Familientag oder Einkaufserlebnis? Unterschiedliche Positionen zur „Sonntagsfrage“
Von Ulrich von Mengden
Einige Läden in der Hochheimer Altstadt wiesen am Sonntag (nicht immer korrekt) mit Aushängen darauf hin, warum die geplante Ladenöffnung von 12 bis 18 Uhr ins Wasser fiel. Foto: Ulrich von Mengden
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HOCHHEIM/MAIN - Offenbar hatte es sich herumgesprochen, dass am Donnerstag das Verwaltungsgericht Frankfurt den verkaufsoffenen Sonntag für Hochheim untersagt hatte. Am „Tag des Herrn“ war jedenfalls kaum etwas los in der Innenstadt. Auf der Homepage der Stadt, die die Genehmigung an den Handwerker- und Gewerbeverein (HGV) erteilte, war die Absage nicht zu finden. Irreführend jedoch der Hinweis, dass die Geschäfte zwischen 12 und 18 Uhr geöffnet hätten. Auch beim Internetauftritt HGV gab es keinen Hinweis auf den Stopp für die Geschäftsöffnung.
Wie von dieser Zeitung berichtet, hatte die „Allianz für den freien Sonntag“, in der unter anderem die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vertreten sind, Erfolg mit der Klage gegen die Genehmigung der Stadt.
Geschäfte haben sich seit Wochen vorbereitet
Bürgermeister Dirk Westedt (FDP) hatte danach die Frage aufgeworfen, wem eigentlich durch das Verbot schaden würde. Den Kunden, den Geschäftsinhabern, den Beschäftigten, der Stadt oder gar den gläubigen Christen, die den Sonntag für Familie, Muße und Besinnung reklamieren?
GESPRÄCHE
Der Handwerker- und Gewerbeverein hat großes Interesse an einer einvernehmlichen Zukunft für verkaufsoffene Sonntage. Deshalb sollen es schon bald Gespräche mit den Klägern von KAB und Verdi geben, um zu einer beiderseits akzeptierten Lösung zu kommen. (uli)
Die Inhaber der Geschäfte jedenfalls, die sich teilweise seit Wochen auf den verkaufsoffenen Sonntag vorbereiteten, mussten zähneknirschend die Ladentüren geschlossen halten. Um 12 Uhr war der Eingang zum Möbelhändler „Innatura“ mit schweren Gittern verrammelt. Dahinter brannte im Laden Licht und man sah Angestellte herumlaufen. Inhaber Peter Hedegaard hatte versprochen, Kunden, die umsonst gekommen waren, entsprechend zu informieren.
In der Mainzer Straße klebten vereinzelt Schilder an den Geschäften, die auf den gekappten Einkaufssonntag hinwiesen. Constanze Hilbig vom Modehaus Fanni Schücker und Vorstandsmitglied beim HGV, baute um 13 Uhr einen kleinen Getränkestand vor dem Geschäft auf und versorgte die Laufkundschaft gemeinsam mit einer Mitarbeiterin mit Informationen.
Unterschiedlich fielen die Meinungen der Passanten aus. „Das ist doch schrecklich“, schimpften zwei Ehepaare aus Kostheim und Gustavsburg, die eigentlich nach dem gemeinsamen Frühstück in einem Hochheimer Hotel noch zum Shoppen gehen wollten. In Anbetracht der wenigen Sonntage, um die es bei den Ladenöffnungen gehe, solle man doch großzügig sein und ein Auge zudrücken, richteten sie sich an die Adresse der Kläger. Die kleinen Geschäfte in der Innenstadt hätten es ohnehin schon schwer genug.
Rewobau-Messe als Alternativprogramm
Ganz anders sah das Siegfried Günzler. Er als Rentner hätte genug Zeit zum Einkaufen. Das müsste im Interesse der Angestellten nicht gerade an einem Sonntag sein. Ganz ähnlich sah das Uwe Odilge, der der Meinung ist, dass der Sonntag ausschließlich der Familie gehören sollte. Man habe sechs Tage in der Woche Zeit zum Einkaufen. Differenziert und ausgewogen fällt die Bewertung von Pfarrer Markus Schmidt aus, den wir auf dem Nachhauseweg nach dem Gottesdienst von St. Bonifatius ins Pfarrhaus antreffen. Er könne die Interessen der Inhaber kleiner Läden verstehen, die sich verstärkter Konkurrenz ausgesetzt sähen, man müsse aber auch verstehen, dass Beschäftigte sich an Sonntagen auch einmal ausruhen wollten. Als Konkurrenz zum Gottesdienstbesuch sah er die Ladenöffnung am Sonntag nicht.
Enttäuscht war Hannelore Metzler aus Ober-Olm. Sie war mit ihrer Freundin Helga Sinda, die zu Besuch aus Essen gekommen war, extra mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hochheim gereist, um einen gemütlichen Tagestripp mit Einkaufen, Kaffeetrinken und Einkehr in einer Straußwirtschaft zu erleben. Aus ihrer Handtasche kramte sie noch einen Zeitungsbericht, der den verkaufsoffenen Sonntag beworben hatte. Die Damen nahmen es aber gelassen. „Dann gehen wir eben zur Rewobau-Messe“, einigten sie sich schnell auch ein Alternativprogramm. Sie konnten ja nicht wissen, dass die Baumesse auf dem Weihergelände der eigentliche Grund für das Ansinnen des HGV war, einen Sonntag mit geöffneten Geschäften zu veranstalten.