Finn-Ole Stephan ist einer der letzten Wanderschäfer in Rheinhessen – seine Herde auf 600 Schafen und 50 Burenziegen weidet derzeit in Zotzenheim.
ZOTZENHEIM. Zur Zeit hat Finn-Ole Stephan wohl den aussichtsreichsten Arbeitsplatz in Rheinhessen. Vom 247 Meter hohen Zotzenheimer Horn kann er weit ins rheinhessische Hügelland, bis in den Hunsrück und in die Pfalz blicken und bei guter Sicht 40 Gemeinden sichten. Finn-Ole Stephan ist als Wanderschäfer mit seiner 650-köpfigen gemischten Herde unterwegs und weidet aktuell auf den Brachflächen in der Zotzenheimer Gemarkung.
Vorher war er am Sprendlinger Wiesberg und der Napoleonshöhe. Für die Beweidung des Horns wird seine Herde etwa eine Woche brauchen. Sein Weidegebiet umfasst rund 200 Hektar in Rheinhessen. Mit seiner Herde ist er zehn Monate auf „Wanderschaft“ und legt dabei 200 Kilometer zu Fuß zurück.
Unterstützt wird er bei seiner Arbeit von seinem sechsjährigen altdeutschen Hütehund Rex, der die Herde voll im Griff hat und „aufs Wort hört“. Die Herde umfasst 600 Schafe verschiedener Rassen, vorwiegend Merinolandschafe – außerdem gehören rund 50 Burenziegen dazu. Unterwegs ist Finn-Ole Stephan im Auftrag der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd.
Durch den Beweidungsauftrag leistet er mit seiner Herde einen wichtigen Beitrag zum Landschaftsschutz und zur Artenvielfalt. Durch die Beweidung wird offenes Grünland erhalten und eine Verbuschung verhindert. Die Beweidung ist dabei viel umweltschonender als eine Bearbeitung mit Maschinen. Der Boden bleibt heil, Pflanzen können wieder nachwachsen, Kleingetier und Insekten, Vögel und Eidechsen bleiben am Leben.
Die anspruchslosen Burenziegen, ursprünglich aus Südafrika stammend, sind perfekte Landschaftspfleger, auch unwegsames Gelände ist für sie kein Problem. Die Mischherde bringt, so Wanderschäfer Stephan, durch das unterschiedliche Fressverhalten und Futterspektrum von Ziegen und Schafen einen großen Vorteil. Während die Schafe Gras bevorzugen, mögen Ziegen auch Buschwerk, Baumlaub und Gestrüpp. Die Beweidung trägt auch zum Artenaustausch bei, denn Fell, Hufe und Verdauungstrakt der Tiere dienen als Transportmedium für Pflanzensamen.
Finn-Ole Stephan ist einer der letzten hauptberuflichen Wanderschäfer in Rheinhessen. Der aus Oberwiesen stammende junge Mann interessiert sich seit seiner frühesten Jugend für die Schäferei. Durch freundschaftliche Beziehungen zu einem Schäfer in Oberwiesen kam er zu diesem heute seltenen Beruf. „Praktisch ab meinem sechsten Lebensjahr bin ich mit Schafen aufgewachsen“, berichtet er. Nach einer dreijährigen Ausbildung zum Schäfer hat er sich zum Schäfermeister weitergebildet. Seit 2014 ist er selbständig.
Der 28-jährige wirkt zufrieden mit seinem Beruf. „Doch auch in unserem Berufsstand gibt es Probleme“, erzählt er. Er beklagt die äußert geringen Woll- und Fleischpreise und die teilweise geringe Akzeptanz in öffentlichen Verwaltungen.
Die Trockenheit habe seiner Herde bisher keine Probleme bereitet. Auf seinen großen Weideflächen sei noch ausreichend Futter vorhanden. Von Zotzenheim aus wird es weiter zum Ockenheimer Kloster Jakobsberg gehen. Dort hat er den nächsten Beweidungsauftrag.