Ortsumgehung: BI-Vorsitzender Peter Hieronimus zum aktuellen...

Engstellen wie hier in der Mainzer Straße in Elsheim würden mit einer Ortsumgehung entlastet werden.Archivfoto: hbz/Henkel  Foto:

Bei der Diskussion um Umgehungsstraßen für Stadecken-Elsheim sorgt eine Schadstoffmessung für große Aufregung. Stadecken-Elsheim ist die Gemeinde mit den höchsten...

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STADECKEN-ELSHEIM. Bei der Diskussion um Umgehungsstraßen für Stadecken-Elsheim sorgt eine Schadstoffmessung für große Aufregung. Stadecken-Elsheim ist die Gemeinde mit den höchsten Stickoxidwerten in ganz Rheinland-Pfalz. Das Land hat darauf reagiert und ist durch die Benennung von 17 Ortsumgehungen (darunter auch die Nord- und die Westtrasse in Stadecken-Elsheim) von seiner bisherigen Haltung, nur Straßenerhaltungsmaßnahmen, aber keine Neubauprojekte zu finanzieren, abgewichen. Die AZ sprach über die Auswirkungen dieser Entwicklung mit Peter Hieronimus, dem Ersten Vorsitzenden der Bürgerinitiative (BI) „Umgehungsstraßen Stadecken-Elsheim“.

Herr Hieronimus, auf der Basis der aktuell schlechten Messwerte sollte doch eigentlich den Forderungen nach den Umgehungen jetzt der nötige Nachdruck verliehen worden sein. Wie stellt sich die Situation aus Sicht der BI dar?

Wir sehen die jetzige Situation als nicht einfacher an. Vielmehr haben wir jetzt den zusätzlichen Druck, dass wir landesweit mit 15 weiteren Projekten in unmittelbarer Konkurrenz stehen. Zudem hat das Land klare Vorgaben gemacht, wie die Realisierung vorangebracht wird. Deshalb sehen wir es zunächst als unabdingbar an, dass nun alle Verantwortlichen in der Gemeinde an einem Strang ziehen, damit wir überhaupt wirkliche Realisierungschancen haben. Das muss sehr zügig erfolgen, um bei der Priorisierung der Projekte nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Wie beurteilen Sie den derzeitigen Verfahrensstand?

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Natürlich begrüßen wir sehr, dass überhaupt wieder Bewegung in die Angelegenheit gekommen ist. Aber wir bemängeln auch, dass sich bisher kein Verantwortlicher dazu geäußert hat, wie für die Betroffenen kurzfristig die Situation erträglicher gestaltet werden soll. Nach den nun im Raum stehenden Messwerten können wir keinesfalls akzeptieren, dass über den vorgesehenen Planungsrahmen von 10 bis 15 Jahren keine Verbesserungsmaßnahmen begleitend durchgeführt werden. Beispielsweise könnten wir uns ein Durchfahrtsverbot für Lastwagen vorstellen.

Wären damit die drängendsten Probleme gelöst?

Nein, selbstverständlich sind weitergehende Maßnahmen zur Verkehrsentlastung denkbar und alle Möglichkeiten sollten von den Verantwortlichen geprüft und ausgeschöpft werden. Zudem ist unser Wunsch, dass die beteiligten Stellen alles versuchen, im Sinne einer tatsächlichen und nachhaltigen Entlastung der betroffenen Anlieger, die Verfahren insgesamt spürbar zu beschleunigen.

Welche Schritte sind aus Sicht der BI vorrangig zu machen, damit kurzfristig die Auflagen des Landes erfüllt werden?

Die bisherige Planung der ortsnahen Nordtrasse kann aus unserer Sicht so nicht bestehen bleiben, weil inzwischen durch Neubaumaßnahmen der erforderliche Platz dafür nicht mehr vorhanden ist. Zudem würden die Emissionen mit der bestehenden Planung lediglich innerhalb des Ortes verlagert werden. Auch haben sich bereits Widerstände geregt, die in Form einer Gegen-BI die Umsetzung der alten Planung verhindern wollen. Wir sehen dadurch die vom Land geforderte Rechtssicherheit infrage gestellt.

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Und wie sieht es mit der Westtrasse aus?

Im Planfeststellungsverfahren hatte das Land eine Westtrasse vorgegeben, die die „Elftausend-Mägde-Mühle“ vom Ort abgetrennt hätte. Diese Variante wäre ohnehin keine echte Umfahrung, weil die Trasse innerhalb des Ortes auf die Schulstraße zurückgeführt worden wäre. Also auch hier meinen wir, dass die Gesamtplanung beider Trassen ergebnisoffen überprüft und den aktuellen Entwicklungen angepasst werden muss.

Gibt es weitere Überlegungen seitens der BI hinsichtlich der Umsetzung?

Im Zuge dieser grundsätzlichen Planungsüberarbeitungen könnte unserer Meinung nach auch die Überlegung Berücksichtigung finden, durch eine Selz-Querung mit der Westtrasse die Voraussetzung zu schaffen, eine Anbindung an eine Trasse zur Entlastung der Selztal-Anrainergemeinden bis nach Ingelheim herzustellen. Wir wissen, dass es hierzu konkrete Wünsche und Vorstellungen von Bürgern dieser Gemeinden gibt.

Welches Fazit ziehen Sie aus der augenblicklichen Situation?

Es sind sehr viele Fragen offen und wir drängen darauf, dass die Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) und dem Land schnell zu einer tragbaren Planung kommt. Mit einigem Befremden haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass in den Vorgaben des Landes gleich im ersten Quartal 2018 eine Bewertung der Projekte vorgenommen werden soll. Grundlage hierfür soll unter anderem das Kosten-/Nutzenverhältnis der geplanten Umgehungen sein. Wir fragen uns, wie hierbei der Gesundheit der Menschen Rechnung getragen wird oder ob diese überhaupt in die Bewertungen einfließt. Zudem sind wir der Meinung, dass die bisherige Ablehnung einer Selz-Querung mit Hinweis auf den Vogelschutz überdacht werden muss. Es gibt Vorschläge, das bestehende Schutzgebiet im Gegenzug erheblich auszuweiten. Man erreicht so eine Win-Win-Situation für alle Bereiche.

Das Interview führte Wolfgang Bohrmann.