
Für den Ernstfall gerüstet? Für einen Test ist der Aufbau einer Schutzwand in der Neustadt erprobt worden. Welchen Sinn das hat und warum die Wände bei Starkregen nicht helfen.
Mainz-Neustadt. Knapp 130 Stück von ihnen gibt es und sie sind knapp drei Meter lang. Gemeint sind die Balken, die zukünftig mit vier Exemplaren übereinandergestapelt zusammen etwa einen Meter hoch sind und zwischen 30 bis 35 Pfosten installiert, im Extremfall in 95 Meter Länge den Zollhafen und die dahinter liegende Neustadt vor Hochwasser schützen sollen.
Jetzt fand am frühen Morgen ein erster Praxisversuch statt, mit dem der Wirtschaftsbetrieb testen wollte, ob alle Elemente passen und der Aufbau problemlos funktioniert. Michael Paulus, Leiter der Neubauabteilung zeigt den Medienvertretern die Stahlplatten, die am Ufer zwischen dem neuen H2 Hotel und dem „Pandion Doxx“ in den Boden eingesetzt wurden. „Darunter ist ein Betonbalken, der anderthalb bis zwei Meter bis in die Erde hineinragt, der die Pfosten hält und ein Unterströmen der Verteidigungslinie verhindert“, erklärt Paulus. Nun werden bei der Übung Pfosten darauf montiert, mit den Schrauben fixiert und dazwischen die Balken hineingelegt.
Häuser am Zollhafen auch bei Hochwasser bewohnbar
Der Zollhafen sei ein ganz besonderes Gebiet – weil man Häuser in einem hochwassergefährdeten Gebiet gebaut habe, die aber trotzdem im Falle eines Falles bewohnbar blieben. Schützen sollen die Elemente vor einem Hochwasser, das laut Statistik alle 200 Jahre eintrifft. „Der Mainzer Pegel ist bei etwas über 78 Meter“, erklärt Paulus. „Man müsste dann noch einmal etwa neun bis 9,50 Meter drauf rechnen.“ Das Wasser stünde in diesem Fall etwa 30 bis 40 Zentimeter auf dem Boden – für Wellenschlag bestünde dann noch eine Reserve.
Am Winterhafen sei sogar aufgrund des niedrigeren Geländes ein Hochwasserschutz von anderthalb Metern möglich. Für den Bereich vom Winter- bis zum Zollhafen läuft für den Aufbau noch ein Planfeststellungsverfahren. Dort müssten in den Lücken zwischen den Steintoren und den Mauern mehr als 1000 Meter abgesichert werden. Unter Zeitdruck stehe man im Ernstfall beim Aufbauen übrigens nicht: „Wir schauen auf den Pegel in Karlsruhe und wenn die einen gewissen Wasserstand kriegen, wissen wir, dass wir den zwei Tage später kriegen.“ Es werde dann ein Hochwasserstab eingerichtet, in dem man die weitere Vorgehensweise abstimme. Unter anderem werde eine 24-Stunden-Bereitschaft auf der Kläranlage – dort werden auch die mobilen Elemente gelagert – in Betrieb genommen.
Zu dieser erstmaligen Übung setze man mehr Mitarbeiter ein als nötig, um alle mit dem Aufbau vertraut zu machen. Doch der Aufbau der Hochwasserschutzwand ist noch mehr als ein Test. Die Zollhafen Mainz GmbH als Entwickler des Zollhafens müsse auch den Hochwasserschutz garantieren. Nun sei geschaut worden, ob alle Teile vorhanden seien und alles funktioniere. Geklappt habe das sehr gut – für den Aufbau habe man etwa eine Stunde benötigt. „Damit ist die Anlage abgenommen und wir sind sicher, dass die Anlage in Ordnung ist.“ Der Zollhafen werde dafür eine Bescheinigung erhalten und die Verantwortung auf die Stadt übergehen.
„Vielleicht alle 50 Jahre mal im Einsatz“
Paulus rechnet damit, dass die Wand vielleicht alle 50 Jahre einmal aufgebaut werde, um wirklich Hochwasserschutz zu gewährleisten. Es werde aber wohl etwa jedes zweite Jahr Probeübungen geben – zum einen, um auch neue Mitarbeiter damit vertraut zu machen, zum anderen aber auch, um zu testen, ob die Gummis, die unten auf dem Boden unter den Balken angebracht sind, noch halten.
Nicht helfen würde der Schutz der Neustadt bei Starkregenereignissen wie zuletzt, als sogar die Wallaustraße überflutet wurde. „Das ist nur für die Überflutung vom Rhein gedacht“, stellt Paulus klar. Aufgrund seiner Größe sei der gegenüber punktuellem Starkregen eher unempfindlich. In der Wallaustraße habe das hingegen mit dem Kanal zu tun gehabt, der überfordert gewesen sei.