben.“
Sitte begleitet die Entwicklung des Platzes von Anfang an. Nachdem ihn der AZ-Artikel elektrisiert hatte, sprach Werner Bradatsch bei Sitte vor. Seine Vorschläge stießen auf offene Ohren. Im Winter 2014 konnte er seinen Platz eröffnen und wird vielleicht bald schon wieder Gespräche im Rathaus führen, denn er würde ihn gerne erweitern. Direkt an seinen Zaun grenzt der große Parkplatz vor dem Bruchwegstadion. Bradatsch möchte eine Parkreihe des Platzes für zusätzliche Wohnmobilstellplätze nutzen.
Das letzte Wort in dieser Frage hat Verkehrsdezernentin Katrin Eder, doch Bradatsch hat gute Argumente. Sein Platz bekam bereits zwei Auszeichnungen der Wohnmobilbranche, die derzeit floriert. Die Absatzraten der Wohnmobilhersteller wachsen deutlich und die Mobile wachsen mit. Manche sind technisch gesehen Lastwagen, wiegen über 20 Tonnen und sind zwölf Meter lang. In solchen Kolossen kann sogar ein Auto mitgeführt werden. Bradatsch sagt: „Vor Kurzem war einer bei mir auf dem Platz, der hatte ein Mercedes-Cabrio untendrin.“
Mit Mercedes kennt er sich aus. Er war lange Verkäufer bei Mercedes-Benz und schon damals begeisterter Wohnmobilist. Heute ist er 68, stolzer Platzbetreiber und sagt: „Mit dem Platz wurde ich vom Frührentner zum Jungunternehmer.“