Flüchtlinge verlassen Erbacher Schlosshotel Reinhartshausen

Seit fünf Monaten dient das Hotel Schloss Reinhartshausen als Flüchtlingsunterkunft. Ende September läuft nun der Vertrag mit dem Rheingau-Taunus-Kreis aus. Archivfoto: DigiAtel/Heibel

Der Mietvertrag mit dem Hoteleigentümer läuft Ende September aus. Unterdessen plant der Rheingau-Taunus-Kreis bereits eine neue Flüchtlingsunterkunft.

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ERBACH/MARTINSTHAL. Vom Schloss direkt ins Kloster? So einfach ist es dann doch nicht. Zwar schließt der Rheingau-Taunus-Kreis demnächst die Flüchtlingsunterkunft im Hotel Schloss Reinhartshausen und plant im ehemaligen Kloster Tiefenthal ein neues Domizil. Das wird allerdings erst in einem Jahr in Betrieb gehen. Doch der Reihe nach: Seit April leben im Hotel Schloss Reinhartshausen am Erbacher Ortseingang Menschen, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflüchtet sind.

Seit fünf Monaten dient das Hotel Schloss Reinhartshausen als Flüchtlingsunterkunft. Ende September läuft nun der Vertrag mit dem Rheingau-Taunus-Kreis aus. Archivfoto: DigiAtel/Heibel

Doch damit ist Ende September Schluss. Denn der Kreis wird den auf ein halbes Jahr angelegten Mietvertrag nicht verlängern, wie Sprecherin Maritta Borhauer bestätigte. Die Unterbringung in Schloss Reinhartshausen sei nur als kurzfristige Übergangslösung gedacht gewesen, sagte sie mit Blick auf die im April erwartete hohe Zahl ukrainischer Flüchtlinge. Ziel sei nun, die Menschen dezentral unterzubringen.

Hotel soll im Juni 2023 wiedereröffnet werden

Wie berichtet, hatte im Frühjahr Dana Hussein Qadir, der Eigentümer des ehemaligen Luxushotels, die Liegenschaft als Flüchtlingsunterkunft ins Spiel gebracht - und der Kreis hatte das Angebot dankend angenommen. Der Geschäftsmann mit kurdischen Wurzeln unterbrach damals die schon begonnene Renovierung des Anwesens, stattdessen wurden die Zimmer wieder so hergerichtet, um hier bis zu 230 Flüchtlinge unterzubringen. Das sei natürlich keine Luxusunterkunft gewesen, sagte Borhauer.

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Maximal war das Haus in den vergangenen Monaten mit 150 bis 170 Personen belegt, wie sie erläutert. In der vergangenen Woche lebten hier den Angaben nach noch 96 Flüchtlinge, die der Kreis im nächsten Monat nun anderweitig unterbringen wird: Zum Teil in einer Gemeinschaftsunterkunft in Hohenstein, außerdem seien weitere Umzüge geplant. "Das hat gut funktioniert", sagt Borhauer über die Unterbringung der Flüchtlinge in Schloss Reinhartshausen. Klagen seien ihr keine bekannt. Man sei Qadir dankbar, dass die Nutzung als Flüchtlingsunterkunft so kurzfristig möglich gewesen sei.

"Alles in Ordnung", sagte Qadirs Sprecherin Ulrike Gehring mit Blick auf die Zwischennutzung, die von Anfang an auf sechs Monate ausgelegt gewesen sei. Nun würden wieder die Renovierungsarbeiten aufgenommen. Mit dem Umbau will Qadir das Haus in "eine glanzvolle Position in der internationalen Hotellerie" zurückführen, wie es im März hieß. Das Hotel werde mit 54 Zimmern, zwölf Konferenzräumen und drei Restaurants aufwarten, kündigte Gehring an. Saniert werde auch der Spa-Bereich, neu hinzukommen soll ein Außenschwimmbad. Großen Wert lege Qadir darauf, dass der Charme des Hauses erhalten bleibe.

Das Anfang des 19. Jahrhunderts errichtete Schloss hatte einst Marianne von Oranien-Nassau als Wohnsitz gedient. Anfang der 1990er Jahre wurde es Hotel, zeitweise betrieben von der Kempinski-Gruppe. Quadir kaufte das Haus vor fünf Jahren. Ursprünglich war für den Umbau ein halbes Jahr eingeplant, wie Gehring erläuterte. "Mit der Verschiebung wird es nicht einfacher für uns", sagte sie angesichts von Lieferkettenproblemen. Geplant sei dennoch, das Haus im Juni nächsten Jahres wieder als Hotel zu öffnen.

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Umbau und Umzug im Kloster Tiefenthal

Während also die Nutzung von Schloss Reinhartshausen als Flüchtlingsunterkunft demnächst passé ist, soll einige Kilometer entfernt an der Bäderstraße in der Nähe von Martinsthal und Rauenthal mittelfristig eine neue Bleibe für Flüchtlinge entstehen. Laut Kreis-Sprecherin Borhauer mietet der Kreis zu diesem Zweck das frühere Schwesternhaus des einstigen Klosters Tiefenthal an - und zwar für die Dauer von zehn Jahren, was bedeutet, dass der Kreis damit nicht oder nicht nur die aktuelle Ukraine-Krise im Blick hat, sondern sich auch für die Zukunft rüstet. Bis zu 122 Menschen sollen hier einmal Platz finden. Der Mietvertrag sei schon unterschrieben, die Übergabe werde indes erst im Herbst 2023 stattfinden, berichtete Borhauer. Derzeit liefen noch die Abstimmungsprozesse für den erforderlichen Umbau, insbesondere in Sachen Brandschutz sei einiges zu tun.

Wie berichtet, hat der katholische Orden der Dernbacher Schwestern Kloster Tiefenthal im Sommer 2021 verlassen. Neuer Eigentümer ist mittlerweile die Knettenbrech-Stiftung. Die Stadt Eltville will nach dem Ende des Klosterbetriebs das Areal, das zu diesem Zweck etwa größer gefasst wurde und im Süden bis zur Aral-Tankstelle reicht, städtebaulich ordnen. Daher haben die Stadtverordneten im vergangenen Jahr eine Veränderungssperre erlassen und die Aufstellung eines Bebauungsplans eingeleitet. Im Fokus steht dabei insbesondere die Nutzung für soziale und gemeinnützige Zwecke, Beherbergungsstätten, freie Berufe, Büros und Einzelhandel.

Aktuelle Informationen zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.