Hitzige Debatte zur City-Bahn im Bürgerhaus Kastel
Von Wolfgang Wenzel
Lokalredakteur Wiesbaden
Mehr als 200 Einwohner verfolgen im Kasteler Bürgerhaus die Diskussion über die geplante City-Bahn. Foto: hbz/Jörg Henkel
( Foto: hbz/Jörg Henkel)
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KASTEL - Schlechte Karten hatte das Projekt City-Bahn bei einer CDU-Veranstaltung im Bürgerhaus. Die Gegner, angeführt von der FDP und der Bürgerinitiative Mitbestimmung City-Bahn, erhielten lauten Applaus. Die Befürworter hatten einen schweren Stand und beklagten „Aggression und Häme“. Sie seien darüber erstaunt und entsetzt.
Persönlich sei er für einen Bürgerentscheid, sagte der CDU-Kreisvorsitzende Oliver Franz nach der zweistündigen Veranstaltung. Er wolle die City-Bahn, sagte Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne). „Wir lehnen die City-Bahn ab und sind für einen Bürgerentscheid“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Diers. Wiesbaden brauche keine City-Bahn: „Holt die Bürger mit ins Boot, es ist unsere Stadt, lasst sie entscheiden: Ja oder Nein!“ sagte Initiativensprecher Knut Jöckel.
Die Meinungen gingen hin und her, Moderator Thomas Wieland fasste die Positionen am Schluss der Diskussion zusammen: Ob am Ende ein Bürgerentscheid komme, bleibe offen. Zuvor hatte Diers die Ansicht vertreten, dass die Fraktionen von CDU, SPD und Grünen in dieser Frage unentschieden seien. Franz fand, dass Diers begeistert sein müsse, bei der CDU auftreten zu dürfen. Zur FDP komme nicht so viel Publikum. Die Planungsgesellschaft City-Bahn will Tempo: Mit dem Regierungspräsidium bestehe Einigkeit, die Entwurfs- und Ausführungsplanung parallel zu entwickeln, sagte Geschäftsführer Hermann Zemlin. Mitte 2020 solle sie vorliegen, um ein Planfeststellungsverfahren zu starten. Dann könne ein Bürgerbegehren noch schneller erfolgen, erwiderten die Gegner der City-Bahn.
Mehr als 200 Einwohner verfolgen im Kasteler Bürgerhaus die Diskussion über die geplante City-Bahn. Foto: hbz/Jörg Henkel Foto: hbz/Jörg Henkel
Christian Diers (FDP) ist gegen die City-Bahn. Foto: FDP Foto: FDP
Andreas Kowol (Grüne) argumentiert dafür. Foto: Grüne Foto: Grüne
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Verkehrsleistung nicht nur mit Autos
Abgebildet wurde das Pro und Contra einer City-Bahn mit einer Fülle von Argumenten. Die Gegner des Projekts wurden aufgefordert, Alternativen zu benennen. Der Bau von Umgehungsstraßen, Schwerlastverkehr nur auf der Autobahn, durchgehende Busspuren und eine Optimierung der Bustakte, lautete die Antwort: „Wir sind keine reine Auto-BI“, sagte Jöckel. Es solle zu einem Miteinander aller Verkehrsmittel ohne Verdrängungswettbewerb und unter Einschluss autonomen Fahrens kommen, sagte Diers.
Aktuelle Probleme würden durch eine City-Bahn, die erst 2027 kommen solle, sowieso nicht gelöst, fügte Jöckel an. Kowol und der CDU-Stadtverordnete Hans-Joachim Hasemann-Trutzel hielten entgegen, dass die Verkehrsleistungen in einer auf Wachstum gestimmten Stadt nicht nur mit Autos erbracht werden könnten. Wiesbaden und Mainz zählten bald über eine halbe Million Einwohner, die Autodichte in Wiesbaden sei schon heute sehr hoch. Jeder zweite habe ein Kraftfahrzeug, die Luftverschmutzung an einigen Schwerpunkten sei unerträglich.
Das Verkehrsangebot müsse verändert werden, dazu gehöre ein neues Verkehrssystem, sagte Kowol. Bestimmt hätte man früher gegensteuern können, auch die Idee von der Gestaltung einer autogerechten Stadt sei möglicherweise falsch beurteilt worden, sagte Hasemann-Trutzel. Das dürfe nicht dazu führen, heute etwas nicht mehr zu ändern, was damals falsch gemacht worden sei.
Die Stimmung bei der Veranstaltung blieb skeptisch. Die Schwachstelle des ganzen City-Bahn-Konzepts sei die Theodor-Heuss-Brücke, sagten Kasteler Bürger. In Biebrich würde die Biebricher Allee von einer City-Bahn verhunzt, fanden Einwohner. Hermann Zemlin von der Planungsgesellschaft zuckte mit den Schultern. Der Einwand von einer Überlastung der Heussbrücke lasse sich mit noch so vielen Simulationen entkräften. Es sei schade, dass sie ignoriert würden.
Weite Teile der Diskussion kreisten um die Finanzierung des Nahverkehrsprojekts, um das Budget für die Öffentlichkeitsarbeit sowie um die Behauptung der Initiative, dass das City-Bahn-Projekt bei der Kommunalwahl 2016 keine Rolle gespielt habe. Dem sei nicht so, das Projekt sei Bestandteil des Wahlprogramms gewesen, hielten Franz und Baudezernent Hans-Martin Kessler (beide CDU) entgegen. Die Bürger hätten ein Anrecht auf Information, der Informationsbedarf sei hoch, sagte Kowol.
Vertreter der Initiative fanden, dass eine City-Bahn wahrlich kein Schnäppchen für Wiesbaden sei. Es sei auch nicht ihre Aufgabe, Alternativen zu entwickeln. Mit dem Budget für Öffentlichkeitsarbeit hätte man besser das Fraunhofer-Institut mit der Überprüfung des Projekts beauftragen können. Kowol hielt die Idee mit dem Institut für bedenkenswert. Befürworter einer City-Bahn wandten sich dagegen, das Projekt einfach nur als „spinnerte Idee“ hinzustellen.