Neubau der Rettungswache in Nierstein, dazu eine Außenstelle mit einem Fahrzeug in Guntersblum, am Besten unter dem Dach eines neuen Feuerwehrgerätehauses – das wäre die...
NIERSTEIN/GUNTERSBLUM. Neubau der Rettungswache in Nierstein, dazu eine Außenstelle mit einem Fahrzeug in Guntersblum, am Besten unter dem Dach eines neuen Feuerwehrgerätehauses – das wäre die ganz große Lösung für die Ersthelferversorgung in der Verbandsgemeinde Rhein-Selz (und darüber hinaus). Immerhin: Eine wissenschaftlich fundierte Basis für dieses Modell hat der Landkreis Mainz-Bingen als Träger des Rettungswesens jetzt in der Hand. Alles andere wird Gegenstand von Diskussionen – vor allem ums leidige Geld.
Am Mittwoch hat Landrat Claus Schick in der Niersteiner Rettungswache den Beteiligten die Gedankenspiele des Kreises erstmals detailliert vorgestellt – in einem mittlerweile 26 Jahre alten Haus, das neuesten Ansprüchen nicht mehr genügt. Dass die Wache entweder grundlegend saniert oder neu gebaut werden muss (Kostenpunkt: rund 1,5 Millionen Euro), darüber sind sich die Experten einig. Doch damit nicht genug: Der Kreis gab eine deutschlandweit einmalige wissenschaftliche Studie in Auftrag, um das gesamte Rettungswesen im südlichen Landkreis (Verbandsgemeinden Rhein-Selz und Bodenheim) unter die Lupe zu nehmen. Und er bekam eine eindeutige Empfehlung.
Unter der Regie von Dr. Michael Schröder fütterte das Fraunhofer-Institut Kaiserslautern seine Rechner mit 60 000 Datensätzen von Rettungseinsätzen im Südkreis in den Jahren 2013 bis 2016. Dazu flossen Einwohnerstatistiken und Straßendaten ein – quasi eine Komplett-Simulation des Rettungswesens. Mit diesen Daten wurden sechs verschiedene Szenarien durchgespielt, die eine Fach-AG des Kreises entworfen hatte. Zunächst wurde der Status quo beleuchtet, dann der Ausbau in Nierstein von drei auf vier Rettungswagen, eine Verlegung ins Oppenheimer Krämereck Süd, dasselbe mit einem Fahrzeug mehr und schließlich die Standorte Nierstein, Oppenheim und Bodenheim mit Ein-Fahrzeug-Außenstellen.
Am Ende gab es keine zwei Meinungen: Ideal wäre laut der mathematischen Erhebung eine Beibehaltung des Standortes Nierstein plus ein zusätzliches, rund um die Uhr besetztes Fahrzeug in Guntersblum: „Es ergibt sich nirgendwo eine Verschlechterung gegenüber der heutigen Situation, im Süden des Gebiets jedoch eine sehr starke Verbesserung der Hilfsfrist“, schreibt Schröder und meint damit auch die Verbandsgemeinde Eich. Im Durchschnitt würde die Zeit zwischen Eingang des Notrufs und Eintreffen der Helfer 6:47 Minuten betragen. 95 Prozent der Bevölkerung könnten in 10:13 Minuten versorgt werden – deutlich unter der vorgeschriebenen 15-Minuten-Marke.
Grundstück in der Alsheimer Straße ins Auge gefasst
„Wir haben jetzt gute Argumente und können mit dem Roten Kreuz in die Planung gehen“, meinte Dr. Stefan Cludius, Erster Staatlicher Beamter beim Kreis. Doch da stecken noch viele Teufel in vielen Details. Sanierung oder Neubau der bestehenden Rettungswache in Nierstein an der B 9 könnten angesichts der großen Einigkeit schon kommendes Jahr beschlossen werden. Ein Grundstück für die Außenstelle Guntersblum hat man zumindest schon im Auge: VG-Bürgermeister Klaus Penzer hat einen Standort in der Alsheimer Straße ins Gespräch gebracht, auf dem ein neues Gerätehaus entstehen soll. „Die Feuerwehr hätte da schon die Infrastruktur, übertrieben gesagt bräuchten wir nur einen Carport“, sage Dr. Guido Scherer, Ärztlicher Leiter der Rettungsdienste Rheinhessen.
Problematisch wird es beim Geld: Das Personal für ein weiteres Rettungsfahrzeug (Scherer: „Das brauchen wir unbedingt“) müssten die Krankenkassen bezahlen. „Da reden wir über richtig Geld“, weiß Landrat Schick. Zudem hätte ein neuer Standort Auswirkungen über den Kreis hinaus, vor allem nach Worms. Dass die 40 000 Euro für die Fraunhofer-Studie dennoch gut angelegtes Geld waren, davon ist man beim Kreis überzeugt. Nun heißt es Überzeugungsarbeit für die gewünschte Ideallösung zu leisten.
Von Ulrich Gerecke