Funktioniert die Impftermin-Vergabe in Mainz-Bingen?

Für viele ein herbeigesehnter Moment: die Impfung. Foto: dpa

Eine Harxheimerin verzweifelt beim Versuch, ihre Mutter für einen Impftermin zu registrieren. Was das Land dazu sagt – und wie die Sache ausging.

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MAINZ-BINGEN/HARXHEIM. Was tun, wenn alle Impfberechtigten rundum einen Impftermin bekommen haben, man selbst aber nicht? Das erlebt derzeit die Harxheimerin Anja Frieß. Seit gut vier Wochen versucht sie einen Termin für ihre Mutter zu bekommen. Mit eher mäßigem Erfolg.

Für viele ein herbeigesehnter Moment: die Impfung. Foto: dpa
Die Verunsicherung über den Wirkstoff von Astrazeneca ist groß. Ist er auch für lungenkranke Risikopatienten geeignet? Foto: dpa

Ihre Mutter ist 78 und nach einer Lungenembolie Risikopatientin. „Ihr Lungenfacharzt hat ihr gesagt, wenn sie schwer an Covid-19 erkrankt, wird sie das nicht überleben“, sagt Anja Frieß. „Meine Mutter lebt deshalb seit mehr als einem Jahr in absoluter Isolation – das ist schlimmer als im Altenheim!“ Sie selbst habe ihre Mutter in 13 Monaten vielleicht fünfmal gesehen – die Familie betreibt ein Weingut, und durch den ständigen Kundenkontakt wäre das Risiko für eine Ansteckung zu groß. Bleibt das Telefon – und ihr Bruder, der sich um die Mutter kümmert und dafür seine eigenen Kontakte stark eingeschränkt hat.

„Der 6. März war deshalb ein Glückstag für meine Mutter“, erzählt Frieß. Das war der Tag, ab dem sich Risikopatienten für einen Impftermin registrieren konnten. Doch damit begann eine Endlos-Geschichte. Erster Versuch: die Online-Registrierung. Alles schien glatt zu laufen, die Bestätigung kam prompt. Aber kein Termin. Eine 65-jährige Bekannte habe sich zwei Tage später registriert – und ihren Termin eine Woche darauf erhalten. Auch die Schwiegermutter von Anja Frieß meldete sich vier Tage nach ihrem ersten Versuch an und hat längst einen Termin.

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Also versuchte die Harxheimerin, telefonisch nachzuhaken. Sie bekam immer dieselben Antworten. „Es wurde mir geraten, meine Mutter nochmals zu registrieren.“ Frieß vermutet, dass die Online-Registrierung nicht zuverlässig funktioniert, trotz Eingang der Bestätigung. Das allerdings will das Land nicht bestätigen: „Ein generelles Problem mit der Online-Registrierung ist uns nicht bekannt“, heißt es aus der Presseabteilung der Geschäftsstelle Impfen beim Gesundheitsministerium in Mainz.

„Ganz generell müssen bei der Terminvergabe mehrere Sachverhalte berücksichtigt werden“, erklärt eine Sprecherin auf Nachfrage. Etwa die Auslastung des Impfzentrums, die Priorisierung der Impfkandidaten, der Zeitpunkt der Registrierung und die verfügbare Impfstoffmenge Impfstoffes.

Die Sprecherin erklärt den Ablauf der Terminvergabe: Nach der Online-Registrierung erhalte jeder eine E-Mail mit einem Link. „Wenn dieser Link aktiviert wurde, erhält man eine Online-Vorgangsnummer und die Registrierung ist in jedem Fall im Terminvergabesystem eingegangen.“ Werde der Link allerdings nicht aktiviert, verfalle er nach 72 Stunden und die Anmeldung sei nicht registriert.

Natürlich hat die Harxheimerin das alles gemacht und kann das auch belegen. Doch erst beim vierten Anruf habe eine Mitarbeiterin überprüft, ob die Vorgangsnummer tatsächlich vorliegt. Das Ergebnis: Eine zweite Registrierung war nötig. Trotz Bestätigung und Vorgangsnummer. Das komme öfter vor, hätten ihr mehrere Mitarbeiter über die Hotline bestätigt.

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Jetzt endlich, nach zahlreichen Telefonaten und Standard-Antwort-Mails, hat Anja Frieß die Zusage, dass ihre Mutter im Laufe des Mai einen Termin für eine Impfung erhalten werde. Aber: mit Astrazeneca. Trotz Lungenembolie. Trotz der möglichen Nebenwirkungen. Was also tun? „Man kommt einfach an niemanden dran. Es muss doch irgendwo eine Stelle geben, wo man über solche Fälle sprechen kann“, sagt die Harxheimerin. Doch das Land verweist solche Patienten an die zuständige Hausarztpraxis oder andere mit dem Fall vertraute Mediziner: „Die telefonische Behandlung komplizierter medizinischer Sachverhalte per Hotline erscheint nur bedingt angezeigt“, sagt die Sprecherin. Dies gelte auch für eine etwaige Diskussion über medizinische Gutachten.

Die Mutter von Anja Frieß habe inzwischen jegliche Zuversicht verloren, sagt die Tochter. Die letzte Hoffnung für die 78-Jährige ist nun der Hausarzt. Der beginnt jetzt mit dem Impfen – mit dem Wirkstoff von Biontech. Und er kennt natürlich seine Patientin und ihre Vorerkrankungen. Auch wenn die Warteliste nicht gerade kurz ist – vielleicht ist die ältere Dame bis Mai schon geimpft.