12.000-Teile-Puzzle: Rathaus-Sanierung geht in nächste Phase
Seit Jahren wird das Mainzer Rathaus langsam demontiert. Nun hat es ein neues Gewand erhalten und die Arbeiten sollen im Inneren Fahrt aufnehmen.
Von Paul Lassay
Lokalredakteur Mainz
Eine Folie, die so groß ist wie ein halbes Fußballfeld, zeigt nun, wie das Rathaus nach der Sanierung aussehen soll.
( Foto: Lukas Görlach)
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MAINZ - Das Mainzer Rathaus sieht schon länger aus wie eine Baustelle. Bereits im Dezember 2019 wurden die markanten Fassadengitter demontiert, im Juli 2021 erfolgte die Baugenehmigung und im Januar und Februar dieses Jahres verschwanden die Marmorplatten vom Arne-Jacobsen-Bau. Nun sind sie genau wie die Gitter in gewisser Weise zurückgekehrt: Eine 3400 Quadratmeter große Folie hüllt das Rathaus mitsamt Gerüst nun ein, auf der zum Jockel-Fuchs-Platz und zum Rheinufer hin die Fassade aufgedruckt ist, so wie sie in ein paar Jahren wieder aussehen soll – und auch im Inneren treten die Arbeiten nun in eine neue Phase. Man habe einen weiteren Meilenstein erreicht, erklärt Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) bei einem Pressegespräch zum Stand bei dem immer wieder heiß diskutierten Sanierungsprojekt.
Arbeiten im Inneren nehmen Fahrt auf
Während es bisher vor allem um vorbereitende Maßnahmen und insbesondere bei der Fassade um die Notsicherung gegangen sei, nähmen die Arbeiten im Inneren des Rathauses nun richtig Fahrt auf, berichtet Gereon Lindlar, der das Projekt als Restaurierungsberater begleitet. So habe man damit begonnen, die unter Denkmalschutz stehende Inneneinrichtung zu demontieren. „Mit der fünften Etage sind wir schon durch“, so Lindlar. In der kommenden Woche sei die vierte Etage dran und so werde man sich bis zum Sommer nächsten Jahres von oben nach unten durch das Gebäude arbeiten. Armaturen, Leuchten, Schranktüren, Deckenteile und vieles mehr – insgesamt 12_000 Einzelteile müssten demontiert, restauriert und am Ende wieder in das sanierte Gebäude eingebaut werden. Doch bevor all das überhaupt geschehen kann, müssen sie in einer Datenbank eingetragen werden, in der ihr genauer Standort im dreidimensionalen Raum verortet wird. „Das ist ein 12000-Teile-Puzzle“, sagt Lindlar. Und am Ende müsse jedes Teil wieder an seine ursprüngliche Stelle zurück. Die erste Woche des Ausbaus habe nun gezeigt: Das System, das man entwickelt habe, funktioniere.
Im Moment würden die ausgebauten Teile noch im fünften Stock gelagert, so der Restaurierungsberater, doch am Montag werde der erste Transport zu der Lagerhalle abfahren, die man eigens für das Projekt angemietet habe. Sie befinde sich in Bad Kreuznach und biete zusammen mit einem Außengelände genügend Platz, um in einem Regalsystem auf 14_000 Paletten alles an einem Ort unterzubringen.
Während in der vierten Etage des Rathauses nun der Ausbau der geschützten Gegenstände beginne, werde gleichzeitig im fünften Stock mit den Abbruch-Arbeiten begonnen. Dort müssten zunächst Schadstoffe wie Mineralwolle entfernt werden, bevor man sich an Lüftungssysteme, Kabel und Trennwände machen könne. Bis Ende November 2023 solle dieser Teil des Projekts abgeschlossen sein. „Dann beginnen wir direkt mit dem Rohbau. Wir können uns keine Verzögerung leisten, wir müssen nahtlos agieren“, betont Lindlar.
Schließlich gibt es ein Zieldatum: 2027 soll die Verwaltung wieder einziehen in das sanierte Rathaus, das dann über einige Neuerungen wie ein begehbares „Bürger:innendach“ als Aussichtspunkt, eine Cafeteria bzw. Restaurant auf Erdgeschoss-Ebene zum Rheinufer hin sowie ein Forum in der Mitte des Gebäudes verfügen soll.
Die Farbe der bedruckten Keramik, die die Marmorplatten an der Fassade ersetzen wird, werde derweil heller sein, als auf der aufwendig produzierten rund 100_000 Euro teuren Folie dargestellt, die nun für rund zweieinhalb Jahr am Rathaus hängen wird. Die Keramik werde farblich in etwa vergleichbar sein mit den Platten am Brückenturm auf der anderen Seite der Rheinstraße, erklärt Lindlar.
Gestaltung des Jockel-Fuchs-Platzes weiter unklar
Die Gestaltung des Jockel-Fuchs-Platzes hin zum Rheinufer ist derweil immer noch nicht geklärt, wie Ebling auf Nachfrage berichtet. Die Gespräche mit den Verantwortlichen des Denkmalschutzes hierzu liefen weiter. Bis zum Ende des Jahres, wenn die Sanierung des Rathaus-Parkhauses abgeschlossen sei, werde es voraussichtlich eine Entscheidung geben.
Hinsichtlich der Kosten des Gesamtprojekts habe die Schätzung von 104 Millionen Euro weiter Bestand, so Ebling, auch wenn es bekanntermaßen Risiken gebe, zu denen neben den allgemeinen Baukostensteigerungen nun auch noch der Ukraine-Krieg mit all seinen Auswirkungen sowie die Probleme bei den Lieferketten hinzukämen. Beziffert wurde das Risiko zuletzt mit über 20 Millionen Euro. „Wir können nur nach bestem Wissen kalkulieren“, sagt der OB, dabei gehe es dem Rathaus-Projekt nicht anders als anderen Bau-Projekten. Eine finanzielle Schmerzgrenze helfe in dem Zusammenhang nicht weiter, so Ebling. Es sei schließlich auch ein Gebot der Nachhaltigkeit, dass man das Gebäude saniere.