Kunstaktion der Kasteler Leuschnerschule mit Stolpersteinen
Neuntklässler der Gesamtschule haben an die Schicksale von Kasteler Bürgern erinnert, die von den Nazis ermordet wurden. Die Illustrationen werden noch einige Wochen zu sehen sein.
Von Wolfgang Wenzel
Lokalredakteur Wiesbaden
Auf den Stolpersteinen stehen die Namen der Menschen, auf Kreidebildern sind ihre Gesichter zu sehen.
(Foto: Lutz Offenhammer)
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KASTEL - Mit einer Kunstaktion haben Leuschnerschüler zusätzliche Informationen zu den Stolpersteinen in der Eleonorenstraße gegeben. „Wir wollten den Opfern ein Gesicht geben“, sagte die Kunstlehrerin Stefanie Duch. Am Freitag machte sie sich mit Neuntklässlern auf den Weg an die Stätten in Kastel, an denen jüdische Bürger wohnten, die 1942 von den Nazis deportiert und in Konzentrationslagern ermordet wurden. Mithilfe von Schablonen und Kreidespray zeichneten sie auf dem Trottoir neben den kleinen Mahnmalen die Antlitze der Ehepaare Oppenheim und Wolf nach. Die Illustrationen werden noch einige Wochen zu sehen sein, bevor sie im Regen verschwimmen.
Die Ansichten fußen auf originalen Passbildern und Fotografien, die im Internet zu finden sind und im Kunstunterricht die Vorlagen für die Schablonen lieferten. Die Jahrgangsstufe neun befasst sich in einem mehrwöchigen Unterrichtsprojekt mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust. Die einzige Ansicht, die auch das Internet nicht preisgab, war die des Industriellen Dr. Julius Thilo, der ebenfalls in der Eleonorenstraße wohnte und in Mainz eine pharmazeutische Fabrik betrieb, die „Dr. Thilos Augentropfen“ herstellte. Anwohnern entging die Kunstaktion nicht. Sie empfanden es als eine respektable Leistung, dass sich jemand um die Geschichten kümmert, die sie selbst aus der Zeitung oder aus anderen Veröffentlichungen kennen. Manche von ihnen dokumentierten die Stellen mit den Kreidebildern. Beim Anfertigen kam es unter den Schülern zu bewegenden Szenen. Auch dem Journalisten und Kommunisten Friedel Janeczek, der im Konzentrationslager inhaftiert war, gaben sie an dessen Stolperstein in der Nähe der Rathausstraße ein Gesicht. Einem Schüler, der sich dieses Motiv ausgesucht hatte, sei das Erleben so nahegegangen, dass er die Aufgabe an Mitschüler abgab, berichtete die Kunstlehrerin. Die Leuschnerschule hatte sich schon in den Vorjahren um die Stolpersteine in Kastel gekümmert und die kleinen Denkmale aus Messing blank poliert, damit sie wieder ins Auge fallen. Anwohner bekundeten, dass sie keine einhellige Meinung über die Stolpersteine haben. Es sei positiv, die Geschichte lebendig zu halten, und weniger gut, darauf zu treten. In der Leuschnerschule geht die Beschäftigung mit dem Thema weiter. Zum Abschluss des Projekts empfängt die Gesamtschule Mitte Juni die Frankfurter Zeitzeugin Edith Erbrich, die als Achtjährige mit ihren Eltern 1945 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde.