Deutsche Weinkönigin macht in Rheinhessen Station

Die Deutsche Weinkönigin Sina Erdrich, Rheinhessen-Regentin Juliane Schäfer sowie die deutschen Weinprinzessinnen Linda Trarbach und Saskia Teucke (von links) fachsimpeln mit Gastgeber Tim Bernhard im Weingut Paulinenhof in Selzen. Foto: hbz/Stefan Sämmer
© hbz/Stefan Sämmer

Auf seiner Tour durch die Republik schaute der „Hofstaat“ unter anderem im Selzer Weingut Paulinenhof vorbei und lernte dabei nicht nur „Chaos-Hefe“ kennen.

Anzeige

RHEINHESSEN. Immer wieder lässt sich Eva Müller das Smartphone von Sina Erdrich geben. Die Deutsche Weinkönigin ist gemeinsam mit ihren beiden Prinzessinnen und Rheinhessen-Regentin Juliane Schäfer auf Tour durch die Anbauregionen. Zweieinhalb Tage Rheinhessen stehen auf dem Programm. Eine Tour, die Müller kennt. Die Wöllsteinerin war voriges Jahr noch Deutsche Weinprinzessin sowie Rheinhessische Weinkönigin. Und weiß daher, wann es gilt, Bilder und Videos für die Social-Media-Auftritte zu machen. Schließlich sind die Majestäten Werbeträgerinnen und Multiplikatoren für die hiesige Weinwirtschaft.

„Wir haben eine Reichweite, die wir zugunsten der Winzer nutzen wollen“, sagt Erdrich im Weingut Paulinenhof in Selzen. Dort beginnt, nach einer Stippvisite beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Oppenheim, der finale Tag der Tour. Ein Betrieb, den es schon Mitte des 18. Jahrhunderts gab, der aktuell von Vater, Mutter, Sohn und Tochter geführt wird. Letztere, Pauline Bernhard, ist übrigens die erste Pauline in der Geschichte des Paulinenhofs, der vorigen Herbst seine neue, geräumige und lichtdurchflutete Vinothek eröffnet hat. Tim Bernhard hat viel zu erzählen, über das Thema Nachhaltigkeit, über die Internationale Organisation für Rebe und Wein in Paris, wo er Projektmanager ist. Und über die alkoholische Gärung, die er anhand von Zeichnungen von „böser Hefe, exotischer Hefe, Chaos-Hefe, Vertreter-Hefe und Promi-Hefe“ ähnlich unterhaltsam zu erklären weiß wie ehedem Heinz Rühmann („Pfeiffer mit drei f“) im Komödien-Klassiker „Die Feuerzangenbowle“.

Vermarktung ist wichtig. Im Paulinenhof weiß man das, 70 Prozent des Weins gehen ab Hof weg. In der Pandemie war das von Vorteil, weil geschlossene Restaurants und ausgefallene Feste weit weniger ins Kontor schlugen. Auch in Sachen Nachhaltigkeit setzt der Betrieb, der Träger des Fair’n-Green-Zertifikats ist, auf Kommunikation und Außendarstellung, um Aufmerksamkeit zu erregen und Nachahmer zu finden. Müller hat derweil das Smartphone im Blick, sichtet womöglich die Social-Media-Kanäle – oder den Zeitplan. Denn bei der Gebietsweinwerbung Rheinhessenwein grassiert die Krankheitswelle, sodass ausnahmsweise nicht „Queen Mum“ Andrea Horst die Majestäten im Kleinbus durch die Region kutschiert, sondern, quasi als Freundschaftsdienst – Müller. Besonders der weinhistorische Rundgang durch Mainz hatte es der Wöllsteinerin angetan: „Da sieht man unsere Mentalität. Wein ist nicht nur Beruf, sondern Teil unserer Kultur und Geschichte.“

Dann gibt es Sekt, im Glas und als Praline. Die Süßigkeit auf die Zunge legen, zergehen lassen, einen Schluck trinken, lautet Tim Bernhards Empfehlung. Wein als Genussmittel, Wein in unerwartetem kulinarischem Kontext. Und die Präsentation macht’s. „Ich stamme gar nicht aus einer Weinbaufamilie“, erzählt Weinprinzessin Saskia Teucke aus der Pfalz. Einst wurde sie in ihrer Heimatgemeinde gefragt, ob sie nicht Weinkönigin werden wolle. „Du kannst tanzen, siehst gut aus, kannst reden und netzwerken“, habe das Argument gelautet. Teucke machte mit, fand Gefallen, wurde Gebietsweinkönigin – und als Marketing-Kommunikationskauffrau auch beruflich Teil der Weinwelt, die auf unterschiedlichste Weise wächst. Und die gern kommuniziert, jetzt, wo das analoge Leben wieder in Bewegung kommt. „Ich freue mich über jede Begegnung, die hier möglich ist“, strahlt Weinprinzessin Linda Trarbach von der Ahr, die ebenfalls im Weinmarketing aktiv ist.

Anzeige

„Die Vielfalt“ ist das, was Sina Erdrich besonders an Rheinhessen fasziniert. „Wir haben ein total schönes Programm, alteingesessene Betriebe und Quereinsteiger, große und kleine, ökologische und konventionelle. Weil die Region so groß ist, kann jeder das machen, was er will, denn niemand muss alle Bereiche abdecken. Es gibt Anbaugebiete, da musst du 30 Rebsorten auf der Karte haben. Hier kannst du die Kunden einfach zum nächsten Betrieb schicken.“ Wenn diese Haltung sich etabliert, habe eine Region die Chance durchzustarten. „Ich habe das Gefühl, dass diese Kollegialität immer mehr ins Bewusstsein kommt“, sagt die Badenerin. Sie sagt auch: „Ich glaube, die kleineren Regionen haben schneller gemerkt, dass sich alle gemeinsam vermarkten müssen.“ Dabei gebe es vor allem in der Wechselwirkung aus Weinbau und Tourismus viel zu gewinnen. Und mit der Qualitätsorientierung im, im Vergleich beispielsweise zu Spanien, immer noch von der reinen Quantität her kleinen Weinerzeugerland Deutschland.