AZ befragt hauptamtliche Bürgermeister von Verbandsgemeinden...

Robert Scheurer, Bürgermeister der VG Bodenheim. Archivfoto: hbz/Stefan Sämmer  Foto:

In ganz Rheinhessen wird über die Nebentätigkeiten der hauptamtlichen Bürgermeister kontrovers diskutiert, besonders darüber, ob und in welchem Umfang die...

Anzeige

MAINZ-BINGEN. In ganz Rheinhessen wird über die Nebentätigkeiten der hauptamtlichen Bürgermeister kontrovers diskutiert, besonders darüber, ob und in welchem Umfang die Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder an die öffentlichen Kassen abgeführt werden müssen. Es gibt unterschiedliche Rechtsauffassungen der Kommunalaufsicht in der Kreisverwaltung und beim Gemeinde- und Städtebund.

Robert Scheurer, Bürgermeister der VG Bodenheim. Archivfoto: hbz/Stefan Sämmer  Foto:
Rainer Becker, Bürgermeister der verbandsfreien Gemeinde Budenheim. Archivfoto: hbz/Kristina Schäfer  Foto:
Kerstin Klein, Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Budenheim. Archivfoto: hbz/Judith Wallerius  Foto:
Ralph Spiegler, Bürgermeister der VG Nieder-Olm. Archivfoto: hbz/ Judith Wallerius  Foto:

Auslöser der Debatte sind eine Diskussion in der Verbandsgemeinde Nieder-Olm und die Rolle von Bürgermeister Ralph Spiegler (wir berichteten mehrfach) bei der Energie-Dienstleistungsgesellschaft Rheinhessen-Nahe (EDG) und der Wasserversorgung Rheinhessen-Pfalz (WVR). Die AZ hat die hauptamtlichen Bürgermeister der Verbandsgemeinden Rhein-Selz, Bodenheim, Nieder-Olm und Heidesheim sowie der Gemeinde Budenheim einen Fragenkatalog zu den Nebentätigkeiten vorgelegt. Hier die Antworten.

Die Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen der EDG und WVR bezeichnet der Bürgermeister der VG Bodenheim, Dr. Robert Scheurer (CDU), als Tätigkeiten im Hauptamt: „Das Geld wird direkt an die Verbandsgemeinde Bodenheim überwiesen.“ Die VG sei ausschließlich an diesen beiden Gesellschaften beteiligt. Als Mitglied im WVR-Aufsichtsrat, als Nebentätigkeit von der Kommunalaufsicht genehmigt, führe er das Salär an die VG ab.

Anzeige

Andere Ehrenämter wie im Kreistag und dessen Ausschüsse, Beiratsmitgliedschaften und die Nebentätigkeit in seiner ehemaligen Tierarztpraxis (seit Sommer 2017 geschlossen) seien ebenfalls der Kreisverwaltung angezeigt, beziehungsweise von dieser genehmigt worden. „Die Einnahmen aus allen Nebentätigkeiten, der inzwischen geschlossenen Praxis und Beiräten lag pro Jahr zusammen unter 1100 Euro“, informiert Scheurer.

Der Bürgermeister sagt abschließend zum Zeitaufwand: Die Zeit für die meist nur einmal im Jahr stattfindenden Beiratssitzungen, für die sechs Kreistagssitzungen sowie 12 bis 18 Kreistagsfraktionssitzungen gehen ebenso wie die Besuche als hauptamtlicher Bürgermeister bei den Gemeinderatssitzungen der zur VG Bodenheim gehörenden Ortsgemeinden, den Besuchen von Vereinsfesten und -jubiläen in den üblichen 70 Wochenarbeitsstunden des Bürgermeisters unter.

Detaillierte Angaben macht auch der hauptamtliche Bürgermeister der verbandsfreien Gemeinde Budenheim, Rainer Becker (CDU). Er zählt diese Funktionen und Ämter auf: Aufsichtsratsvorsitzender der gemeindeeigenen Wohnungsbaugesellschaft (Sitzungsgeld von 75 Euro an die Gemeindekasse), Verwaltungsratsvorsitzender der Gemeindewerke (keine finanziellen Zuwendungen), Vorsitzender des Zweckverbands zur Erhaltung des Lennebergwalds, im Wechsel mit dem Mainzer Oberbürgermeisters (Sitzungsgeld von 20 Euro an die Gemeindekasse), Mitglied der Gesellschafterversammlung des Caritas-Bürger-Service und stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins Caritas-Sozialstation in Mainz (jeweils keine finanziellen Zuwendungen), Mitglied im Kreisjagdbeirat (Sitzungsgeld von 32 Euro an die Gemeindekasse).

„Außer meiner Besoldung als Bürgermeister erhalte ich keine weiteren Zuwendungen, beziehungsweise, soweit Zahlungen erfolgen, werden diese an die Gemeindekasse abgeführt“, fasst der Budenheimer Bürgermeister zusammen. Dafür sei im Haushaltsplan ein eigenes Einnahmekonto eingerichtet; die jährlichen Einnahmen beliefen sich auf 400 bis 600 Euro. Den Zeitaufwand für diese Tätigkeiten schätzt Rainer Becker auf rund 22 Stunden im Monat.

Kurz und knapp fallen die Antworten von Kerstin Klein (BLH), Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Heidesheim, aus. „Ich übe keine Nebentätigkeiten im Sinne der Nebentätigkeitsverordnung aus“, heißt es in der Mail an die AZ. Und: Gelder, die für Sitzungen im Hauptamt, beispielsweise im Aufsichtsrat, gezahlt werden, wurden und werden alle an die Kasse der Verbandsgemeinde abgeführt.

Anzeige

Klaus Penzer (SPD), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Rhein-Selz, hat die Einkünfte aus seinen Nebentätigkeiten in Aufsichtsräten und Gesellschafterversammlungen von WVR, EDG und Rhein-Selz-Park GmbH „vollständig an die VG-Kasse abgeführt“. In alle Funktionen sei er vom VG-Rat gewählt worden, nicht von Amts wegen eingerückt. Seine Einkünfte aus der Nebentätigkeit als Aufsichtsrat der OrgaSoft Kommunal (OSK) liege unter dem Limit von 6200 Euro im Jahr und sei deshalb für die Streitfrage nicht von Belang. Übrigens: Ein Gesamtverdienst aus sonstigen Nebentätigkeiten, der über einen Freibetrag von 5000 Euro (bis Besoldungsstufe B 1) beziehungsweise 6200 Euro (B 2) hinausgeht, müsste ebenfalls abgeführt werden. Insgesamt sagt Penzer zu der Diskussion: „Ich finde es schon erhellend, dass selbst das Innenministerium nur mit einem klaren Jein zu dieser Frage Stellung bezieht. Es wäre dringend an der Zeit, das Nebentätigkeitsrecht zu entrümpeln.“

Ralph Spiegler, Bürgermeister der VG Nieder-Olm, hat den AZ-Fragenkatalog ebenfalls erhalten, ihn aber wegen einer Erkrankung bislang nicht beantwortet. Im VG-Rat hat er im November auf die gesetzlichen Bestimmungen hingewiesen, auch auf seine von der Kommunalaufsicht genehmigten Nebentätigkeiten bei der EDG und der WVR. „Wenn das nicht korrekt, also falsch war, dann muss das geregelt werden“, hat er Rückzahlungen in Aussicht gestellt.