Carmen Stahlschmidt aus Oppenheim bringt neuen Katalog raus

Kaum erscheint der eine, da könnte Carmen Stahlschmidt auch schon wieder einen neuen Katalog herausbringen. 20 bis 50 Zeichnungen und fünf bis zehn Skulpturen schafft die Künstlerin im Jahr. Foto: hbz/Michael Bahr
© hbz/Michael Bahr

Die Künstlerin arbeitet zurzeit an einer bespielbaren Heuschrecke für den städtischen Kindergarten.

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OPPENHEIM. Verschiedene Stifte liegen verstreut und doch geordnet auf der langen Werkbank im Eingangsbereich. Dazwischen präparierte Insekten. Sie sind Vorbild für die Zeichnungen daneben – mal auf klassischem Papier, mal auf Kalkpapier verewigt.

Kaum erscheint der eine, da könnte Carmen Stahlschmidt auch schon wieder einen neuen Katalog herausbringen. 20 bis 50 Zeichnungen und fünf bis zehn Skulpturen schafft die Künstlerin im Jahr. Foto: hbz/Michael Bahr

„Das Kalkpapier ist halt sehr empfindlich. Man muss es zum Transportieren rollen“, berichtet Carmen Stahlschmidt. Die Künstlerin aus Oppenheim verbrachte den September im französischen Saint Mathieu, wo sie mit einem Stipendium in einem Künstlerhaus wohnte und an ihren Werken arbeitete. Von hier kommen auch die Insekten. „Die habe ich geschenkt bekommen.“

Stahlschmidt verlor in Frankreich ihr Herz an die kleinen Geschöpfe, sodass sie nicht nur auf Zeichnungen Einzug in ihr Leben erhielten. Ihr aktuelles Projekt: eine Heuschrecke für den städtischen Kindergarten „Grashüpfer“ in Westhofen. „Der ist bespielbar, da können die Kinder drauf herumklettern“, erzählt die Künstlerin über das rund zwei Meter lange und ein Meter hohe Objekt. „Der Körper wird aus Findlingen bestehen, der Kopf und die Beine aus Bronze.“

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Klar, dass es bei so viel Inspiration Zeit für einen neuen Katalog wurde, der vergangene erschien vor acht Jahren. Ein Jahr hat Stahlschmidt am neuen Katalog gearbeitet, unterstützt von Freunden. „Iga ist Typografin und hat mir sehr geholfen. Sie hat den Katalog gesetzt und mit mir die Werke ausgewählt.“ In den vergangenen Monaten habe sie so viele neue Werke erstellt, dass sie schon wieder einen neuen Katalog rausbringen könne, scherzt sie. „Im Jahr sind es 20 bis 50 Zeichnungen und fünf bis zehn Skulpturen.“

Viele Highlights im neuen Katalog

Zurzeit arbeitet die Künstlerin an vier Zeichnungen parallel. „Ich mache das immer so, da neu anfangen schwer ist.“ Denn ein Kunstwerk will geplant sein: „Die Findung vor der Zeichnung ist ein langer Weg“, sagt die 62-Jährige. In ihrem Atelier hängt eine halb fertige Zeichnung von einem Fisch, an der Wand dahinter vier fertige Kunstwerke. Wenn sie durch ihren neuen Katalog blättert, fällt es ihr schwer, ein Lieblingswerk zu nennen. Schließlich bleibt ihr Blick auf Seite 33 hängen. Sofort sticht die rote Blume ins Auge. Unter ihr liegt eine schlafende Person im Gras. Erst auf den zweiten Blick fällt der rote Fleck auf ihrer Brust auf. Schläft sie wirklich nur?

„Das Bild entstand für eine Ausstellung zum Thema Musik, Kunst und Literatur“, erklärt sie. Das Bild richte sich nach einem Gedicht von Arthur Rimbaud. „Er hat ein Gedicht geschrieben von einem Schläfer im Tal. Im Laufe der Erzählung wird die Stimmung immer unheimlicher. Später kommt raus, dass die Figur zwei Löcher im Körper hat. Sie ist tot statt eingeschlafen.“ Wenn Stahlschmidt zeichnet, versucht sie, vom eigentlichen Objekt wegzukommen. „Ich arbeite auch viel mit der Lupe für Details“, sagt sie. Dabei fallen ihr große Bilder leichter als kleine. „Ich würde sehr gern mal auf eine große weiße Wand zeichnen.“

Stahlschmidt wollte schon immer Künstlerin werden, das Talent brachte der Vater mit. Sie erzählt lächelnd: „Seine Begabung hat er aber kaum genutzt. Die Nachbarn haben immer gesagt, er hat’s von mir geerbt.“

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Wenn sie nicht zeichnet, arbeitet sie an ihren Skulpturen, singt im Chor oder setzt sich an ihre Nähmaschine. „Ich nähe gern, habe dafür aber kaum Zeit.“ Für nächstes Jahr hat sie auch schon Pläne: „Ich bin in Werder bei Potsdam eingeladen. Das ist die Partnerstadt von Oppenheim.“ Theodor Fontane werde 200 Jahre alt im kommenden Jahr, bei der Ausstellung gehe es um das Thema Mobilität, angelehnt an Fontanes Buch „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. Hierzu seien ein Meter breite und zwei bis vier Meter hohe Zeichnungen auf Stoff geplant. „Ich habe schon mal probeweise Fontane dreidimensional für mich gemacht.“

Von Sonja Ingerl