Der Niersteiner Geschichtsverein hat weitere Fördermittel für die Restaurierung von Archivalien erhalten. Die können einen Blick in die bislang unerforschte Geschichte...
NIERSTEIN. (red). Einen gewaltigen Schritt voran kommt der Geschichtsverein Nierstein mit seinem Projekt, das Stadtarchiv wieder komplett zugänglich zu machen. Für die Restaurierung der in Speyer deponierten Archivalien erhält der Verein jetzt weitere Fördermittel in Höhe von 26 500 Euro aus dem Sonderprogramm der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Bundestagsabgeordneten Professor Monika Grütters. Damit stehen für das Projekt jetzt insgesamt 53 000 Euro zur Verfügung.
„Es war ein kräftezehrender Prozess“, sagt die Zweite Vorsitzende des Geschichtsvereins, Dr. Susanne Bräckelmann, die zugleich für die Stadt als ehrenamtliche Archivbeauftragte fungiert. Schon im Januar hatte sie unter Zeitdruck den Antrag mit dem Titel „Lückenschluss in Nierstein – Quellen für die Regionalforschung im 18. Jahrhundert“ ausgearbeitet. Damit erhoffte sie sich eine Verdoppelung des bereits zur Verfügung stehenden Kapitals von 26 500 Euro (15 000 Euro Fördermitteln vom Land, 1500 Euro Eigenanteil des Geschichtsvereins und 10 000 Euro Spenden). Die fristgerechte Abgabe sei, so Bräckelmann, nur dank der Unterstützung von Dr. Annette Gerlach gelungen, der Leiterin der Landesstelle Bestandserhaltung, die für die Befürwortung dieses Antrags durch das rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerium sorgte. Dort wurde das Projekt wegen des herausragenden Quellenbestands des Stadtarchivs für 2020 als „das wichtigste und bedeutendste“ des Landes gewürdigt.
Vor einigen Wochen dann kam die Zusage. Damit stehen nun 53 000 Euro zur Verfügung. Den Auftrag erhielt der Restaurationsbetrieb Schempp in Kornwestheim.
Es kann nun ein großer Teil der am schwersten geschädigten Archivalien gereinigt und restauriert werden. In den ausgewählten 40 der 54 Bündel befinden sich vor allem Niersteiner Gerichtsprotokolle aus dem 18. Jahrhundert.
Blick in unerforschte Geschichte Niersteins
Sie liegen, so Bräckelmann, für die Zeit von 1705 bis 1798 nahezu vollständig vor – ein Zeitraum, in dem Niersteins Entwicklung und Geschichte bislang kaum erforscht sei. Die Gerichtsprotokolle umfassten dazu auch die Dekade unmittelbar nach der Französischen Revolution und schließen zeitlich an das in Auszügen edierte Protokollbuch des Niersteiner Rittergerichts (1654-1661) an. Ob die Auswahl komplett restauriert werden kann, wird sich im Laufe der Arbeiten zeigen, da die Schwere der Schäden im Vorfeld nur stichprobenartig untersucht werden konnte. Nach Abschluss des mit 53 000 Euro geförderten Projektes soll der Restaurierungsbetrieb ab 2021 an diesem Bündelbestand weiterarbeiten, dafür werden die bewilligten 5000 Euro aus dem Stadt-Etat eingesetzt.
Die Restaurierungskosten aller 54 Bündel waren 2018 auf etwa 71 000 Euro geschätzt worden. Wenn dieses „Bündelprojekt“ abgeschlossen ist, bleibt noch ein Bestand von rund 100 Archivalien übrig, die im Landesarchiv Speyer bereits gereinigt wurden. Das heißt auch, die Bemühungen um finanzielle Unterstützung gehen weiter.