Das Bacharacher Stadtgremium will einen mobilitätstechnischen Rückfall in die 1980er Jahre nicht hinnehmen. Dafür sollen auch die Nachbargemeinden mit ins Boot geholt werden.
BACHARACH. Schon der Verbandsgemeinderat hatte sich bei seiner letzten Zusammenkunft vor Weihnachten klar gegen den ausgedünnten Zugfahrplan ausgesprochen (die AZ berichtete). Auf Antrag der CDU-Fraktion befasste sich nun auch das Bacharacher Stadtrat mit den im Netzfahrplan 2019 vorgenommenen Kürzungen. Einstimmig plädierten die Vertreter dafür, einen mobilitätstechnischen Rückfall in die 1980er Jahre nicht widerstandslos hinzunehmen und auch die Nachbargemeinden mit ins Boot zu holen, um gemeinsam Verbesserungen zu erzielen.
Größtes Ärgernis ist die ersatzlos gestrichene, letzte tägliche Zugverbindung um 23.51 Uhr ab Mainz Richtung Mittelrheintal. Aktuell, so Norbert Wagner, verlasse der letzte Zug montags bis donnerstags Mainz bereits um 22.05 Uhr. Lediglich freitags und samstags würden auch später noch Züge verkehren, aber nicht den Stand des ursprünglichen Fahrplans erreichen. Nicht nur für die Menschen, die im Rhein-Main-Gebiet Abendveranstaltungen besuchen wollten, sei die Streichung nicht hinzunehmen, auch viele Berufspendler seien betroffen.
Weitere Einschnitte könnten folgen
Wagner ging sogar noch einen Schritt weiter. „Wir befürchten, dass diese Verschlechterung vor dem Hintergrund der finanziellen Engpässe des für den Nahverkehr verantwortlichen Landes erst der Anfang von Kürzungen im Bahnangebot sind und weitere Einschnitte folgen“, legte er dar und forderte stattdessen eine Sicherstellung der Erreichbarkeit der Gemeinden des Mittelrheintals bis Mitternacht. Konkret machte er zwei Vorschläge: Einmal die Fahrt der Mittelrheinbahn, die montags bis donnerstags um 23.34 Uhr in Bingerbrück endet, bis Koblenz fortzuführen. Zum anderen die Weiterführung der eingekürzten Regionalexpress-Fahrt, der Frankfurt um 23.08 Uhr verlässt, mit Stopps an allen Stationen zwischen Bingen und Koblenz. Gefordert wird außerdem der Anschluss an die Expresslinie von Koblenz nach Kaiserslautern, die bislang nicht in Bacharach hält. Die Anbindung der Stadt würde die Fahrtzeit nach Bad Kreuznach durch den Wegfall des Wartens und Umsteigens in Bingerbrück mehr als halbieren. Sie läge nur noch bei rund 20 Minuten.
Situation für Touristenregion nicht akzeptabel
Karl-Heinz Schleis sah in einer Ausdünnung des Angebotes nicht nur die Gemeinden im Rheintal benachteiligt, sondern auch die Zentren. Für ihn stand fest, dass eine neue Nahverkehrspolitik her muss. „Der Nahverkehr sollte kostengünstiger bis kostenfrei angeboten werden“, sagte der Stadtchef. Für ihn wie alle Ratskollegen war es ein Unding, dass eine Touristenregion nach 22 Uhr nicht mehr mit der Bahn erreichbar sein soll.
Verantwortlich für den Nahverkehr sei das Land, erklärte Wagner: „Kein Nahverkehrszug fährt, wenn ihn das Land und der Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd nicht bestellen und bezahlen.“ Die Steuergelder dafür kämen aus Berlin. Die Zeit drängt gleich doppelt, denn der im Dezember 2019 in Kraft tretende Jahresfahrplan wird bereits in den Monaten März und April aufgestellt. Außerdem muss nach Meinung des Bacharacher Rates dringend ein schlüssiges Verkehrskonzept für das Mittelrheintal her – auch im Hinblick auf die Bundesgartenschau 2029. „Die breite Masse kann dabei sicherlich mehr bewegen als eine einzelne Kommune“, trat Thomas Gundlach (SPD) ebenso wie Dieter Stiehl (FWG) energisch für ein Zusammenstehen für bessere Zugverbindungen ein.